Deutschland verkauft wieder mehr Waffen ins Ausland. Allein im ersten Halbjahr 2019 hat die Bundesregierung mehr Rüstungsexporte genehmigt als im ganzen letzten Jahr. Der wichtigste Abnehmer von Kriegswaffen „made in Germany“ ist ausgerechnet ein Land, auf dessen Regierung man in Berlin zuletzt nicht besonders gut zu sprechen war: Der Nato-Partner Ungarn hat für 1,76 Milliarden Euro unter anderem 44 Kampfpanzer bestellt. Die rechtsnationale Regierung von Premier Viktor Orban will ihre Verteidigungsausgaben verdoppeln.
Doch auch unabhängig davon legt der Handel mit deutschen Rüstungsgütern drastisch zu. Schon bis Ende Juni betrug der Wert von Waffenlieferungen ins Ausland 5,3 Milliarden Euro. 2018 waren es insgesamt 4,8 Milliarden Euro. In den letzten drei Jahren war das Volumen stetig zurückgegangen. Das geht auf die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervor, die unserer Redaktion vorliegt.
Bundesregierung hat strengere Regeln für Rüstungsexporte bestimmt
Auf dem zweiten Platz der Abnehmerliste steht Ägypten (802 Millionen Euro). Die Vereinigten Arabischen Emirate landen mit 206 Millionen Euro auf dem sechsten Rang. Beide Länder sind Teil einer von Saudi-Arabien geführten Allianz, die im Jemen die vom Iran unterstützten Houthi-Rebellen bekämpft. Während die Bundesregierung gegen Saudi-Arabien einen Rüstungsexportstopp verhängt hat, galt dies nicht für die Arabischen Emirate.
Der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour hat dafür kein Verständnis: „Diese Rekordzahlen führen alle Bekenntnisse einer restriktiven Rüstungsexportpolitik ad absurdum.“ Nouripour beklagt: „Besonders die Lieferungen an Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate, die Teil der Kriegsallianz im Jemen sind, verstoßen gegen Koalitionsvertrag und Rüstungsexportrichtlinien. Wie tief will die SPD eigentlich noch sinken?“ Hintergrund: Die Sozialdemokraten hatten in den Koalitionsverhandlungen mit der Union darauf gedrängt, Exporte an die „unmittelbar“ am Jemen-Krieg beteiligten Staaten massiv einzuschränken.
Kleinwaffen sollen nicht an Drittländer verkauft werden
Erst vor zwei Wochen hat die Bundesregierung als Folge des Koalitionsvertrags strengere Regeln für die Genehmigung von Rüstungsexporten beschlossen. So sollen Waffenlieferungen an Länder, die direkt in bewaffnete Konflikte verwickelt sind, künftig nicht mehr genehmigt werden. Kleinwaffen wie Gewehre oder Pistolen sollen an Drittländer außerhalb von EU und Nato grundsätzlich nicht verkauft werden dürfen.
Gleichzeitig bekennt sich die Bundesregierung zur Rüstungskooperation auf europäischer Ebene. Für den SPD-Verteidigungsexperten Karl-Heinz Brunner sind die gestiegenen Rüstungsexporte deshalb „kein Grund zur Aufregung“. Bei den genehmigten Exporten nach Ägypten und in die Vereinigten Arabischen Emirate handle es sich im Wesentlichen um die Erfüllung bestehender Verpflichtungen. Die Zahlen müssten zudem in Relation zu nicht genehmigten Geschäften gesehen werden. „Wir sollten künftig auch darstellen, wie viele Waffenexporte abgelehnt werden.“
Brunner sieht Deutschland sogar „auf einem guten Weg, die Waffenexporte auf ein Minimum zu reduzieren“. Der Großteil der kritisierten Steigerungen sei auf Waffenexporte an Nato-Partner, EU-Mitglieder oder gleichgestellte Länder zurückzuführen. Brunner: „Über diese Genehmigungen sollten wir nicht diskutieren müssen. Sonst macht eine europäische Zusammenarbeit auf Rüstungs- und Verteidigungsebene keinen Sinn.“
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