Das Geräusch des kratzenden Filzschreibers schmerzt in den Ohren. Man hat es unzählige Male gehört in den vergangenen Tagen - immer dann, wenn Donald Trump einen neuen Erlass abzeichnete. Nachhaltig ist auch der visuelle Eindruck der wuchtigen Unterschrift, die der Präsident anschließend stets demonstrativ in die Kameras hält: ein zackiges Statement mit drei messerscharfen Spitzen.
Gerade einmal eine Woche ist Donald Trump im Amt. Doch in dieser Zeit hat er bereits mehr als 50 präsidiale Dekrete abgefeuert, um den Kongress zu umgehen, dutzende Personalentscheidungen, beispiellose Begnadigungen und behördliche Verordnungen. Trump entfacht einen politischen Tsunami - zu jeder Tages- und Nachtzeit live übertragen im Fernsehen.
In kürzester Zeit hat der 78-Jährige das Asylrecht in den USA außer Kraft gesetzt, den Putschversuch vom 6. Januar 2021 offiziell zur Heldentat umdeklariert, die Klimaschutzpolitik seines Vorgängers abgewickelt und die Bundesbehörden politisch gesäubert. Er hat das Militär mutmaßlich verfassungswidrig an die Grenze zu Mexiko geschickt, die Küsten des Landes und die Naturschutzgebiete Alaskas für Öl- und Gasbohrungen freigegeben, die internen Betrugskontrolleure der Behörden gefeuert und die Auslandshilfen der USA eingestellt.
Trump nennt den Gaza-Streifen eine Abrissbrache
Am Samstagabend, nach einer Tour durch North Carolina und Kalifornien, bei der er schon unzählige Nachrichten produzierte, hatte Trump immer noch nicht genug. Auf dem Rückflug lud er die mitreisenden Journalisten an Bord der Air Force One zu einem Pressegespräch und plädierte im Plauderton für die Vertreibung eines ganzen Volkes: Die Palästinenser im Gaza-Streifen sollten „vorübergehend oder langfristig“ nach Ägypten und Jordanien ausreisen. Der Gaza-Streifen sei buchstäblich eine Abrissbrache, fast alles werde abgerissen, und die Menschen stürben dort, sagte Trump. Also würde er lieber mit einigen arabischen Nationen zusammenarbeiten und an einem anderen Ort Wohnungen bauen, wo die Palästinenser vielleicht zur Abwechslung in Frieden leben könnten.
Nebenbei hat Trump die von Joe Biden zurückgehaltene Lieferung von 2000-Pfund-Bomben an Israel freigegeben. Er hat Außenminister Marco Rubio und Heimatschutzministerin Kristi Noem wie auch den höchst umstrittenen Verteidigungsminister Pete Hegseth durch den Senat gebracht. Seinem Ex-Sicherheitsberater John Bolton, seinem Ex-Außenminister Mike Pompeo und seinem Ex-Corona-Berater Anthony Fauci hat er zudem noch den Personenschutz entzogen.
Viele Entscheidungen Trumps haben direkte Folgen
Trumps Erlass-Lawine besteht aus historischen Kurswechseln wie der Begnadigung von 1500 Kapitolstürmern und Absurditäten wie der Umbenennung des Golfes von Mexiko in „Golf von Amerika“. Manches - wie die Abschaffung des in einem Verfassungszusatz garantierten Geburts-Staatsangehörigkeitsrechts, die von einem Richter vorerst gestoppt wurde - wird am Ende wohl vor dem Supreme Court landen. Anderes - wie die Aufhebung des TikTok-Bannes - geht dauerhaft nicht ohne den Kongress.
Aber viele Entscheidungen haben unmittelbare Folgen: So hängen in Afghanistan nach der Streichung ihrer Flüge rund 15.000 ausreiseberechtigte Menschen fest. An der Grenze von Mexiko stranden tausende Asylbewerber, obwohl sie über eine Regierungs-App legal einen Termin bei den amerikanischen Behörden vereinbart haben.
Steve Bannon hat die Strategie enthüllt
Der donnernde Aufschlag des neuen Präsidenten ist präzise wie ein militärischer Mehrfrontenkrieg geplant. Der „Brückenkopf“ sei gelandet, hat Steve Bannon, der Chefstratege der Trumpisten, erklärt: „Jetzt fluten wir den Raum.“ Zum Dauerbombardement der Verordnungen kommen Drohungen an die Nachbarländer Kanada und Mexiko und permanente Einschüchterungen von Panama und Dänemark. Der Präsident redet immer und überall - vor seinem Hubschrauber Marine One, im Oval Office, bei einem Auftritt mit Tech-Milliardären im Roosevelt Room, bei Fernseh-Interviews, einer Videoschalte zum Weltwirtschaftsforum in Davos und einer Großkundgebung in Las Vegas.
