
Wie das Wetter-Phänomen "El Nino" die Klimakrise verschärft


Die nächsten Jahre werden heiß: Meteorologen warnen – zusätzlich zur Erderwärmung – vor den Folgen des Wetter-Phänomens "El Nino".
Die Welt muss sich in den kommenden Jahren auf zusätzliche Klima-Turbulenzen einstellen. Große Hitze, Überschwemmungen, Stürme: Das Phänomen "El Nino" kehrt mit großer Wahrscheinlichkeit zurück. Darauf macht die Weltwetterorganisation (WMO) aufmerksam. Damit wird der Temperaturanstieg zusätzlich zum vom Menschen verursachten Klimawandel angeheizt. "El Nino" ist ein natürliches Phänomen: Das Oberflächenwasser der Meere wärmt sich dabei überdurchschnittlich auf. Es tritt im Durchschnitt alle zwei bis sieben Jahre auf und dauert in der Regel neun bis 12 Monate.
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein "El Nino" entwickelt, liege für den Zeitraum Juni bis August bei 70, für Juli bis September bei 80 Prozent, teilte die WMO mit. Typische Folgen seien mehr Regenfälle in Teilen Südamerikas, in den südlichen USA und am Horn von Afrika (Somalia, Äthiopien und Kenia). In Australien, Indonesien und Teilen von Südasien komme es dagegen öfter zu starken Dürren. Von Juni bis September steige bei "El Nino" die Gefahr von schweren Stürmen im zentralen und östlichen Pazifik, während sich im Atlantik oft weniger Hurrikans bilden. "Europa ist von ,El Nino' kaum betroffen", sagt Mojib Latif, Meteorologe am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. "Gleichwohl besitzen ,El Nino' und ,La Nina' schwerwiegende Auswirkungen rund um den Globus."
Phänomen "El Nino": Globale Temperatur wird weiter ansteigen
Für die Welt könnte "El Nino" zudem bedeuten: das 1,5-Grad-Ziel wackelt – zumindest kurzfristig. "Sollte es zu keinem ernst zu nehmenden tropischen Vulkanausbruch kommen – die ausgeworfene Asche wird in die Stratosphäre geschleudert und wirkt dort kühlend auf die Atmosphäre, da sie einfallendes Sonnenlicht streut –, ist es durchaus denkbar, dass 2024 nicht nur wärmstes Jahr wird, sondern auch die 1,5-Grad-Grenze zum ersten Mal auf Jahresbasis global überschritten wird", prognostiziert der Meteorologe Karsten Hausten von der Universität Leipzig. Allerdings seien auch wieder kühlere Jahre zu erwarten, das Reißen der Marke bleibe damit vorerst ein einmaliger Vorgang. Es sei aber nur eine Frage der Zeit, bis der durchschnittliche Temperaturanstieg dauerhaft sei.
Im Pariser Klimaschutzabkommen wurde festgehalten, dass der globale Temperaturanstieg auf 1,5 Grad im Vergleich zum Ende des 19. Jahrhunderts begrenzt werden soll. Der Wert bezieht sich auf den Durchschnitt über einen 30-Jahres-Zeitraum. "Der Mittelwert der globalen Temperatur wird erst um die Jahre 2032 bis 2035 die 1,5-Grad-Grenze überschritten haben", so Hausten. "Derzeit sind wir im globalen Mittel ,erst‘ bei 1,25 Grad."
Temperaturrekorde bereits in den vergangenen Jahren
Schon in den zurückliegenden Jahren, als eigentlich der kühlende Effekt des Klimaphänomens "La Nina" (dem Gegenstück zu "El Nino") wirken sollte, bewegte sich die Welt immer weiter in Richtung Temperaturrekorde. "Wir haben gerade die acht wärmsten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen erlebt, obwohl wir in den letzten drei Jahren eine abkühlende La Nina hatten, die den globalen Temperaturanstieg vorübergehend gebremst hat", sagt WMO-Generalsekretär Petteri Taalas.
2014 bis 2016 waren durch einen sehr starken "El Nino" gekennzeichnet. Dies trug neben dem Klimawandel dazu bei, dass 2016 das heißeste Jahr seit der Industrialisierung war. Auch für die kommenden Jahre gehen die Prognosen in diese Richtung: Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird eines der nächsten fünf Jahre das wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen.
Europa bleibt von Folgen von "El Nino" verschont
Die wirtschaftlichen Kosten durch das Wetterphänomen "El Nino" gehen einer amerikanischen Studie zufolge weltweit in die Billionen Euro. Da vor allem ärmere Staaten betroffen sind, vergrößern sich die weltweiten Vermögensunterschiede. Schon in den vergangenen Jahren hat sich die weltweite Hungerkrise zugespitzt, viele Fortschritte wurden zunichtegemacht. Kann sich die Welt auf "El Nino" vorbereiten, um Folgen zumindest abzumildern? "Ja", sagt Meteorologe Latif. "Zum Beispiel, indem man rechtzeitig für Starkregen oder Dürre Vorsorge trifft oder Lebensmittel und andere Produkte einkauft und einlagert." Dazu gehört auch die strategische Planung in der Landwirtschaft, im Umgang mit Reserven wie etwa Getreide und Heizöl oder die Vorbereitung auf starke Stürme. Doch auch ein Hoffnungsschimmer begleitet "El Nino": "La Nina" hatte am Horn von Afrika für die schlimmste Dürre seit Jahrzehnten gesorgt – die könnte sich mit „El Nino“ auflösen. Die Sorge ist, dass auf die Trockenheit eine Sturzflut folgt.
Hören Sie sich hier unsere Podcast-Folge zum Streit um die knappe Ressource Wasser an:
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