Das Selbstbestimmungsgesetz der Ampel droht die Gesellschaft weiter zu spalten
Das geplante Selbstbestimmungsgesetz der Ampel hilft Menschen, die sich im falschen Körper gefangen fühlen. Doch die Ampel muss noch eine Reihe heikler Fragen beantworten.
Deutschland könnte gerade auch von einer grünen Bundeskanzlerin Roberta Habeck regiert werden, statt von einem Bundeskanzler Olaf Scholz. Hätte sich der beliebte Politiker Robert Habeck beizeiten zur Frau erklärt, er wäre als Mitglied einer Partei, die Frauenförderung großschreibt, nicht in der Verlegenheit gewesen, seiner damaligen Mitvorsitzenden Annalena Baerbock bei der Kanzlerkandidatur den Vortritt zu lassen. Habeck hatten viele Deutsche für geeigneter gehalten als Baerbock, die dann auch noch mit einer Plagiatsaffäre patzte und die Wahl verlor.
Das Gedankenspiel ist nicht ganz neu. Schon während der grünen Bewerberkür war es, meist augenzwinkernd, hier und da aufgekommen. Es eignet sich aber gut, das von der Bundesregierung geplante Selbstbestimmungsgesetz und die Aufregung darüber zu beleuchten. Einmal im Jahr soll dem Entwurf zufolge künftig jede und jeder den eigenen Geschlechtseintrag ändern können. Weiblich, männlich oder divers - eine reine Willenserklärung genügt, medizinische Maßnahmen zur Geschlechtsangleichung, etwa durch Operation oder Hormone, sind nicht nötig.
Im falschen Körper gefangen zu sein, nicht als die Person wahrgenommen zu werden, die man selbst gerne wäre, eine gesellschaftliche Rolle zugeschrieben zu bekommen, die nicht dem Naturell entspricht: Schon das jetzige "Transsexuellengesetz" bietet aus gutem Grund die Möglichkeit, das gesetzliche Geschlecht und den Vornamen entsprechend zu ändern – ohne medizinische Eingriffe. Doch die Hürden sind hoch.
Wenn Karla zu Karl werden will, wird das teuer
Will Karla zu Karl werden, steht ein langer und teurer Prozess bevor. Zwei psychiatrische Gutachten sind nötig, für die etwa Fragen nach dem Masturbationsverhalten beantwortet werden müssen. Das ist entwürdigend. Manche Dinge, da hat die FDP recht, gehen den Staat einfach überhaupt nichts an. So hat der liberale Justizminister Marco Buschmann einen Entwurf vorgelegt, der am Prinzip wenig ändert, die Praxis aber deutlich entschlackt.
Um im Bild zu bleiben: Habeck hätte sich schon bisher zur Frau erklären können, ohne seine männlichen Geschlechtsmerkmale dafür zu opfern. Nach den Grünen Parteistatuten, die wie eine Vorwegnahme des Gesetzes wirken, genügt die Selbstdefinition. Wie bei der juristisch weiter als Mann geltenden Abgeordneten Tessa Ganserer. Die wird ohne operative Geschlechtsangleichung oder Personenstandsänderung in der strengen Parteiarithmetik als Frau gezählt. Feministinnen kritisieren das heftig, wittern einen Missbrauch der Frauenquote.
Das Gesetzespapier droht die Gesellschaft weiter zu spalten. Voraussetzung für mehr Nüchternheit in der Debatte wäre, dass die Regierung Antworten auf Fragen liefert, die ihr nicht gefallen mögen, aber nun mal höchst erregt diskutiert werden. Wird es in Damenumkleiden künftig von lüsternen Bärtigen wimmeln, die sich per Ausweis als Frau legitimieren? Sind weibliche Schutzräume wie das Frauenhaus in Gefahr? Kann ein Konzern die Frauenquote im Vorstand aufhübschen, indem der Finanzchef mal eben zur Finanzchefin wird?
Neues Selbstbestimmungsgesetz: Wie kann Missbrauch verhindert werden?
Wie Missbrauch verhindert werden soll, lässt die Ampel leider offen. Dadurch droht Kommunen, Schulen oder Firmen jede Menge Regulierungsarbeit und Ärger. Der Gesetzgeber muss aber nicht nur das Gesetz, sondern auch Orientierung geben. Nur dann kann sich die Gelassenheit einstellen, die nötig, aber auch angemessen ist. Denn in der Praxis verbessert sich für die Betroffenen viel, während sich für die meisten Menschen wahrscheinlich gar nichts ändert. Wäre es denn wirklich vorstellbar, dass sich Robert Habeck zur Roberta machte, um Kanzlerin zu werden? Würden die Wähler ein solches Spiel mitspielen? Wohl kaum.
Die Diskussion ist geschlossen.
