Es war die Frage, die über allem schwebte, eine Frage, so viel war allen im Hotel Bayerischer Hof an diesem Februar-Wochenende des Jahres 2024 klar, die den Lauf der Dinge entscheidend verändern würde. Was passiert, wenn Donald Trump erneut an die Macht kommt? Ein Jahr später hat die Realität die Hoffnung, dass die Demokraten das Weiße Haus noch einmal für sich entscheiden können, verdrängt. Außenpolitisch unruhige Zeiten werden deshalb auch in diesem Jahr die Debatten der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) prägen. Mega-Themen wie die Widerstandsfähigkeit der Demokratien, der Klimawandel, nukleare Sicherheit sowie die Zukunft der Künstlichen Intelligenz stehen akuten Krisenherden wie dem Nahen Osten oder der Ukraine gegenüber. Eine wilde Mischung, die ein Abbild der wilden Weltlage ist.
Die 61. MSC findet vom 14. bis 16. Februar 2025 im Hotel Bayerischer Hof in der Münchner Innenstadt statt. Welche Staats- und Regierungschefs in diesem Jahr nach München kommen werden, ist bisher noch nicht bekannt. Klar ist aber, dass sowohl die eine Woche später anstehende Bundestagswahl als auch die Folgen der Regierungsneubildung in den USA mit der zweiten Amtszeit von Trump als Präsident großen Einfluss auf die Konferenz haben werden. „Kooperations-Habitate” nennt Benedikt Franke, das, was er in diesen Tagen schaffen will: Räume, in denen sich diejenigen austauschen, die auf großer Bühne nur noch schwierig zueinanderfinden. Manchmal müsse man eben nach den Früchten greifen, die niedrig hängen - auch wenn die ganz roten Kirschen oben am Baum wachsen.
Münchner Sicherheitskonferenz gilt als Ort der Diplomatie
„Diplomatie war noch nie ein einfaches Geschäft”, sagt der stellvertretende Vorsitzende und CEO der Münchner Sicherheitskonferenz. „Diplomaten sind meist dann gefragt, wenn es anstrengend wird”, sagt er. Was sich geändert habe, sei, dass der Manövrierraum an vielen Stellen geringer geworden sei. „Aber die Münchner Sicherheitskonferenz ist gerade stolz darauf, eine Plattform zu sein, auf der verschiedene Sichtweisen aufeinandertreffen.” So stehe in diesem Jahr nicht nur eine große amerikanische Delegation auf der Teilnehmerliste, sondern auch viele Besucher aus China, selbst die neue syrische Regierung werde einen Vertreter nach Deutschland schicken, Israel ist genauso vor Ort in München wie arabische Staaten.
Komplizierter wird es an anderer Stelle: Sowohl gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu als auch gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin liegen internationale Strafbefehle vor. „Schwierig wird es immer, wenn man nicht mehr nur übereinander schimpft, sondern aufeinander schießt”, sagt Franke. Trotzdem habe die MSC heuer die mit weitem Abstand prominenteste und hochrangigste Gästeliste, die die Konferenz je vorweisen konnte – die Spannung bis zuletzt aufrecht zu halten, gehört gleichwohl zum Ritual der Münchner Zusammenkunft. Unter anderem die komplette Spitze der EU mit Kommissionspräsidentin, Ratspräsident und Parlamentspräsidentin werde kommen, sie soll ein Signal der Geschlossenheit senden. Empfänger dürften vor allem die USA sein.
Politische Offenheit: Gute Kontakte ins demokratische und ins republikanische Lager
Als „disruptiv” wird gerade die Außenpolitik der Amerikaner derzeit betrachtet, also als zerstörerisch. „Disruption muss aber nicht immer negativ sein”, sagt Franke. „Sie kann auch die Kraft entfalten, festgefahrene Strukturen loszureißen und Druck auf jene ausüben, die sich bislang einer Reform widersetzt haben.“ Der Status Quo sei alles andere als perfekt, viele politische Ordnungshelfer wie etwa die Vereinten Nationen würden an ihre Grenzen stoßen und bedürften einer Neuordnung. „Meine Hoffnung ist, dass sich die neue US-Administration auf das Primat des Völkerrechts und der internationalen Beziehungen einlässt und sie zugleich ihre Chance nutzt, Dinge voranzutreiben voranzutreiben und Dinge zu ändern, die im internationalen System nicht funktionieren”, sagt der MSC-Co-Chef. Was sich für ihn und seine Helfer auszahlt, ist die politische Offenheit. Es gibt gute Kontakte sowohl ins demokratische als auch ins republikanische Lager. Schon im vergangenen Jahr sprachen sowohl die damalige Vize-Präsidentin Kamala Harris als auch J.D. Vance, der ihr inzwischen im Amt nachgefolgt ist.
Im Schatten der amerikanischen Entschlossenheit wirkt ein anderer Gast eher wie ein Scheinriese. Olaf Scholz wird als Bundeskanzler zwar zu Wort kommen in München, ob sein Beitrag noch Gewicht hat, ist eine andere Frage. Die Eröffnungsrede wird ein anderer halten: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Ob Scholz und die anderen deutschen Politiker die große Bühne für den Wahlkampf nutzen? Franke sieht kein Problem. „Wir laden die Teilnehmer aufgrund ihrer Funktion ein, nicht aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit oder aus Wahlkampf-Taktik“, sagt er. „Wir wollen für niemanden Wahlkampf machen, aber natürlich wollen wir zum Beispiel den Bundeskanzler oder die Außenministerin hören.” Auch der Oppositionsführer sei zu Gast. Was anders sei als in früheren Jahren, ist, dass kaum einer der deutschen Wahlkämpfer für mehrere Tage in München bleibe, sondern wohl nach wenigen Stunden wieder aufbrechen werde.
AfD und BSW stehen nicht auf der Gästeliste der Münchner Sicherheitskonferenz 2025
Eine Strömung wird hingegen auch in diesem Jahr nicht auf der Gästeliste stehen: Die AfD ist nicht zur Sicherheitskonferenz eingeladen. Es ist eine Entscheidung, die auch mit Blick auf die Historie der Veranstaltung getroffen wurde. Ewald von Kleist, der Gründer des MSC-Vorläufers „Wehrkundetagung” war als junger Mann bereit, sich den Verschwörern, die das Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 organisiert hatten, anzuschließen - die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs hatten ihn geprägt. „Wir sind ohnehin eine außenpolitische Konferenz, dort spielt die AfD keine Rolle”, sagt Franke. Ein Dialog sei nur schwer möglich mit einer Partei, die geschlossen den Bundestag verlassen habe, als dort der ukrainische Präsident Selenskyj aufgetreten ist.
Und was erhofft er sich für die Zukunft? „Wir hoffen, dass die Konferenzen der Zukunft vielleicht manchmal etwas themenärmer sind”, sagt Franke. „Denn das würde bedeuten, dass wir bei dem einen oder anderen Konflikt und Problemfeld einen Fortschritt und nicht nur immer Rückschritte sehen.”
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