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Marine Le Pen fünf Jahre von Wahlen ausgeschlossen: Ein Urteil mit Folgen

Kommentar

Le Pens Schuldspruch ist völlig legitim

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    Die Fraktionsvorsitzende des Rassemblement National, Marine Le Pen, ist in der Affäre um mögliche Scheinbeschäftigung von Mitarbeitern im Europaparlament verurteilt worden.
    Die Fraktionsvorsitzende des Rassemblement National, Marine Le Pen, ist in der Affäre um mögliche Scheinbeschäftigung von Mitarbeitern im Europaparlament verurteilt worden. Foto: Julien De Rosa, AFP/dpa (Archivbild)

    Politisches Erdbeben, Paukenschlag, historisches Urteil: Keine dieser Beschreibungen ist zu stark für das, was in Frankreich am Montag in einem Pariser Gerichtssaal entschieden wurde, nämlich der Ausschluss von Marine Le Pen von Wahlen in den nächsten fünf Jahren. Denn ihre Verurteilung zur Unwählbarkeit greift sofort.

    Es ist das vorzeitige und spektakuläre Ende von Le Pens Ambitionen, 2027 Präsidentin Frankreichs zu werden. Bereits dreimal ist die 56-Jährige angetreten, jedes Mal mit besseren Ergebnissen. Das war auch eine Folge ihrer Strategie der „Entdämonisierung“ einer Partei, die einst unter anderem von ehemaligen SS-Mitgliedern gegründet wurde und die lange ein Sammelbecken für Antisemiten, Rassisten und EU-Hasser war – an erster Stelle ihr inzwischen verstorbener Vater Jean-Marie Le Pen.

    Weil sie anders als er wirklich an die Macht strebte, duldete sie aus Imagegründen keine offensichtlich extremen Positionen oder Symbole mehr, änderte aber wenig am Programm. Der kosmetische Kurswechsel machte sie zu einer der beliebtesten Politikerinnen Frankreichs und den RN zur stärksten Oppositionskraft.

    Für fünf Jahre unwählbar: Pariser Gericht verurteilt Marine Le Pen

    Es ist reine Spekulation, ob sie bei den Wahlen 2027 gewonnen hätte – aber dass ihr die Justiz diese Möglichkeit verwehrt, wirbelt die politischen Verhältnisse im Land durcheinander. Mit dem Parteichef Jordan Bardella baute sie zwar frühzeitig einen Nachfolger auf, doch der 29-Jährige verfügt trotz seines unbestreitbaren politischen Talents über wenig Erfahrung. Für alle, die sich ein pro-europäisches und weltoffenes Frankreich wünschen, ist die Ausgrenzung von Le Pen nur teilweise eine gute Nachricht. Denn das Urteil könnte sich zu Gunsten ihrer Partei entwickeln. In den Augen ihrer Anhänger wird die Rechtspopulistin zu einer Märtyrerin, geopfert auf dem Altar einer angeblich politisch gelenkten Justiz. Zugleich bleibt die Ideologie, die auf der Ausgrenzung von Einwanderern und der nationalistischen Abschottung beruht, populär. Sie gilt es zu widerlegen, in mühsamer Überzeugungsarbeit.

    Dennoch ist jede Kritik am Urteil des Gerichts unangebracht, weil es auf Fakten beruht. Marine Le Pen hat bewusst ein System der Veruntreuung von EU-Geldern von ihrem Vater übernommen und weitergeführt und zeigte zu keinem Zeitpunkt Reue. Für die erwiesenen Vergehen sieht das französische Gesetz eben jene Strafe der Unwählbarkeit vor, die sie nun erhalten hat. Ihr Schuldspruch ist völlig legitim.

    Es handelt sich eben nicht um ein politisches Urteil, auch wenn dieser Vorwurf längst zu hören ist und das Misstrauen in die Arbeit der Richterinnen und Richter noch zu vergrößern droht. Doch eine unabhängige Justiz ist ein unverzichtbares Standbein einer Demokratie. Dass Le Pen und Co genau diese in Frage stellen, beweist einmal mehr, wie gefährlich sie für das Land sind. Umso wichtiger ist es, dagegen zu halten – mit Argumenten, Fakten und Werten. Dieser politische Kampf endet nicht mit einem Ausschluss Le Pens aus dem politischen Leben. Er muss unvermindert weitergehen.

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    11 Kommentare
    Matthias Kitirk

    Welche ein Zufall aber auch, dass man die stärkste Opposition einfach mal in Haft schickt. Wird aber gegen Politiker mit „richtiger“ Gesinnung ermittelt, dann verläuft sich alles im Sand. Gegen Olaf Scholz wurde die führende Staatsanwältin solange zermürbt, bis sie ihre Position aufgegeben hat. Die Klagen gegen von der leyen wurde auch wegen einer Lächerlichkeit eingestellt. Die politische justiz ist längst zu einer Lachnummer mit zweierlei Maß geworden. Eine sehr empfehlenswerte Zusammenfassung findet sich im Tagesspiegel in einem Bericht mit Martin Sonneborn. Unter EU Komissaren ist die Kriminalitätsrate ja beinahe höher, als in jedem Brennpunktviertel. Wenn man aber in der richtigen Partei ist, braucht man sich nicht vor Folgen zu fürchten. https://www.tagesspiegel.de/politik/warum-ich-die-eu-kommission-ablehnen-werde-4121698.html

    Johann Storr

    Russland ist über dieses Urteil entsetzt. Die Russen unter Putin lieben die Rechtspopulisten weil die die EU zerstören wollen, damit Putin über uns alle herrschen kann. Dafür wird auch die AfD von den Russen unterstützt und manchen AfD’ler zeigen ihre Unterwerfung unter Putin.

