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Nach verheerendem Hagelsturm: Zukunft der Kiefernwälder im Augsburger Land

Königsbrunn, Augsburg

Zerstörte Kiefernwälder: Wie geht es im Lechauwald weiter?

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    Jürgen Kircher, Forstamtsleiter der Stadt Augsburg, Felix Fisel von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) und Markus Riebler vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Augsburg führten durch den Lechauwald und zeigten die Schäden.
    Jürgen Kircher, Forstamtsleiter der Stadt Augsburg, Felix Fisel von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) und Markus Riebler vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Augsburg führten durch den Lechauwald und zeigten die Schäden. Foto: Sarah Schöniger

    Golfballgroße Hagelkörner, überschwemmte Straßen und Graupel, der Terrassen und Balkone bedeckte. Am 26. August 2023 zog das Tief Denis über den Landkreis Augsburg und hinterließ eine Schneise der Zerstörung. An einem Ort sind die Folgen bis heute deutlich sichtbar: im Lechauwald zwischen Haunstetten und Königsbrunn.

    Markus Riebler vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Augsburg (AELF) zeigte auf einer Wetterkarte, wie und wo das Extremwetterereignis mit Hagel aufgetreten ist.
    Markus Riebler vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Augsburg (AELF) zeigte auf einer Wetterkarte, wie und wo das Extremwetterereignis mit Hagel aufgetreten ist. Foto: Sarah Schöniger

    Der extreme Hagel hat die lichten Schneeheide-Kieferwälder in dem Gebiet nachhaltig zerstört. Kaum ein Baum besitzt noch mehr als die Hälfte seiner Nadeln. Viele sind kahl oder wurden gefällt. Nachdem die Abteilung Waldschutz der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) die Ursache für das Baumsterben untersucht hat, wollen das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Augsburg (AELF) und die Forstverwaltung der Stadt Augsburg jetzt beginnen, das zerstörte Waldgebiet wieder aufzuforsten.

    Hauptursache für das Kiefernsterben sind Hitze, Trockenheit und nährstoffarme Böden

    Eine gute Nachricht: Insektenbefall spielt beim Kiefernsterben im Lechauwald keine Rolle, sagt Nicole Burgdorf von der LWF. Für die Untersuchung wurden jeweils 20 stark beschädigte sowie 20 vitalere Kiefern aus betroffenen Standtorten analysiert. Auch auf Pilze wurden sie untersucht – insbesondere auf Diplodia sapinea, das sogenannte Triebsterben: „Das ist eine Pilzart, die trockenheits- und wärmeliebend ist und die überall vorkommt“, sagt die Expertin für Pflanzenkrankheiten. „Aber es ist ein klassischer Schwächeparasit, also kein Primärerreger.“

    Beim Vortrag im Lechauwald zwischen Haunstetten und Königsbrunn berichtete Dr. Nicole Burgdorf über die Forschungsergebnisse der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF).
    Beim Vortrag im Lechauwald zwischen Haunstetten und Königsbrunn berichtete Dr. Nicole Burgdorf über die Forschungsergebnisse der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF). Foto: Sarah Schöniger

    Zwar wurde der Pilz bei 60 bis 70 Prozent der Bäume nachgewiesen, als Hauptursache sah das Forschungsteam jedoch die langjährige Belastung durch Hitze, Trockenheit und nährstoffarme, kiesige Böden. Der extreme Hagelschlag, der die Bäume durch ihren lichten Standort besonders heftig traf, überforderte die vorgeschädigten Kiefern in ihrer Regenerationsfähigkeit, erklärt Burgdorf.

    Neben Kiefern sollen andere widerstandsfähige heimische Baumarten gepflanzt werden

    Nun kann die Arbeit der AELF und der Forstverwaltung losgehen. Da der Wald nicht nur Naturschutzgebiet, sondern auch Lebens- und Erholungsraum ist, werden aus Sicherheitsgründen abgestorbene oder geschwächte Kiefern an Wegen und Zäunen gefällt, erklärt Jürgen Kircher, Forstamtsleiter der Stadt Augsburg.

