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Migration in Deutschland: Sechs Fakten zur Asylpolitik und ihren Auswirkungen

Asyldebatte

Diese sechs Fakten zum Thema Migration sollten Sie kennen

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    Die Zahl der Asylbewerber in Deutschland geht seit Monaten deutlich zurück.
    Die Zahl der Asylbewerber in Deutschland geht seit Monaten deutlich zurück. Foto: Patrick Pleul, dpa
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    Das Recht auf Asyl ist garantiert, aber es ist relativ:

    Um den Zuzug von Flüchtlingen nach Deutschland zu verlangsamen, wird immer wieder über eine Neuausrichtung des Grundrechts auf Asyl debattiert. Unter anderem die Union hatte dies im Wahlkampf gefordert. „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“ heißt es im Grundgesetz. Diese Garantie war unter anderem eine Reaktion auf die Zeit des Nationalsozialismus, als Verfolgte vor verschlossenen Grenzen gestanden waren. Nach dem Grundgesetz ist das Asylrecht bisher eindeutig ein sogenanntes individuelles Recht. Das bedeutet, dass die Gewährung einer Aufenthaltserlaubnis nicht quantitativen oder finanziellen Vorbehalten untergeordnet werden darf. Allerdings wurde das Grundrecht auf Asyl in den vergangenen Jahren durch juristische Ergänzungen immer wieder eingeschränkt.

    Die umfangreichste Änderung wurde im Jahr 1993 vorgenommen. Unter anderem wurde die „Drittstaatenregelung“ eingeführt, die besagt, dass all jene, die über ein sicheres Drittland einreisen, abgewiesen werden können - was im Fall Deutschlands theoretisch dazu führen würde, dass keine Flüchtlinge auf dem Landweg mehr einreisen dürften. Praktisch hingegen wird das deutsche Recht durch europäisches Recht ergänzt. Die EU-Staaten haben sich über die EU-Verträge dazu verpflichtet, sich an die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und die Charta der Grundrechte zu halten. Aus diesen ist auch ein Schutz für Geflüchtete abzuleiten. Auch das europäische Flüchtlingsrecht kennt eine wichtige Einschränkung: die sogenannten „sicheren Herkunftsstaaten“. Die EU hat die Liste jüngst noch einmal verlängert. Kosovo, Bangladesch, Kolumbien, Ägypten, Indien, Marokko und Tunesien sollen als „sichere Herkunftsstaaten“ eingeordnet werden.

    Sichere Herkunftsstaaten sind solche, bei denen davon ausgegangen wird, dass es dort in der Regel weder Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung gibt und dem betroffenen Ausländer damit in seiner Heimat kein ernsthafter Schaden droht. Damit kann ein Asylantrag leichter abgelehnt werden. Außerdem hat eine Asylklage keine aufschiebende Wirkung. Das heißt, die Betroffenen können zwar vor einem Gericht gegen einen ablehnenden Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge klagen, müssen den Ausgang des Verfahrens dann aber im Ausland abwarten.

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    Die Asylzahlen sinken, doch die Gründe sind vielfältig:

    Im vergangenen Jahr hatten 229.751 Menschen erstmals in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Das waren rund 100.000 Asylerstanträge weniger als im Jahr zuvor. Auch in diesem Jahr setzt sich der Abwärtstrend bei den Asylzahlen fort. Deutschland ist im Februar sogar von Frankreich als Spitzenreiter bei Asylanträgen in Europa abgelöst worden. Nach der Statistik des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) lagen bei der Gesamtzahl der Anträge Frankreich mit 13.080 und Spanien mit 12.975 inzwischen vor Deutschland mit 12.775. Ein internationaler Vergleich für den März liegt bisher nicht vor. In Deutschland ging die Zahl der Asylanträge aber weiter zurück, auf 10.647. Das sind 19,7 Prozent weniger als im Februar und 45,3 Prozent weniger als im März 2024. Es handelt sich um die niedrigste März-Zahl seit 2022.

    Die geschäftsführende Bundesregierung führt das vor allem auf die eigene Politik zurück, doch es gibt Faktoren, die eine höhere Durchschlagskraft haben - allen voran waren das Maßnahmen Serbiens an der EU-Grenze zu Ungarn. Die sogenannte Balkanroute zählt zu den wichtigsten Migrationswegen in die EU. Hier sind die Zahlen besonders stark zurückgegangen. Aktivisten kritisieren allerdings, dass Serbien und auch hier stationierte Frontex-Einheiten mit großer Härte gegen Migranten vorgehen. Mit Ländern wie Tunesien und Libyen wiederum hat die EU Abkommen geschlossen, die die Länder verpflichten, weniger Flüchtlinge durchzulassen. Auch die Lage in den Herkunftsländern hat einen Einfluss, was sich etwa an der sinkenden Zahl syrischer Flüchtlinge ablesen lässt.

