Eigentlich hatte CDU-Chef Friedrich Merz am Wochenende die Sache mit der Brandmauer zurechtrücken wollen. Eine Zusammenarbeit mit der AfD werde es nicht geben, bekräftigte der Unions-Kanzlerkandidat. Parallel wurden Anträge der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bekannt, in denen der Alternative für Deutschland unter anderem vorgeworfen wird, „Fremdenfeindlichkeit zu schüren und Verschwörungstheorien in Umlauf zu bringen.“ Das müsste reichen, so das Kalkül von Merz, um die Rechtspopulisten auf Abstand zu halten. Keinesfalls sollte beim Wahlvolk der Eindruck hängenbleiben, die Union nutze AfD-Stimmen, um im Bundestag eine Verschärfung der Asylpolitik durchzusetzen. Am Montagmorgen geriet das zur Makulatur, die Brandmauer ist zumindest vorläufig nicht mehr als ein Scherbenhaufen.
Der Grund dafür liegt knapp drei Monate zurück. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion brachte am 6. November einen Gesetzentwurf „zur Begrenzung des illegalen Zustroms von Drittstaatsangehörigen nach Deutschland“ (Drucksache 20/12804) in den Ausschuss für Inneres und Heimat ein. Das „Zustrombegrenzungsgesetz“ scheiterte an den Stimmen von SPD, Grünen, FDP und Linke. Es wanderte in die Schublade und geriet in Vergessenheit. Zum Wochenstart erklärte die AfD-Fraktion jedoch – sie hatte im November bereits zusammen mit dem BSW für die Vorlage gestimmt – das Unions-Papier selbst in den Bundestag einzubringen.
Merz kämpft gegen AfD-Anspruch und interne Unstimmigkeiten
Eine entsprechende Ankündigung des AfD-Abgeordneten Martin Sichert ließ im Konrad-Adenauer-Haus die Alarmglocken schrillen, es habe plötzliche „eine neue Lage“ gegeben, wie aus der Parteispitze verlautete. Selbst erfahrene Parlamentarier wussten bis dahin nicht, dass sich Fraktionen Anträge der politischen Konkurrenz zu eigen machen und selbst ins parlamentarische Verfahren einspielen können. Üblicherweise kommt das nicht vor, schließlich pocht jede Partei auf ihr Urheberrecht.
Merz berief eine Videokonferenz von Präsidium und Vorstand der CDU ein, für den Vormittag lud die Partei vergleichsweise kurzfristig zu einer Pressekonferenz. „Ich werde mit den Themen, die wir haben und die seit letzter Woche am Mittwoch eine neue Dringlichkeit erfahren haben, in dieser Woche sehr konsequent durch den Deutschen Bundestag gehen“, bekräftigte Merz da seinen Willen, Verschärfungen in der Flüchtlingspolitik durchzusetzen. Die genaue Tagesordnung für die bis Freitag laufende Sitzungswoche stand da noch nicht fest, sie wird üblicherweise am Dienstagmorgen final verhandelt. Es deutete sich aber an, dass am Donnerstag der von Merz vorgelegte „Fünf-Punkte-Plan“ zur Asylpolitik sowie die 27 Forderungen zu Inneren Sicherheit eingebracht werden sollen – gefolgt von einer Abstimmung über das „Zustrombegrenzungsgesetz“ oder einer Variante davon am Freitag.
Merz gegen AfD: CDU-Chef verteidigt Brandmauer in Berlin
Der AfD soll, das wurde am Montag nach dem Treffen der Parteispitze deutlich, keine Gelegenheit gegeben werden, ein Unions-Gesetz ins Parlament einzubringen. „Und dann liegt es an der SPD, den Grünen oder der FDP zu verhindern, dass es Mehrheiten gibt, die keiner von uns will“, sagte Merz.
Nicht einmal 20 Minuten gab Merz den Journalisten in der Pressekonferenz. Die Zeit reichte aber für eine Medienschelte, wie sie so offen selten vorkommt. Dass er vom Mitarbeiter einer Zeitung als „Führer“ bezeichnet worden und CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann mit dem Ausdruck „Sieg Heil“ in Verbindung gebracht worden sei, sei eine „völlig inakzeptable“ Entgleisung, kritisierte der CDU-Vorsitzende. Linnemann hatte zuvor Bundeskanzler Olaf Scholz dazu aufgefordert, seinen Gesundheitsminister zu feuern: Karl Lauterbach (SPD) hatte Merz vorgeworfen, sich von Nazis unterstützen zu lassen. Als Folge solch einer Äußerung ausgerechnet am Holocaust-Gedenktag „müsste dieses Mitglied der Bundesregierung eigentlich entlassen werden. Das gehört sich nicht“, sagte Linnemann. Lauterbach löschte seinen Vorwurf später und entschuldigte sich.
Wie und ob sich das Durcheinander verschiedener Anträge und Antragsteller auflöst, wird sich im Laufe dieser Woche zeigen. SPD, Grüne und Linke erneuerten ihre Kritik zu den Merz-Plänen, die FDP signalisierte Zustimmung. Der Kanzlerkandidat wiederum zeigte sich kompromisslos. „Wir werden uns weder von den Sozialdemokraten noch von den Grünen, ganz sicher auch nicht von der AfD, sagen lassen, welche Anträge, welche Gesetzentwürfe wir im Deutschen Bundestag zur Abstimmung stellen“, erklärte Merz und bekräftigte aber auch seine Haltung vom Wochenende. „Das, was in der Sache richtig ist, wird nicht falsch dadurch, dass die Falschen zustimmen. Bei dieser klaren Positionierung bleibt es.“
Zitat: "„Das, was in der Sache richtig ist, wird nicht falsch dadurch, dass die Falschen zustimmen. Bei dieser klaren Positionierung bleibt es.“ Dsa habe ich öfters sinngemäß schon so geschrieben. Besser kann mans nicht ausdrücken. Kein weiterer Kommentar.
Herr Boeldt, wenn "die Falschen" (und da bin ich mit ihnen und Merz einer Meinung) einen Vorschlag so toll finden dass sie ihn - außerordentlicher Weise - so vollkommen übernehmen wollen könnte bei einem reflektierten Menschen zumindest der Verdacht aufkommen dass die Sache doch nicht so richtig ist wie man dachte...
Herr Faßnacht, ich gebe ihnen grundsätzlich Recht. Wenn jedoch "die Richtigen" innerhalb von 9 Jahren nicht fähig sind, für eine fortdauernde Fehlentwicklung und deren Konsequenzen wirksame Korrekturmaßnahmen zu etablieren, dann könnte bei einem reflektierenden Menschen auch der Verdacht aufkommen, daß deren bisherige Lösungsansätze falsch waren, und auch "noch mehr von diesen" zukünftig nicht funktionieren werden.
Tja, dann halt wieder eine Regierungskoalition mit den Roten und/oder den Grünen. Und was wird sich ändern? Nichts....................................................
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