
Auch über Costa Rica fliegt ein chinesischer Ballon


Die Affäre rund um mutmaßliche chinesische Spionageballons dauert an. Peking verstärkte seine Kritik an Washington, während die USA die Gemüter zu beruhigen versuchten.
Die Ballon-Affäre nimmt kein Ende: Nur zwei Tage, nachdem die USA den mutmaßlichen Spionageballon aus China abgeschossen haben, wurde nun auch Costa Rica ein solches Flugobjekt gesichtet. Das Außenministerium des mittelamerikanischen Landes teilte mit, die chinesische Botschaft in San José habe den Vorfall bedauert. Der Ballon diene ausschließlich wissenschaftlichen Zwecken, habe die Botschaft argumentiert. Der „zivile“ Ballon sei durch starke Winde von seiner ursprünglich geplanten Route abgekommen.
Die Zweifel an dieser Version der Geschichte könnten schon bald offiziell bestätigt werden. Denn in den USA werden derzeit die geborgenen Ballon-Teile auf ihre Funktion hin ausgewertet. Doch schon jetzt verdichten sich die Hinweise, dass China sich auf dünnem Eis bewegt. Dafür reicht ein Blick ins Archiv. Wie die Financial Times herausgefunden hat, sendete der chinesische Staatssender CCTV vor fünf Jahren einen Beitrag über einen Stratosphärenballon, der während seines Fluges eine Hyperschallrakete getestet habe. Der Ballon soll nach einer ersten Auswertung exakt so aussehen wie jener Ballon, der von den USA abgeschossen wurde.

China lässt regelmäßig Ballons über andere Länder steigen
In den letzten drei Jahren wurden in Asien immer mal wieder chinesische Ballons gesichtet – über Japan, Indien und mehrfach Taiwan. Dort zeigt man sich ebenfalls wenig überzeugt von Chinas Version. Die FT zitiert Cheng Ming-dean, Leiter der nationalen Wetterbehörde, dass sich der chinesische Ballon sowohl in seiner Flughöhe als auch Größe von herkömmlichen Wetterballons unterscheiden würde.
In China reden die meisten Kommentatoren den Vorfall klein. Sie argumentieren, dass die Ereignisse der letzten Tage vor allem offenlegen, welch tiefes Misstrauen die US-Seite gegenüber der Volksrepublik hegen würde. "Er stellte keine Gefahr für irgendeine Person oder die nationale Sicherheit der USA dar", sagte Außenamtssprecherin Mao Ning in Peking. Die USA sollten mit solchen Vorfällen "auf ruhige und professionelle Art" umgehen, ohne Gewalt einzusetzen.
Wolfgang Ischinger rät Peking und Washington zu Besonnenheit
Für sich selbst legt China ganz andere Maßstäbe an: So strahlte das Staatsfernsehen erst kürzlich eine Dokumentation aus, in der chinesische Armeepiloten in den höchsten Tönen dafür gelobt wurden, dass sie einen ausländischen Überwachungsballon abgeschossen hatten: „Die chinesische Luftwaffe hat wieder einmal den Feind in einem heroischen Zug niedergeschmettert“.
Bei der Frage nach der Wahrheit geht es um mehr als moralische Rechthaberei. Denn sollte sich herausstellen, dass die chinesische Seite die Öffentlichkeit getäuscht hat, dürfte der – bislang lediglich „verschobene“ - Besuch von US-Außenminister Anthony Blinken zunehmend unwahrscheinlich werden. Der frühere Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, riet den beiden Ländern zu Besonnenheit. Die USA und China nutzten – wie andere Staaten – seit Jahrzehnten Satellitenaufklärung, elektronische Aufklärung und viele andere Mittel zur Informationsbeschaffung, sagte er dem Fernsehsender phoenix. Für bedenklich halte er, dass es offensichtlich keine Kommunikationskanäle für Krisen gebe.
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