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    Abschiebungen bleiben ein schwieriges Thema für die Politik:

    Dass Ausreisepflichtige Deutschland verlassen, wollte erklärtermaßen auch die Ampel-Koalition. Tatsächlich stieg die Zahl der Abschiebungen in den vergangenen zwei Jahren. 2024 gab es laut Bundesinnenministerium 20.084 Rückführungen, nach 16.430 Abschiebungen im Jahr zuvor. Das Niveau der Jahre vor der Corona-Pandemie wurde jedoch auch 2024 nicht erreicht. Das liegt unter anderem daran, dass es in den vergangenen Jahren nur eine Sammelabschiebung nach Afghanistan und gar keine Abschiebungen nach Syrien gab. Die beiden Staaten zählen seit langer Zeit zu den Hauptherkunftsländern von Asylbewerbern in Deutschland. Vor allem daran, Straftäter und radikale Islamisten wieder dorthin bringen zu können, hat die Bundesregierung großes Interesse. Abschiebungen nach Afghanistan sind besonders schwierig.

    Ende August 2024 waren mit Hilfe von Katar 28 männliche Straftäter aus Deutschland nach Afghanistan gebracht. Seither gab es trotz entsprechender Bemühungen der Ampel-Regierung keine weitere Abschiebung in das Land, das seit August 2021 wieder von den islamistischen Taliban regiert wird. Auch mit Vertretern der Übergangsregierung, die sich in Syrien nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Baschar al-Assad etabliert hat, gab es zwar schon einige Begegnungen, die Abschiebungen in das arabische Land wieder in den Bereich des Möglichen gerückt haben. Doch noch ist die Lage dort so instabil, dass die geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Ende März einen geplanten Kurzbesuch in Damaskus absagen musste.

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    Viele europäische Länder haben ihren Asylkurs verschärft:

    Nicht nur die Europäische Union, sondern auch viele Nationalstaaten haben in Fragen der Migration eine Zeitenwende eingeläutet. Ein Beispiel hierfür ist Italien, Ministerpräsidentin Giorgia Meloni gilt als eine der schärfsten Kritikerinnen der europäischen Flüchtlingspolitik, sie setzt sich über eine wesentliche Säule der EU-Vereinbarung hinweg: Meloni weigert sich, Geflüchtete zurückzunehmen, für die das Land laut Dublin-Verordnung eigentlich zuständig wäre. Italien will als erstes EU-Land Asyl-Verfahren außerhalb der EU über die Bühne bringen.

    Dazu wurden eigens zwei Lager in Albanien gebaut. Dort sollen eigentlich die Asylanträge von männlichen Migranten aus sicheren Drittstaaten, die im Mittelmeer aufgegriffen wurden, geprüft werden: Wer Anspruch auf Asyl hat, darf nach Italien einreisen - alle anderen müssen zurück. Bislang hat das Modell aber nie funktioniert. Derzeit prüft der Europäische Gerichtshof, ob ein solcher Umgang mit Migranten mit europäischem Recht vereinbar ist. Auch die neue Dreier-Koalition in Österreich steht für einen harten Migrationskurs. Unter anderem soll der Zuzug von Verwandten von Asylberechtigten mit sofortiger Wirkung als vorübergehende Maßnahme gestoppt werden. Abgelehnte Asylbewerber sollen künftig in eigenen Rückkehrverfahrenszentren untergebracht werden. Polen setzt das Recht auf Asyl sogar zeitweise aus, um den Zustrom von Migranten aus Richtung Belarus zu stoppen. Experten gehen davon aus, dass Russland gezielt Flüchtlinge auf diese Route lenkt, um die Stimmung in Europa zu drücken und Unmut gegen die Regierungen zu schüren. Einen harten Asylkurs fährt auch Ungarn. Das hat allerdings Folgen: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat finanzielle Sanktionen gegen das Land verhängt, da Präsident Viktor Orbán sich nicht an EU-Regeln hält.