Das erzeugt bei Trumps Anhängern den Eindruck einer beeindruckenden Tatkraft und überdeckt die Defizite bei zwei zentralen Wahlkampfversprechen - dem Kampf gegen die Inflation und der Beendigung des Ukraine-Krieges „in 24 Stunden“. Trumps Kritiker aber wissen gar nicht, wo sie ansetzen sollen. „Es ist schwierig, auf soviel Chaos zu reagieren“, gesteht die demokratische Abgeordnete Veronica Escobar. Genau das ist das Kalkül. „Die überwältigende Menge ist der ganze Punkt“, analysiert die Kolumnistin Susan Glasser im New Yorker: „Bei zu vielen gleichzeitigen Skandalen ist das System überlastet und bricht zusammen. Es kann sich nicht konzentrieren. Es kann nicht zurückschlagen. Es gibt einfach zu viele Ablenkungen.“ (mit dpa)
Offensichtlich hat er den Zeitraum von seiner Wahl bis zu seiner Ernennung/Vereidigung gut genützt. Bei uns, eine unwahrscheinliche absolute Mehrheit mal vorausgesetzt, wäre man vermutlich dabei Arbeitsgruppen zusammenzustellen, die sich Gedanken über die laufende Legislaturperiodem machen sollen ... =:)
Wollen Sie uns die Vorgehensweise von Herrn Trump als nachahmenswert verkaufen ? Unglaublich.
Herr Boeldt, dieser Tage ist in einer großen süddeutschen Tageszeitung ein halbseitiger Bericht über Trumps Amtshandlungen in den ersten Tagen erschienen. Beim Durchlesen dachte ich mir, hier könnte auch die Überschrift stehen: "Anleitung zur Etablierung eines faschistischen Systems". Finden Sie so etwas wirklich gut, wollen Sie das als Vorbild für Deutschland hinstellen? Da sind mir ein paar Arbeitsgruppen wesentlich lieber...
Ja - ich finde es gut, daß er die Ärmel hochkrempelt und was anpackt. Heißt nicht, daß alles den deutschen Werten entspricht. =:) Aber rumsitzen, endlos diskutieren, demonstrieren und denken "die Zeit wirds schon richten" ist nicht meine Lebenseinstellung. Und bis heute bin ich mit "Action" sehr gut gefahren.
Man kann etwas anpacken, was Sinn macht und den Menschen bzw. dem Friede nützt. Was Trump macht, wird mehr Unfrieden und Terror bringen als ihm lieb sein kann und es dient nur seinen eigenen Zwecken. Es hat noch nie gutgetan, wenn man Völker zwangsweise umsiedelt und sie so ihrer Heimat beraubt. Ich bin sicher, das würde Ihnen auch nicht gefallen. Zumindest nicht lange. Und ob andere arabische Völker da mitziehen, ist das zweite Problem. Trump hat schon viel gelogen, und sein produktives Gespräch mit Jordaniens König nehme ich ihm auch nicht ab. Jemand wie Trum trampelt durch die Welt wie ein Elefant und hinterlässt unter dem willfährigen Beifall seiner Fans Zerstörung und Aggression. Sie produzieren sich gerne als Trump-Fan, weil Sie provozieren möchten. In Wirklichkeit wissen Sie genau, dass bei dem, was Trump im Moment macht, viel Mist dabei ist. Und was wirklich wahr ist, z.B. die Abschiebungen, ist auch nicht belegt. X ist schließlich geduldig.
Wollen das nicht auch die israelischen Rechten und dann selbst besiedeln? Ich meine da mal was vernommen zu haben. Somit unterstützt Trump ziemlich klar sein eigene politische Richtung.
Wahrscheinlich will er Gaza zu einem Luxus-Ressort ausbauen. Und die Palästinenser dürfen sich durch die saudische Wüste graben. Das nennt Herr Boeldt "Ärmel hochkrempeln". Ich bin gespannt, wie lange es dauert, bis die Trump-Fans in diesem Forum kleinlauter werden. Er wird auch vor Deutschland nicht Halt machen – wir werden seinen Aktionismus sicher auch noch zu spüren bekommen.
Jetzt geht "from the river to the sea" halt mal anders herum. Ein netter Schachzug von Trump der Hamas und derem links-westlichen Unterstützerfeld einfach mal den Spiegel vorzuhalten. Ernst meint er das sicher nicht; Ägypten ist auch klug genug, die Grenze zum Gaza-Streifen weitgehend geschlossen zu halten.
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