Die Zahlen an Schutzsuchenden steigt im Augsburger Land kräftig an. Immer mehr Menschen müssen nach einem landesweiten Schlüssel auf die Kommunen verteilt werden. Auffällig dabei ist, dass im Landkreis Augsburg einige Gemeinden verhältnismäßig sehr viele Geflüchtete aufnehmen, andere nicht. Jede dritte Gemeinde im Landkreis hat keine staatliche Gemeinschaftsunterkunft. Doch der reine Blick auf die Zahlen täuscht.
Die ungleiche Verteilung sorgt für Unverständnis
Immer mehr Gemeinden in der Region klagen über Überforderung bei der Versorgung und Unterbringung neuer Geflüchteter. Während noch im Juli im Landkreis etwa 2100 Asylsuchende waren, seien es nun – Anfang September – bereits mehr als 2500, heißt es vom Landratsamt. Dazu kommen noch 2000 Geflüchtete aus der Ukraine, für die es eigene Aufnahmeverfahren gibt. Wie genau die Menschen innerhalb eines Landkreises verteilt werden, ist Sache des Landratsamts. Für das Augsburger Land zeigt sich beim Blick auf die Zahlen Erstaunliches: Während Städte wie Gersthofen (375 Asylbewerber) und Königsbrunn (393) sowie Gemeinden wie Zusmarshausen (100) oder Fischach (101) sehr viele Menschen aufnehmen, lautet die Zahl bei 14 von 46 Gemeinden im Landkreis 0. Obwohl die Statistik trügt, sorgen diese Zahlen bei einigen für Unverständnis.
In Fischach sind die Menschen bemüht und am Limit
So zum Beispiel im Markt Fischach. Neben den 101 staatlich zugewiesenen Schutzsuchenden sind auch noch einige Dutzend private Geflüchtete in der 5000-Seelen-Gemeinde untergebracht. Das macht sich bemerkbar: "Wir sind am Rande der Belastungsgrenze; eigentlich schon darüber hinaus", sagt Bürgermeister Peter Ziegelmeier. Aktuell plane die Regierung von Schwaben im Ortsteil Lehnersberg eine weitere Flüchtlingsunterkunft. Die Gemeinde habe dabei kein Mitspracherecht, sagt Ziegelmeier. "Die Infrastruktur und die Lage sind für so ein Projekt nicht geeignet." Auch bei den Fischachern rege sich langsam Widerstand. Besonders die Verteilung der Menschen innerhalb des Landkreises sorgt für Unmut: "Ich persönlich verstehe diese Ungleichbehandlung nicht", sagt Ziegelmeier. Dazu habe er auch schon mit dem Landrat und anderen Bürgermeistern gesprochen. "Die Sorgen, dass unsere Kapazitäten erreicht sind, habe ich bereits mehrfach mitgeteilt und Verständnis dafür bekommen."
Das Problem in Fischach und vielen anderen Gemeinden ist, dass die Situation heute nicht mehr dieselbe wie noch 2015 oder zu Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine ist. "2015 waren wir in Fischach mit die Ersten im Landkreis, die Flüchtlinge aufgenommen haben", sagt der Bürgermeister. "Damals haben wir die Herausforderungen mit etlichen Ehrenamtlichen gestemmt – doch die gibt es nun nicht mehr in dieser Zahl." Die Menschen engagieren sich zwar weiterhin, jedoch gebe es auch noch andere Projekte, in denen ihre Hilfe gebraucht werde, heißt es vom Bürgermeister. "Unser Problem ist, dass auch die Ehrenamtlichen am Limit sind."
Ungleiche Verteilung: Reiner Blick auf die Zahlen trügt
Über die ungleiche Verteilung der Geflüchteten sind sich die Verantwortlichen beim Landratsamt bewusst. "Es ist richtig, dass in mehreren Kommunen im Landkreis Augsburg keine staatlichen Gemeinschaftsunterkünfte bzw. dezentralen Unterkünfte für Geflüchtete betrieben werden", heißt es dazu auf Nachfrage. Wichtig sei dabei jedoch, dass die Zahlen allein kein vollständiges Bild zeigen. Denn in einigen Gemeinden beispielsweise gebe es gar keine Möglichkeiten, passende Gebäude zur Unterbringung anzumieten. So heiße es nicht, dass Gemeinden, die laut Zahlen des Landratsamts derzeit null Geflüchtete aufnehmen, das auch dauerhaft tun: "Hinzu kommt, dass zum Beispiel in Gablingen eine Notunterkunft besteht, die bei Bedarf mit bis zu 60 Personen belegt werden kann und zeitweise auch schon belegt war", heißt es vom Landratsamt.
Horgau nimmt keine Geflüchteten auf – zumindest auf dem Papier
Ebenfalls keinen Geflüchteten aufgenommen hat laut Statistik Horgau. Dieser Blick greife zu kurz, sagt Thomas Gewitsch, Geschäftsführer der Gemeinde. "Dass wir bei uns niemanden aufnehmen, kann man so nicht sagen." In Horgau seien mehrere Familien von Geflüchteten privat untergekommen, weiß Gewitsch. Nur weil das Landratsamt oder die Regierung von Schwaben vor Ort keine Gebäude anmietet, heiße das nicht automatisch, dass sich die Gemeinde gegen die Aufnahme von Geflüchteten ausspricht, so das Argument. "Darüber hinaus fallen mir bei uns auch gar keine Gebäude wie alte Gaststätten oder Ähnliches ein, die als gute Unterkünfte infrage kämen", sagt der Geschäftsführer weiter.

Zahl der Geflüchteten steigt bayernweit
Beim bayernweiten Blick auf die Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge scheint die Problematik der Unterbringung von Geflüchteten in Zukunft eher zu- als abzunehmen. Während im vergangenen Jahr bis einschließlich Juli etwa 12.500 Menschen Asyl beantragt haben, liegt die Zahl im gleichen Zeitraum dieses Jahres mit über 27.000 mehr als doppelt so hoch.