Zu teuer, zu kompliziert, nicht rentabel genug: Mehr als 20 Jahre nach ihrer Einführung ist die Riester-Rente vieles von dem schuldig geblieben, was der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder und sein Sozialminister Walter Riester sich von ihr versprochen hatten. Dass sie reformiert oder durch ein anderes Modell der privaten Vorsorge ersetzt werden muss, ist eigentlich politischer Konsens. Trotzdem haben die letzten Bundesregierungen nichts unternommen, um diese Versorgungslücke zu schließen. Ändert sich das jetzt unter einem Kanzler Friedrich Merz?
Was planen Union und SPD, um die private Vorsorge zu stärken?
„Wir werden die bisherige Riester-Rente in ein neues Vorsorgeprodukt überführen, von bürokratischen Hemmnissen befreien und mit dem Verzicht auf zwingende Garantien sowie der Reduzierung der Verwaltungs-, Produkt- und Abschlusskosten reformieren“, heißt es in einem Arbeitspapier für die Koalitionsverhandlungen. Was das konkret bedeutet, ist noch unklar. Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, ein ausgewiesener Riester-Experte, bleibt jedenfalls skeptisch: „Offen ist bislang, ob die Politik den großen Wurf wagt und die Riester-Rente zu einem Standardprodukt nach schwedischem Vorbild umbaut, das sich an den Verbraucherinteressen ausrichtet statt an den Interessen der Finanzlobby.“ Bisher haben an Riester-Verträgen vor allem Banken, Versicherungen und Finanzgesellschaften verdient. Vielen Sparern ist es wie Michaela B. aus dem Landkreis Augsburg ergangen, die ihre Eigenbeiträge und die staatlichen Zuschüsse in einem Investmentfonds riestert. In den vergangenen zehn Jahren hat sie damit 3,06 Prozent Gewinn erwirtschaftet, also magere 0,3 Prozent pro Jahr. Auf fünf Jahre gerechnet, liegt ihr Depot sogar im Minus. Hätte Michaela B. das Geld selbst in einem Indexfonds angelegt, hätte sie bis Ende Februar eine jährliche Rendite von 10,4 Prozent eingefahren.

Warum ist die Riester-Rente so unattraktiv?
Das liegt vor allem an einer Maßnahme, die das Sicherheitsbedürfnis der Deutschen stillen sollte: der Kapitalgarantie. Das bedeutet, dass aus einem Riester-Vertrag zu Rentenbeginn mindestens das eingezahlte Kapital wieder zur Verfügung stehen muss. Da die Inflation hier nicht berücksichtigt ist, sind Riester-Verträge schon deshalb häufig ein Minusgeschäft. Wegen der Kapitalgarantie wird das in der Regel für Jahrzehnte angelegte Kapital überdies nicht ausreichend stark in Aktien angelegt, sondern in niedrig verzinsten Anleihen. In schwachen Börsenphasen, monieren die Verbraucherzentralen in einem internen Papier, seien Fondsanteile zu Tiefstkursen verkauft worden, von der darauffolgenden Erholung der Aktienmärkte hätten die Sparer also kaum noch profitieren können. Dazu kommen hohe Abschluss-, Vertriebs- und Verwaltungskosten, die ebenfalls die Renditen schmälern. Und: „Rechnen Sparer die Rentenangebote nach, stellen sie regelmäßig fest, dass Versicherer ihnen bis zum 95. Lebensjahr lediglich ihr eigenes Kapital zurückzahlen.“ Für alle, die früher sterben, wäre eine Riester-Versicherung also ein Verlustgeschäft.
Schweden gilt als Vorbild in Sachen private Vorsorge. Was machen die Schweden besser?
In Schweden muss jeder Arbeitnehmer 2,5 Prozent seines jährlichen Einkommens am Kapitalmarkt fürs Alter zurücklegen. Dabei können die Beschäftigten unter Hunderten von Fonds mit stark gedeckelten Verwaltungskosten auswählen, die meisten von ihnen entscheiden sich jedoch für einen Fonds, der von einer staatlichen Gesellschaft organisiert wird und dank winziger Gebühren von lediglich 0,1 Prozent auch entsprechend hohe Renditen hat. Der Fonds mit dem Namen AP7 orientiert sich am Welt-Index MSCI World und investiert vor allem in große, global operierende Konzerne wie Apple, Microsoft oder General Electric. In den vergangenen 20 Jahren hat er einen durchschnittlichen Gewinn von mehr als zehn Prozent jährlich abgeworfen.
Lohnt es sich jetzt noch, einen Riester-Vertrag abzuschließen?
Experte Nauhauser sagt: nur noch in Einzelfällen - wenn die Sparer wenig selbst einzahlen müssen und der Löwenanteil der Beiträge vom Staat kommt. Die Stiftung Warentest rechnet so: Eine Mutter hat drei kleine Kinder und arbeitet in einem Minijob. Sie selbst muss deshalb nur 60 Euro im Jahr in den Riester-Vertrag einzahlen, um die volle Förderung zu erhalten. Diese beträgt in ihrem Fall 1 075 Euro im Jahr und setzt sich aus 175 Euro Grundzulage und 300 Euro für jedes Kind zusammen. Die sinnvollste Anlageform sei dabei ein Fondssparplan, betonen die Warentester. „Der ist günstiger und flexibler als klassische oder fondsgebundene Riester-Rentenversicherungen“.
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