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    Matthias Kitirk

    Die Rechtspopulisten sind nur deshalb so beliebt, weil die anderen Parteien bis heute nicht in der Lage sind einen Fehler einzugestehen und noch viel wichtiger, den Kurs zu ändern. Stattdessen versucht man immer die Probleme, die jeder im Alltag sieht, klein zu reden oder auf andere, z.B. Putin zu schieben. Dann macht man Fröhlich Politik, wie bisher. Wir haben doch gerade in Deutschland das schönste Beispiel. Ums verrecken versucht man einen Kurswechsel zu verhindern und zieht absolute alle Register aus der Trickkiste, um im mit ach und Krach das Grundgesetz zu ändern. Das ist vielleicht gerade noch so legal, aber mit Sicherheit nicht demokratisch. Und all diese Fehler versucht man dann entweder Kleinzureden, zu ignorieren, oder noch besser man beschuldigt einfach jemand anderes, Putin kam Ihnen beispielsweise sehr gelegen. Als einzige Lösung sieht man dann Zensur und Verstummung der Opposition. Wird falsch gewählt, wird einfach die Wahl annulliert. Rumänien lässt grüßen.

    Inge Brenner

    Karl Brenner Was Sie hier sagen, Herr Kirtik, ist meines Erachtens völlig falsch. Es wird längst nichts mehr kleingeredet. Es ist auch nicht korrekt, dass Politiker keine Fehler eingestehen. Auch ist die Aussage von Herr Scholz zu Cum-ex nicht vergleichbar zu dem Strafverfahren gegen Le Pen. Von Zensur der Opposition kann keine Rede sein. Und den Verbrecher Putin als gute Gelegenheit für ein falsches Spiel in der BRD aufzuführen, empfinde ich als unsinnig

    Anton Bäurle

    Ist es das wirklich? Liebe Leute ihr müsst die Probleme lösen und nicht die unangenehmen verbieten oder wegsperren die weißen euch doch nur daraufhin! Und solange die wirklichen Probleme nicht angegangen werden sie nur stärker. Schade, die Alt Parteien sind die Ursache schlechter Politik/Politiker in Frankreich genauso wie in der Bundesrepublik Deutschland und ich kann mich dem 1.Kommentator nur anschließen. Transparenz schafft Vertrauen und nicht Sprech Zitat Scholz: ˋIch erinnere mich an das an das ich mich erinnern will´

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    Raimund Kamm

    Und was sagen Sie zu der Straftat, der millionenfachen Veruntreuung von Steuergeldern? Raimund Kamm

    Wolfgang Boeldt

    Details kennt wohl niemand der hier Schreibenden, inkl. AZ-Kommentatorin. In Schwaben würde man weohl sagen, daß dieses Urteil ein hypertrophes "Gschmäckle" hat - dies sieht auch ein Großteil der politischen Gegner von Le Pen so.

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    Raimund Kamm

    Doch, die Details stehen in seriössen Medien! "Die Partei der Le Pens, Vater und Tochter, hat während vieler Jahre die Regeln des Europaparlaments gebrochen – „systematisch“ und „zynisch“, wie es die Richterin im Prozess nannte. Die Lepenisten nahmen das Geld, das für die Entlohnung parlamentarischer Mitarbeiter vorgesehen ist – ausdrücklich nur dafür, für den Dienst an Europa also –, um ihre nationalen Aktivitäten zu finanzieren. Mehr noch: Ohne dieses Geld wäre die Partei pleitegegangen, das sagen sie selbst. Sie haben also nicht nur Europa betrogen, sondern auch Frankreich." SZ 31.3.25

    Klaus Axmacher

    Das Urteil ist vollkommen überzogen, ein politisches Urteil. Zur Erinnerung: Madame Lagarde wurde 2016 schuldig gesprochen, aber nicht verurteilt. Es ging da um einen Schaden von über 400 Millionen Euro. Trotzdem war sie eine Jahr später Chefin der europäischen Zentralbank.

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    Christine Kamm

    Dass die französischen Gerichte vorbildlich unabhängig sind und nicht politisch urteilen, können Sie auch daran sehen, dass die früheren Staatspräsidenten Chirac und Sarkozy auch vor Gericht gestellt wurden. Der Fall Lagarde ist nicht mit der Geldveruntreuung von Le Pen gleich zu setzen. Lagarde hat sich im Jahr 2008 als Wirtschaftsministerin in einem Schiedsgerichtsverfahren vorschnell auf einen Vergleich mit dem französischen Geschäftsmann Bernard Tapie eingelassen.[18] . … 2014 wurde ein Anklageverfahren gegen sie eingeleitet, ... Sie musste sich danach vor dem Gerichtshof der Republik verantworten. Im Dezember 2016 wurde Lagarde durch das Gericht des fahrlässigen Umgangs mit öffentlichen Geldern schuldig gesprochen. Verteidigung und Staatsanwaltschaft hatten sich zuvor für einen Freispruch ausgesprochen. Eine Strafe verhängte das Gericht allerdings nicht.[26] www.wikipedia.org/wiki/Christine_Lagarde#Arbeit_als_Rechtsanw%C3%A4ltin_und_Wechsel_in_die_Politik Raimund Kamm

    Wolfgang Steger

    Herr Boeldt, letztens haben Sie die türkische Justiz verteidigt, jetzt greifen Sie die französische an. Das hat ein Gschmäckle und klingt nach rechtsaußen.

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