Der Betrieb einer eigenen Praxis hat sich für Mediziner finanziell zuletzt weniger ausgezahlt. Besonders betroffen sind Zahnärzte. Wie eine Auswertung des Statistischen Bundesamtes ergab, ist der durchschnittliche Reinertrag einer Zahnarztpraxis im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr um fast 40.000 Euro auf 243.000 Euro gesunken. Das entspricht einem Minus von 13,5 Prozent. Jüngere Daten haben die Statistiker bislang nicht vorgelegt. Der Grund für Rückgang: Die Ausgaben für Personal, Energie und Ausstattung galoppieren davon, die Einnahmen kommen nicht hinterher.
Der Reinertrag einer Praxis ist nicht mit dem Einkommen der Mediziner gleichzusetzen, das am Ende auf ihrem Konto landet. Er stellt das Geschäftsergebnis dar, berücksichtigt aber beispielsweise nicht die Kosten für Altersvorsorge, Kranken- und Pflegeversicherung und die Tilgungszahlungen nach einer Praxisübernahme. Als Freiberufler müssen sich niedergelassene Ärzte privat versichern.
Medizinerverband verlangt deutlich mehr Honorar
Nicht ganz so drastisch wie bei den Zahnärzten fiel das Minus bei ihren Kollegen aus. Im Mittel ging der Reinertrag einer Praxis der anderen Fachrichtungen im Jahr 2022 von zuvor 323.000 auf 315.000 zurück, ein Schwund um 2,5 Prozent. Die Statistiker verweisen aber darauf, dass die Durchschnittswerte durch große Praxen beeinflusst seien. Die Hälfte aller Arztpraxen erwirtschaftet maximal einen Reinertrag von 230.000 Euro.

Der Virchowbund als Verband der Mediziner mit eigener Praxis verlangte in den laufenden Finanzverhandlungen deutliche Honorarsteigerungen von den Krankenkassen und warnte vor größeren Versorgungslücken im ländlichen Raum. „Die Kosten in den Praxen gehen durch die Decke. Daher fordern wir von den Kassen bei den aktuellen Finanzierungsverhandlungen mindestens zweistellige Steigerungsraten“, erklärte der Verband auf Anfrage unsere Redaktion. Es gehe darum, überall Praxen vor Ort flächendeckend zu erhalten. Laut Virchowbund haben allein die Personalkosten zwischen 2022 und 2024 um 11,6 Prozent zugelegt.
Auch Psychotherapeuten können sich der Entwicklung nicht entziehen. Der Reinertrag fiel 2022 mit durchschnittlich 88.000 Euro um 3.000 Euro niedriger aus als im Jahr davor. Psychologische Praxen sind in der Regel deutlich kleiner als andere Arztpraxen.
Zuschläge für den Landarzt?
Der Forderung des Virchowbundes schloss sich der CSU-Gesundheitsexperte Stephan Pilsinger an. „Dass die Einkommen der niedergelassenen Ärzte gesunken sind, ist logisch. Die Kosten steigen und werden von den Krankenkassen nur unzureichend ausgeglichen“, sagte er unserer Redaktion. Pilsinger ist selbst Arzt, arbeitet neben seinem Mandat weiter als Mediziner. Auch er warnte vor Folgen für die medizinische Versorgung, sollten die Einkommen der Ärzte nicht wieder zulegen. „Sinkende Einkommen der Praxen werden den Medizinermangel im ländlichen Raum verstärken. Wir brauchen Zuschläge für Ärzte in Gebieten mit Unterversorgung“, meinte Pilsinger. Damit der Beruf attraktiver werde, müsse die Bürokratie deutlich zurückgeschnitten werden.
Den Ärztemangel dürfte es auf den ersten Blick nicht geben. Laut Ärztekammer praktizieren so viele Mediziner wie nie in Deutschland. Dennoch sind Termine mitunter nur schwer zu bekommen, ein Teil der Praxen nimmt keine neuen Patienten auf. Der stellenweise bestehenden Überversorgung in Großstädten und ihren Speckgürteln steht ein gravierender Mangel in der Provinz gegenüber. Anders als ihre Vorgänger arbeiten jüngere Ärzte heute häufiger in Teilzeit und können sich um weniger Patienten kümmern. Die Teilzeitquote erhöht hat auch, dass mittlerweile mehr Frauen als Männer im Arztberuf tätig sind. Bekommen sie Kinder, ist für sie eine Vollzeitstelle häufig nicht mehr mit dem Familienleben vereinbar.
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