Trotz gut gefüllter Gasspeicher bleibt die Energielage vor dem nächsten Heizwinter angespannt. „Die Bundesregierung ist immer noch in der Alarmstufe. Es gilt immer noch, achtsam zu sein“, sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, unserer Redaktion. Müllers Behörde war maßgeblich daran beteiligt, dass die Energiepreise nach dem Einmarsch der Russen in die Ukraine nicht in unbezahlbare Höhen schossen. Der Krieg jedoch dauert bekanntlich an, durch den Vorstoß der ukrainischen Armee auf russisches Gebiet verschärft sich die Situation jeden Tag. „Nicht die Erdgasinfrastruktur an sich ist umkämpft, aber das Gebiet rund um diese Infrastruktur ist auf beiden Seiten ein Kriegsgebiet“, erklärte Müller. Es geht dabei unter anderem um die Gazprom-Gasstation in Sudscha. Eine Beschädigung würde die europäische Gasversorgung treffen und die ohnehin tendenziell wieder steigenden Preise weiter in die Höhe treiben.
Der Gasknotenpunkt in Sudscha liegt nur wenige Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt auf russischem Gebiet. Er ist ein wichtiger Verteilungspunkt für Erdgas, das nach Europa exportiert wird. Gas aus Sibirien wird von hier aus über die Ukraine in EU-Länder wie die Slowakei, Ungarn und Österreich gepumpt. Deutschland hängt mindestens indirekt am Tropf: Die österreichischen Gasspeicher Haidach und 7Fields liefern Gas für die südlichen Bundesländer. „Davon unabhängig hatte die Ukraine ohnehin angekündigt, die auslaufenden Erdgasverträge für Südosteuropa nicht über den Jahreswechsel hinaus zu verlängern. Das heißt, wir wissen, dass unsere Nachbarn hier durchaus wachsam sein müssen“, sagte Müller und mahnte: „Insofern ist man gut beraten, in Deutschland und als Bundesregierung solidarisch wachsam zu sein.“
Habecks Alarmstufe bei der Gasversorgung besteht fort
Um die Gasversorgung für den kommenden Winter zu sichern, müssen die Speicher bis zum 1. Oktober zu 85 Prozent gefüllt sein. Dieses Ziel wurde bereits im Juli erreicht. Derzeit beträgt der Füllstand in Deutschland 93,4 Prozent, in der Europäischen Union liegt er im Schnitt bei 90 Prozent. Haidach und 7Fields sind sogar bei mehr als 95 Prozent. Über die LNG-Terminals wird regelmäßig neues Gas angeliefert, hinzu kommen stabile Lieferungen aus Norwegen, Belgien und Holland. Die Bundesnetzagentur sei derzeit „nicht übermäßig besorgt“, sagte Müller. Gleichwohl gelte der „wiederkehrende Appell, doch bitte vorsichtig mit Gas umzugehen“.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte im Juni 2022 die Alarmstufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Es handelt sich um die zweite von drei Stufen. Sie gilt unverändert fort und ermächtigt die Regierung, bei Bedarf ins Marktgeschehen einzugreifen. Sollte sich die Lage verschärfen, wird die Notfallstufe verhängt. Die Regierung würde dann unter anderem über die Bundesnetzagentur das zur Verfügung stehende Gas nach Prioritäten verteilen.
Sollte die Ukraine ab 2025 tatsächlich kein russisches Gas mehr durch ihr Land in den Westen lassen, könnte das zu Preissprüngen führen. Darüber hinaus kann der Nahost-Konflikt zu einer Verknappung und damit zu höheren Preisen führen. Habecks Bundeswirtschaftsministerium wies in seinem Bericht zur wirtschaftlichen Lage in Deutschland bereits darauf hin, dass sich an den Börsen die Preise für Erdgas zuletzt wieder erhöhten. So lag der richtungweisende Terminkontrakt TTF zeitweise etwa 36 Prozent über dem Niveau des Vorjahres. Der Strompreis (Durchschnittspreis für einen Haushalt, Jahresverbrauch 3.500 Kilowattstunden) liegt mit etwa 41 Cent jetzt schon deutlich höher als im Krisenjahr 2022.
Die Headline ist wie so oft irreführend und dient wohl in erster Linie dazu, den Leser in den Panikmodus zu katapultieren, während im Bericht nichts neues steht und keine neue Bedrohungslage beschreibt. Dass der sparsame Umgang mit Gas bzw. Energie weiterhin angesagt ist, steht auf einem anderen Blatt.
Die deutschen Gasspeicher wurden in diesem Jahr so schnell gefüllt wie nie zuvor. Das ist das Verdienst des hervorragenden Krisenmanagements des Bundeswirtschaftsministeriums und der Bundesnetzagentur. Die Versorgungslage wird von Jahr zu Jahr sicherer. Terroranschläge bleiben aber natürlich ein Risiko.
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