Gut, dass Sie die richtigen Fragen stellen - die vermisse ich bei Ihren Kolleg:innen. Die Wichtigste haben Sie aber nicht gestellt: Was soll das Gesetz überhaupt? Das BVG hat vorgegeben, dass das Transsexuellengesetz geändert werden muss. Das halte ich auch für sinnvoll. Grün/Gelb macht aber was ganz anderes: Es ändert mit der Installation des Selbstbestimmungsgesetzes auch das Personenstandsgesetz. Und das PStG gilt für ALLE. Das heißt, alle Menschen (die Mehrheit) müssen sich der Gendertheorie unterordnen, das biologische Geschlecht, als ordnendes Element und Konsenz in unserem Zusammenleben, wird für obsolet erklärt. Mit allen Konsequenzen: Das elterliche Sorgerecht wird faktisch auf 14 Jahre begrenzt, wenn Eltern dem Geschlechtswechsel des Kindes nicht zustimmen, dann entscheidet das Familiengericht; einen Mann in Frauenkleidern mit er oder als Mann anzusprechen wird mit einem Bußgeld von 2500 Euro geahndet etc. - Gelb/Grün macht nicht das, was der Gesetzgeber ihnen aufgegeben hat (das TSG ändern) sondern sie gehen weit, weit darüber hinaus. Sie machen ein politisch-ideologisches Gesetz, das die Bedürfnisse von LGBTQIA+ zur Norm für alle erklärt. . Leider schreibt das niemand, weil offenbar alle unter dem Eindruck der Opfererzählung der LGBTQIA+ Lobby stehen. Jede:r, die/der das Vorhaben kritisiert wird als "transfeindlich/transphob" niedergemacht. Allein der Name des Gesetzes ist verräterisch: Selbstbestimmungsgesetz - die Selbstbestimmung hört für jede:n da auf, wo er die Selbstbestimmung des Anderen einschränkt oder negiert. Und genau dies tut das Gesetz, man muss das Eckpunktepapier und den ersten Entwurf von 2020 nur mal genau lesen. Das Ergebnis erinnert an George Orwells 1984
Guter Kommentar. Wie bei jeder Klientelpolitik wird auch hier das Interesse der Gesamtheit vernachlässigt. Dies führt letztlich - und diesen Prozess können wir seit Jahren beobachten - zur sinkenden Akzeptanz von Rechtssetzung und -sprechung.
(edit/mod/NUB 7.2)
Nicht das Selbstbestimmungsgesetz der Ampel droht die Gesellschaft weiter zu spalten sondern die Inkompetenz und die Fremdbestimmung der deutschen Politiker,
Eher beides. Ich finde nicht, dass die verantwortlichen Politiker:innen fremdbestimmt sind. Die Transaktivisten sitzen ja in den eigenen Reihen. Bei den Grünen sind das Sven Lehmann, Markus (Tessa) Ganserer, Nyke Slawik (Transfrau). Wir bezahlen mit unseren Steuergeldern den teuren "Queer" Beauftragten Lehmann, der öffentlich Unsinn verbreitet wie "welches Geschlecht ein Mensch hat, kann kein Arzt von außen feststellen" und findet, dass Geschlecht ein "Konstrukt" sei. Diese Allmachtsphantasie wird nun in ein "Selbstbestimmungsgesetz" gegossen - mit Folgen, die uns alle angehen. Der geplante Entzug des Sorgerrechts für Eltern, deren Kinder ab 14 Jahre das Geschlecht wechseln wollen. Das Bußgeld von 2500 Euro, der einen Mann in Frauenkleidern einen Mann nennt (Offenbarungsverbot). Die Verfälschung sämtlicher Statistiken, weil dann selbsterklärte Frauen oder Männer als solche in die Statistik einfließen müssen. Das geplante Gesetz erklärt die Genderideologie (Geschlecht ist nicht biologisch bestimmt sondern konstruiert) zur Staatsräson, es ordnet alle Menschen in Deutschland den Bedürfnissen der LGBTQIA+ Lobby unter. Darüber sollte breit diskutiert werden und man muss sich fragen, ob wir das als Gesellschaft wollen. Ich möchte es nicht.
Prima Sache um die Geschlechterquote und damit einen Teil der DNA der Grünen zu zerstören!
Merkwürdige Beschreibung der menschlichen Probleme in der westl Wertegesellschaft. Wenn es dem Esel zu wohl wird geht er aufs Eis.
Man kann solche gesellschaftliche Entwicklungen auch als Dekadenz einer übersättigten Gesellschaft bezeichnen. Vielleicht tut da ein wirtschaftlicher Niedergang infolge der aktuellen Geschehnisse in der Welt gut, dass die Menschen sich wieder auf die wesentlichen Dinge des Lebens konzentrieren und nicht Luxusprobleme zu therapieren versuchen.
Da lebt es sich mit den klaren Ansagen in autokratischen Männergesellschaften für einen wie Sie, der noch in der guten alten Zeit sozialisiert wurde, doch wesentlich angenehmer, nicht wahr? Rührt daher Ihr Faible für Putin und sein Machogehabe?
Würden Sie sich trauen, einem nicht-binären Menschen ins Gesicht zu sagen, er wäre nur ein Luxusproblem, Herr H.?
@Jochen H.: man sieht ja leider, dass die Probleme von wenigen Menschen absolut in den Vordergrund treten. Deutschland ist wohl das einzige Land auf der Welt, dem es so gut geht, dass "Probleme" so dargestellt werden, als wenn es um den Weltuntergang geht.
@Jochen H.
@Rolf K.
Endlich einmal klare Statements. Denen ist eigentlich nichts hinzuzufügen