    An den Kiefern sieht man, von welcher Seite der Hagel eingeschlagen ist. Dort fehlen die Nadeln.
    An den Kiefern sieht man, von welcher Seite der Hagel eingeschlagen ist. Dort fehlen die Nadeln. Foto: Sarah Schöniger

    Der Grasfilz, der dichte Bewuchs des Bodens, verhindert, dass neue Kiefern-Sprösslinge von allein wachsen können. „In einem normalen Wald würde man hergehen und den Oberboden abziehen“, erklärt der Forstexperte. „Aber hier ist das schwierig, weil wir in einem Trinkwasserschutzgebiet sind.“ Deshalb wolle man die Beweidung mit Schafen, Rinden und Wildpferden ausweiten. Diese grasen den Filz ab und fügen dem Boden gering flächige Schäden zu, in denen Samen gut keimen können.

    „Dann werden wir pflanzen. Und das werden wir mit klimaresistenten, aber heimischen Baumarten machen.“ Bäume, die mit dem trockenen, nährstoffarmen Boden zurechtkommen, sind etwa die Traubeneiche, Mehlbeeren, Feldahorn, Wildobstbäume oder Pappeln. Wo nötig, wird Einzelschutz gegen Wildverbiss an den Jungpflanzen angebracht.

    Die Waldinnenränder sollen gestuft und artenreich aufgebaut werden. Dazu gehört das Anpflanzen von dichten und lichten Waldbereichen. Da auch Totholz Lebensraum bietet, werden Geästhaufen aufgeschüttet und Hochkappungen durchgeführt: „Viele denken, man schneidet einen Baum unten ab und nicht oben“, sagt er. „Das machen wir natürlich bewusst, weil diese vor sich hin faulen sollen.“

    Nur rund 40 Prozent des Kiefernbestands sollen wieder aufgeforstet werden

    „Trotz allem werden wir die Kiefer nicht komplett aufgeben“, sagt Kircher. „Aber wir versuchen, sie nur mit einem Anteil von 40 Prozent zu erhalten.“ Weil die kaputten Kiefern keine Zapfen produzieren, wurde ein Wald zwischen Füssen und Schwangau, der unter ähnlichen Bedingungen wächst, abgeerntet. „Zwei Zentner Zapfen, ein Kilo Samen – ungefähr 100.000 Pflänzchen könnte das geben“, so der Experte. „Ein Viertel wird für uns in der Forstbaumschule angezogen.“ Die restlichen Samen werden aufbewahrt.

    Die lichten Schneeheide-Kiefernwälder im Lechauwald zwischen Haunstetten und Königsbrunn wurden durch den Hagel im August 2023 schwer beschädigt.
    Die lichten Schneeheide-Kiefernwälder im Lechauwald zwischen Haunstetten und Königsbrunn wurden durch den Hagel im August 2023 schwer beschädigt. Foto: Sarah Schöniger

    Dass die lichten Schneeheide-Kieferwälder – zumindest in Teilen – wieder hergestellt werden, ist wichtig, betont Kircher. Das Lechtal bildet eine wichtige Fauna- und Flora-Brücke zwischen den Alpen und dem Jura nördlich der Donau – ein ökologisches Bindeglied, das in Bayern sonst nicht mehr vorkommt, erklärt der Forstamtsleiter. Weil der Lech vor seiner Begradigung um 1910 häufig übertrat, bestehen Teile des heutigen Geländes aus nährstoffarmen, kiesigen Böden mit wenig Humus.

    Der Kiefernwald beheimatet seltene Tiere und Pflanzen

    Diese kargen Flächen, sogenannte „Brennen“, sind trocken, heiß und kalkhaltig – was sie zu einem einzigartigen Lebensraum macht. Sie beheimaten helligkeits- und wärmeliebende Tierarten wie die Kreuzotter oder den Singvogel Baumpieper sowie seltene Pflanzenarten wie Orchideen.

    Durch die Beweidung und Bepflanzung mit anderen Baumarten wurde die Kiefer in den vergangenen hundert Jahren verdrängt. „Von diesen lichten Schneeheide-Kiefernwäldern – also diesen typischen Formen, die sich auf den Brennen bilden, ist noch ein Prozent übrig“, sagt Jürgen Kircher. „Von diesem einen Prozent stehen 90 bis 95 Prozent im Revier Haunstetten. Das heißt, dass wir eine naturschutzfachliche Verantwortung für diese Bestände haben.“

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