Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Korruption im Europarat: CDU-Politiker gesteht, Gelder aus Aserbaidschan bezogen zu haben

Millionen aus Baku

Korruption im Europarat: CSU-Politiker gesteht, Gelder aus Aserbaidschan bezogen zu haben

    • |
    • |
    • |
    Der Angeklagte Eduard Lintner, ehemaliger CSU-Abgeordneter aus Unterfranken, wird vorgeworfen, Bestechungsgelder aus Aserbaidschan angenommen zu haben.
    Der Angeklagte Eduard Lintner, ehemaliger CSU-Abgeordneter aus Unterfranken, wird vorgeworfen, Bestechungsgelder aus Aserbaidschan angenommen zu haben. Foto: Matthias Balk, dpa

    Um Entscheidungen in einem Gremium des Europarats zu beeinflussen, soll Aserbaidschan deutsche Parlamentarier bestochen haben. Nun scheint Bewegung in den Prozess, der gerade vor dem Oberlandesgericht München läuft, zu kommen. Der frühere CSU-Bundestagsabgeordnete Eduard Lintner räumte am Montag die Weiterleitung von aserbaidschanischen Geldzahlungen an eine CDU-Abgeordnete ein. Zugleich bestreitet er aber den Vorwurf der Bestechung. „Normaler Lobbyismus“ sei das gewesen. „Ich habe das Ganze für die Art von Lobbyismus gehalten, die bis heute praktisch allgegenwärtig ist“, sagte er vor dem Oberlandesgericht München. Als „Kaviar-Diplomatie“ wurde die Strategie von anderen bezeichnet.

    Der Prozess gilt als wegweisend: Zum Auftakt im Januar mussten sich erstmals vor einem deutschen Gericht ehemalige Bundestagsabgeordnete wegen Mandatsträgerbestechung beziehungsweise Bestechlichkeit verantworten. Neben dem Unterfranken Lintner wurden in dem Verfahren auch der Ex-CDU-Parlamentarier Axel Fischer aus dem Wahlkreis Karlsruhe-Land und zwei weitere Beschuldigte angeklagt.

    Gelder flossen über ausländische Briefkastenfirmen

    Lintner bestreitet die Vorwürfe nicht mehr: Begonnen habe alles mit dem seit den 1990er Jahren schwelenden Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien um die Region Bergkarabach. Es sei darum gegangen, unter anderem im Europarat dafür zu sorgen, dass Bergkarabach dort nicht als Teil Armeniens bezeichnet wird.

    Für diese Lobbyarbeit habe die inzwischen verstorbene CDU-Bundestagsabgeordnete Karin Strenz „Geld gebraucht und ist dafür auch von Aserbaidschan mit Geld ausgestattet worden“, räumt der heute 80-Jährige ein. Dass diese Mittel über eine Firma Lintners umgeleitet wurden, habe ihm nicht zu denken gegeben: „Wir haben das so gemacht wie die Aseris es wollten“, erklärt er mit Blick auf die Geldgeber aus der ehemaligen Sowjetrepublik. Er selbst habe die Herkunft des Geldes zudem nie verheimlicht.

    Lintner soll laut Generalstaatsanwaltschaft München über zwei Gesellschaften bis 2016 einen „mehrfachen Millionenbetrag“ über ausländische Briefkastenfirmen erhalten haben.

    Fielen Wahlbeobachtungen positiver aus, als sie waren?

    Auch der Vorsitzende Richter Jochen Bösl wollte so viel Naivität eines früheren Parlamentarischen Staatssekretärs und gelernten Juristen nicht glauben: „Das Geld kam aus Aserbaidschan, sie haben es dann weitergeleitet, formelle Grundlage war ein Beratervertrag – ganz offen ist man damit also wohl nicht umgegangen“, sagte er. Ganz offensichtlich sei es Aserbaidschan darum gegangen, „zu verschleiern, woher die Zahlungen an Frau Strenz kamen und dass ihre Firma dafür benutzt wurde“, hielt der Richter Lintner vor.

    Laut Anklage soll Lintner Teile des Geldes zum einen an aktive Abgeordnete weitergeleitet haben, um in politischen Gremien Einfluss zugunsten Aserbaidschans zu nehmen. Der frühere CSU-Abgeordnete selbst finanzierte zudem mit dem Geld auch Wahlbeobachtungsmissionen in das Land am Schwarzen Meer. Die von ihm organisierten Delegationen kamen regelmäßig zu milderen Urteilen als die Missionen der OSZE. Die Wahlen bekamen dadurch einen demokratischen Anstrich, trotz der fantastischen Wahlergebnisse von stets mehr als 80 Prozent der Stimmen für den autokratischen Präsidenten Ilham Alijew.