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    Weniger Geld für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine:

    Sie tauchen nicht in den Asylstatistiken auf, doch die Menschen aus der Ukraine haben im Jahr 2022 dafür gesorgt, dass die Lage in vielen Kommunen wieder angespannter wurde. Fast 1 Million Ukrainerinnen und Ukrainer flohen damals vor Putins Krieg nach Deutschland. Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine müssen in den Staaten der Europäischen Union keinen Asylantrag stellen, sondern werden nach der sogenannten Massenzustrom-Richtlinie aufgenommen. Diese kurz nach Kriegsbeginn getroffene Vereinbarung wurde mehrfach verlängert und gilt aktuell noch bis zum 4. März 2026. Ukrainer erhalten zudem, wenn sie nicht selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen, Bürgergeld - nicht die niedrigeren Asylbewerberleistungen. Das wollen Union und SPD ändern.

    In ihrem Koalitionsvertrag heißt es wörtlich: „Flüchtlinge mit Aufenthaltsrecht nach der Massenzustrom-Richtlinie, die nach dem 01.04.2025 eingereist sind, sollen wieder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, sofern sie bedürftig sind.“ Die Bedürftigkeit müsse zudem durch konsequente und bundesweit einheitliche Vermögensprüfungen nachgewiesen werden. Aktuell leben rund 1,25 Millionen Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland. Mehr als 60 Prozent der Menschen aus der Ukraine, die hierzulande Zuflucht gesucht haben, sind Frauen und Mädchen.

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    Die Sache mit den illegalen Einreisen:

    Aktuell kursiert eine Grafik in den sozialen Medien, auf der Strafen für illegales Einreisen in mehreren Staaten aufgelistet sind. Während für Singapur, Russland, Indien, Pakistan und Nordkorea Arbeitslager, Gefängnis und Todesstrafe aufgeführt sind, steht bei Deutschland: „Kostenlose Wohnung, Gesundheitsversorgung, Bildung, Essen, ÖV, Handys, Bargeld.“ Das stimmt so nicht. Nach Paragraf 95 Aufenthaltsgesetz steht auf illegalem Aufenthalt in Deutschland eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr. Richtig ist hingegen: Bei Geflüchteten greifen diese Regelungen allerdings nicht.

    Sobald geflüchtete Menschen in Deutschland eintreffen, beantragen sie in der Regel zeitnah Asyl. Ab diesem Zeitpunkt gelten sie nicht mehr als „irregulär“ eingereist: Mit der Antragstellung wird ihr Aufenthalt rechtlich legitimiert, eine strafrechtliche Verfolgung wegen der zunächst unerlaubten Einreise ist nicht zulässig. Grundlage dafür ist die Genfer Flüchtlingskonvention, die Staaten untersagt, Flüchtlinge für eine irreguläre Einreise zu bestrafen, da diese häufig keine legale Möglichkeit haben, Schutz zu suchen. In anderen Ländern ist das ähnlich geregelt, beispielsweise auch in Pakistan. Das Land hat keine nationale Gesetzgebung zum Schutz von Geflüchteten, stattdessen übernimmt das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) die Asylantragsprüfung. Aktuell leben mehr als eine Million registrierte afghanische Geflüchtete im Land. (huf/dpa)

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    1 Kommentar
    Marita Büder-Weissig

    Menschen, die vor Verfolgung und Krieg flüchten sollen Asyl erhalten, bei Kriegsflüchtlingen auch subsidiären Schutz, so lange der Krieg nicht beendet ist. Die vielen allerdings, die wegen besserer Perspektiven oder Armut nach Deutschland kommen und das als Flucht darstellen, müssen schnellstmöglich wieder gehen oder abgeschoben werden. Leider klappt das nicht. Abgelehnte Asylbewerber erhalten zuhauf eine Bleibemöglichkeit durch Arbeit, Ausbildung, Härtefallanträgen und Petitionen. Das war von denen, die die Asylgesetze gemacht haben, bestimmt nicht so gewollt und mittlerweile auch nicht mehr von der Mehrhet der deutschen Bevölkerung. Fachkräfte bekommt man über Arbeitsvisa, nicht über Asyl! Allein in diesem Jahr 2025 sind bis zum 31.03. ca. 1760 Menschen aus sicheren Herkunftsländern eingereist und haben einen Erstantrag auf Asyl gestellt, nicht zu vergessen die vielen, die aus Kolumbien, der Türkei, dem Irak, Bangladesch, Indien usw. kommen und kaum einen Anspruch auf Asyl haben.....

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