Ein großer Sack steht, angelegt an ein Aquarium, im Wohnzimmer. Darin sind Stofftiere. Genauer gesagt 136 Stofftiere. 864 Stück hat die Feuerwehr Königsbrunn schon abgeholt. Verteilt werden sie bei der Königsmeile, dem großen Fest in Königsbrunns neuer Mitte, das im Juli ansteht. „Das ist der Rest“, sagt Nicole Baranj-Starke so, als wäre das keine große Sache.
Liebevoll nimmt sie eine kleine Eule aus dem Sack und legt sie auf den Tisch. Allein 600 Stofftiere aus dieser Fuhre sind durch ihre Hände genäht oder befüllt worden.
Die Königsbrunnerin ist in der Facebook-Gruppe „Helferlein mit Herz“ aktiv
Die Königsbrunnerin ist Mitglied der Facebook-Gruppe „Helferlein mit Herz.“ Über 650 Personen aus ganz Deutschland stricken, häkeln und nähen gemeinsam für den guten Zweck. Die Gruppe hatte sich 2018 geformt. Seit der Ahrtal-Flut 2021 sind die selbst genähten Mutmach-Monster vor allem, aber nicht nur für Kinder, ihr Erkennungsmerkmal. „Ich bin zu ‚Helferlein mit Herz‘ gegangen, weil ich schon einige aus der Gruppe kannte. Ich bin so herzlich aufgenommen worden“, sagt die 43-Jährige.

Doch ihr ehrenamtliches Engagement begann schon Jahre zuvor. „Angefangen habe ich eigentlich mit der Charité.“ Ihr ältester Sohn ist dort geboren, der Jüngere in München. „Beide waren Frühchen“, erzählt Baranj-Starke. „Und Bekleidung, Mützen und so für Frühchen, bekommt man einfach nicht in den Läden.“ Deshalb begann sie vor über zehn Jahren, Babykleidung, Decken, Kissen und Stofftiere selbst zu häkeln, sticken und nähen.
Nicole Baranj-Starke setzt sich für Kinder, Tiere, Seniorinnen und Senioren ein
Dann kamen Anfragen von Ärzten, Freunden und Bekannten. „Überall, wo ich ein Lächeln ins Gesicht zaubern kann, bin ich dabei“, sagt die Königsbrunnerin. „Vor allem, wenn es um Kinder oder Tiere geht.“ Wie aufs Stichwort kommt dabei ihr Hund „Chewbacca“ mit einem Quitsch-Spielzeug zum Tisch und sie beginnt ihn zwischen den Ohren zu kraulen.
Tatsächlich fällt es leichter, aufzuzählen, wo sich die 43-Jährige nicht engagiert, als all die Bereiche zu nennen, in denen sie sich – allein oder im Rahmen von Helferlein mit Herz – ehrenamtlich einbringt. Für den Osterbasar des Gut Mohrhards habe sie bereits viel hergestellt. Sie besucht die AWO und die Häusliche Pflege mit Herz in Königsbrunn – manchmal mit selbst gemachten Geschenken wie Schals oder Socken, meist aber, um mit „Chewie“ die Seniorinnen und Senioren aufzuheitern.

Sie befüllt die „Pieksekisten“ in Kinderarzt-Praxen: „Die Kinder kriegen, wenn sie Impfungen oder Blutabnahmen bekommen, ein kleines Trostkuscheltier, damit ihnen die Angst wieder genommen wird.“ Kürzlich begann sie, auch für eine Augsburger Psychiaterin Tierchen als kleine Helfer für Menschen in Ausnahmesituationen herzustellen.
Durch selbst entwickelte Anleitungen sammelt die Königbrunnerin spenden
Die rund 90 Anleitungen, die sie selbst entwickelt hat, stellt sie online. Wie etwa ihr liebstes Motiv, ein Engel, der ein Herz in der Hand hält. „Der war ein totaler Hype“, sagt Baranj-Starke stolz. „Die Anleitung kostet fünf Euro. Die fünf Euro sind dann ans Tierheim Lecharche gegangen.“

Bei der Frage, welches Projekt ihr besonders am Herzen liegt, muss sie nicht lange überlegen: die Feuerwehr Königsbrunn. „Erstens, um die Arbeit der Feuerwehr zu ehren“, erklärt sie. „Zweitens, wenn sie zum Beispiel zu Einsätzen fahren, haben – ich habe das hier im Haus selbst erlebt – die Kinder Angst vor den Feuerwehrleuten.“
Deshalb nähe sie, gemeinsam mit vier weiteren Unterstützerinnen der „Helferlein mit Herz“-Gruppe, Mutmacher und Teddybären mit der aufgedruckten Nummer 112. Diese können die Einsatzkräfte in akuten Situationen, aber auch bei Feuerwehrübungen etwa an Kindergärten oder Schulen verteilen: „Wenn sie dann so ein Kuscheltier in der Hand oder im Arm haben, ist schon sehr viel geholfen.“

„Deswegen hatte ich mich auch entschlossen, jetzt bei der Königsmeile mitzumachen“, erzählt sie weiter. „Durch die Feuerwehr Königsbrunn habe ich erfahren, dass es ein großes Kinderfest geben soll, wo dann auch die Eltern – wir haben hier ja einen großen sozialen Brennpunkt – nichts zahlen müssen.“ Die Tierchen bekommen die Kinder im Goodiebag bei der Mitmachaktion.

Alleine hätte sie die 1000 Stück nie geschafft, betont die 43-Jährige. Zuerst müsse der Stoff vorgeschnitten, dann auf rechts gelegt, genäht, gewendet, gefüllt und dann erst geschlossen werden. Das dauert. Vier Frauen aus der Gruppe „Helferlein mit Herz“ sowie eine 17-jährige Nachbarin hätten ihr aber tatkräftig geholfen.
Nicole Baranj-Starke wünscht sich mehr helfende Hände bei „Helferlein mit Herz“
Für viele andere Projekte gebe es aber zu wenige helfende Hände, sagt Baranj-Starke: „Wir suchen immer wieder Näher, Häkler oder Stricker.“ Auch wenn man nur wenig Zeit oder Kapazität habe, sei man in der Gruppe willkommen. „Bei uns gibt es kein Muss, es gibt ein Kann. Jeder kleine Teil, sei es bloß ein Würmchen, hilft jemandem in einer schlimmen Lebenssituation.“

Eine weitere Hürde sieht sie bei den Materialien. Die Stoffe stammen aus Sachspenden, oft müsse man aber selbst Geld investieren: „Leider Gottes gibt es nicht so viele, die dann doch Materialien spenden.“ Aber die Gruppenmitglieder helfen einander aus. „Wenn jetzt jemand was abgeben will, kann er das bei mir abgeben und ich verteile es in der Gruppe“, erklärt sie. „Oder man tritt der Gruppe bei und schreibt das da rein.“ Dann senden sich die Gruppenmitglieder die benötigten Materialien untereinander zu.
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