    Lintner saß 33 Jahre lang im Bundestag, er war zeitweise Parlamentarischer Staatssekretär und bis 2010 Mitglied in der PACE (Parlamentarischen Versammlung des Europarats). Egal wie der Prozess am Ende ausgeht: Nach viermonatiger Beweisaufnahme ist der Ruf des einst hoch angesehenen früheren Politikers bereits stark ramponiert. Eine frühere Mitarbeiterin Lintners hatte kürzlich die Weiterleitung der Gelder an deutsche Abgeordnete auf seine Anweisung hin bereits zugegeben: „Wenn Aserbaidschan nicht pünktlich zahlte, wurde ich gebeten, da nachzufragen“, sagte sie in einer Erklärung, die ihre Verteidigerin im Gerichtssaal vorlas.

    Urteil in der Aserbaidschan-Affäre soll im Juli fallen

    Das Verfahren geht damit auf die Zielgerade: Nach einigen wenigen weiteren Prozesstagen peilt das Gericht Plädoyers und Urteil nunmehr für Ende Juli an. Abgetrennt von der Verhandlung wurde das Verfahren gegen Fischer. Wegen einer Erkrankung des Angeklagten muss es später starten. Fischer, von 2010 bis 2018 als EVP-Fraktionschef in der PACE aktiv, soll im Interesse Aserbaidschans positive Reden gehalten und vertrauliche Dokumente frühzeitig weitergeleitet haben. Dafür soll er über die Jahre hinweg Bestechungsgelder in Höhe von einigen zehntausend Euro erhalten haben.

    Die Ermittlungen hatten sich über Jahre hingezogen. Schon im Jahr 2020 hatte es bei Lintner Durchsuchungen gegeben, im Jahr darauf hatte das Bundeskriminalamt Fischers Abgeordnetenbüro im Bundestag durchsucht. Die Ermittlungen seien wegen des „konspirativen Vorgehens der Angeschuldigten“ sehr komplex und zeitaufwendig gewesen, hatte die Generalstaatsanwaltschaft mitgeteilt. Auch im Ausland seien zahlreiche Objekte durchsucht worden. Insgesamt seien dafür etwa 15 Anordnungen oder Rechtshilfeersuchen gestellt worden, etwa nach Zypern, Liechtenstein, Belgien, Estland, Lettland und Aserbaidschan sowie in die Schweiz und die Türkei. (mit dpa)

    Diskutieren Sie mit
    4 Kommentare
    Johann Groenninger

    Was ist los mit der Augsburger Allgemeine ??? Auf der Printausgabe, die ja täglich mehr als 2tausend Leserinnen und Leser erreicht, wird aus einem CSU Abgeordneten, der Millionen aus Baku erhält "Ein früherer CDU-Abgeordneter" der zugibt, dass er "Gelder aus Aserbaidschan angenommen" hat. Wie sehr verinnerlicht haben Redakteur, Korrekturleser oder Drucksetzer, dass zwar über "Verfehlungen" von CSU Abgeordneten berichtet werden muss, aber keinesfalls negativ die Überschrift dominieren.

    Afra Achatz

    Da Lobbyismus den demokratischen Wählerwillen manipulieren kann, sollte er in bestimmten Formen strafrechtlich sanktioniert werden.

    Franz Xanter

    Und es bleibt die Frage, was wird die Konsequenz sein? Wird es ernsthafte und spürbare juristische Reaktionen geben, werden Politik und politische Organisationen nachhaltig und konsequent agieren, werden die betroffenen politischen Vertreter auch nachhaltig abgeurteilt? Fragen über Fragen, aber die Hoffnung auf eine intensive und gerechte Abhandlung ist gering.

    Anton Bäurle

    Die Herrschaften egal welcher Farbe sie angehören sind alle gleich, erstmal am Topf nehmen sie sich was geht egal woher es kommt! Die Sauters, Nüssleins und Lintners derer gibts viele ohne Anstand und Moral, Hauptsache die Taschen füllen sich denn das Salär vom Staat ist einfach zu gering. Und einig sind sich nur bei der Erhöhung ihrer „DIÄTEN“. Schlechtes Gewissen wenn überhaupt nein danke.

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden