Für die Mächtigen dieser Welt sind Begegnungen mit der Weltpresse manchmal ein Ausflug aufs Glatteis. Papst Leo XIV. hat an diesem Montagmorgen spiegelblanken Marmor unter den Füßen. Als er von links durch eine schwere Holztür die Bühne der Audienzhalle im Vatikan betritt, ist die Partie eigentlich schon gewonnen. Hunderte Medienschaffende, Journalisten und ihre Begleiter erheben sich von ihren Stühlen. Der begeisterte Applaus für den neuen Papst will nicht abebben.
Der erste öffentliche Witz des Pontifikats
Leo XIV. setzt sich auf den weißen Stuhl in der Mitte der Bühne, erhebt sich dann aber noch einmal für die Klatschenden. Die Halle jubelt, der Applaus wird lauter, dauert eine Minute. Der Papst, froh, aber auch peinlich berührt angesichts des Empfangs, bittet dann mit den Händen um etwas weniger Aufregung. Leo XIV. hat noch kein Wort gesagt, die Weltpresse hat er schon jetzt erobert. „Habemus papam!“, brüllt einer von den hinteren Reihen entgeistert.
Natürlich sitzen im Saal auch viele katholische, dem Vatikan und der Kirche gewogene Berichterstatter. Aber man spürt selbst diesen Moment, in dem kribbelndes Wohlwollen eine kritische, distanzierte Haltung untergraben will. Man kann dieses Gefühl nur akzeptieren oder unterdrücken, es ist da. „Buongiorno, good morning“, sagt der Papst auf Englisch. Wenn am Anfang geklatscht wird, tue das nichts zur Sache. „Aber wenn ihr am Ende noch wach seid und immer noch applaudiert ...“ Der erste öffentliche Witz des Pontifikats.
Leo XIV. plant offenbar Türkei-Reise und erhält Einladung aus Kiew
Es ist die erste öffentliche Audienz von Leo XIV., mit bürgerlichem Namen Robert Francis Prevost. Der Papst gibt sie den Medienschaffenden. Eine Gelegenheit, dem in Chicago geborenen Amerikaner ein bisschen näherzukommen? Der Abstand ist groß, etwa 40 Meter. Prevost, der seinen Kopf zwischen den Händen vergraben haben soll, als seine Wahl zum Papst in der Sixtinischen Kapelle am vergangenen Donnerstag unausweichlich schien, liest seinen Text nun ab. Fragen sind nicht vorgesehen. „Mit der Zeit werden wir uns besser kennenlernen“, sagt Leo XVI. zu den Journalisten.
Am Rande der Audienz wird bekannt, dass Papst Leo XIV. am Morgen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefoniert und dieser den Papst in die Ukraine eingeladen hat. Es hieß auch, dass der Papst eine Reise zur 1700-Jahr-Feier des Konzils von Nicäa plant, es wäre seine erste Auslandsreise. Der verstorbene Papst Franziskus wollte deshalb am 24. Mai in die Türkei reisen.
Papst mahnt Journalisten zur Abrüstung ihrer Sprache
In der Audienz brandet Applaus auf, als Leo die Freilassung inhaftierter Journalisten fordert. „Lasst uns die Kommunikation von allen Vorurteilen, Ressentiments, Fanatismus und Hass befreien“, sagt der Papst. Nötig sei eine Kommunikation, „die in der Lage ist, zuzuhören“. „Lasst uns die Worte entwaffnen, und wir werden dazu beitragen, die Welt abzurüsten.“
Es folgt der päpstliche Segen für die Berichterstatter, nicht wenige beten mit. Einige zuvor Ausgewählte dürfen dem Papst dann die Hand schütteln. Ein Reporter der Washington Post lässt sich von Prevost sein Notizbuch signieren. Eine peruanische Kollegin legt Leo einen traditionellen Schal um.
Eine Journalistin fragt, ob er als Tennisliebhaber vielleicht an einem Benefizspiel teilnehmen wolle. „Hauptsache, Sinner ist nicht dabei“, antwortet der Papst. Der Italiener Jannik Sinner ist der Führende in der Tennis-Weltrangliste . Vier Tage vor der Wahl soll Prevost zum vorerst letzten Mal Tennis gespielt haben. An viel Sport ist nun für ihn kaum noch zu denken.
Als der Papst den Saal durch den Mittelgang verlässt, fassen Journalisten nach ihm, halten ihm Mikrofone unter die Nase, küssen ihm die Hand. Nach wenigen Minuten großer Aufregung ist dieser kleine, bemerkenswerte Mann wieder verschwunden.
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