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Kommentar: Ein Industriestrompreis allein hilft kaum weiter

Kommentar

Ein Industriestrompreis allein hilft kaum weiter

Stefan Lange
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    Jetzt ist es die SPD-Fraktion, die Olaf Scholz bloßstellt.
    Jetzt ist es die SPD-Fraktion, die Olaf Scholz bloßstellt. Foto: Michael Kappeler, dpa

    In der Debatte über die Zukunft des Industriestandortes Deutschland stehen die Energiepreise besonders im Fokus. Die Sorge ist groß, dass Unternehmen ins Ausland abwandern, weil sie angesichts hoher Stromrechnungen nicht mehr rentabel wirtschaften können. Ein staatlich subventionierter Industriestrompreis soll etwaigen Umzugsplänen entgegenwirken – so die Hoffnung, die sich als trügerisch erweisen könnte. 

    Kann ein Industriestrompreis auf EU-Ebene überhaupt Wirkung entfalten?

    So gibt es bereits jetzt schon Vergünstigungen. Die Befreiung von der Stromsteuer beispielsweise. Im europäischen Vergleich liegen die deutschen Strompreise zudem nicht an der Spitze, sondern tendenziell im Mittelfeld. Die hohe Gasabhängigkeit von Russland wirkt zwar noch nach, das Energiepreisniveau pendelt sich aber seit Jahresbeginn wieder auf Normalmaß ein. Es stellt sich die Frage, ob ein Industriestrompreis auf EU-Ebene überhaupt Wirkung entfalten könnte. 

    Außerhalb Europas sieht es bei den Energiepreisen anders aus, insbesondere die USA werben um deutsche Investoren. Einige Bundesstaaten locken mit Komplettlösungen, die neben niedrigen Energiekosten eine fertige Infrastruktur von der Firmenhalle bis zum Telefonanschluss beinhalten. Dagegen hilft ein deutscher Industriestrompreis kaum.

    Bundeskanzler Olaf Scholz wird bloßgestellt

    Zur Wahrheit gehört auch, dass viele Unternehmer hierzulande nicht von Subventionen abhängig sein wollen, sondern stattdessen verlässliche Rahmenbedingungen fordern. Beklagt wird beispielsweise eine Häufung von Stromausfällen, die die Produktion lahmlegen und Schäden in Millionenhöhe verursachen. Ein Industriestrompreis ist da keine Lösung, allenfalls eine kleine Hilfe.

    Damit die Unternehmen im Land bleiben und eine Planungsgrundlage haben, wäre eine klare Kommunikation der Ampel hilfreich. Die jedoch hat es einmal mehr komplett versemmelt. Erst preschen die Grünen mit ihrem Vorschlag eines „Brückenstrompreises“ vor und düpieren den Kanzler, der kein Fan eines Industriestrompreises ist. Jetzt ist es die SPD-Fraktion, die Olaf Scholz bloßstellt. Selbst wenn der sich bewegt, ist die FDP noch längst nicht im Boot. 

    Deutschland muss sich bei den erneuerbaren Energien beeilen

    Länder wie Schweden setzen seit Jahren auf die Kernenergie und bauen parallel die Erneuerbaren aus. Wenn genügend Strom aus Wasserkraft und anderen Quellen zur Verfügung steht, können die Atommeiler vom Netz gehen. Deutschland hat diesen Schritt vorgezogen und muss sich jetzt sehr beeilen, um den Stromhunger der Industrie mit Solar- oder Windkraft zu stillen. Das kann gelingen. Es wird aber ein ganz knappes Rennen zwischen den Interessen der Industrie und denen der Politik. Im Moment sieht es nicht so aus, als ob die Ampel siegreich ins Ziel geht. 

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