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Tsegai Keleta: Vom Eritreischen Biologie-Lehrer zum Leben im Lechfeld

Untermeitingen

Von einer langen Reise zu sich selbst

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    Tsegai Keleta ist dankbar für die viele Hilfe, die er bekommen hat.
    Tsegai Keleta ist dankbar für die viele Hilfe, die er bekommen hat. Foto: Bettina Jödicke

    Der Weg von Eritrea ins Lechfeld ist sehr weit. 2015 kam Tsegai Keleta nach über einjähriger Flucht nach Deutschland. In Obermeitingen wohnte er zunächst mit 55 anderen Eritreern in einem Schulgebäude, dann sorgte ein Helferkreis vor Ort für einen Platz in einer Wohngemeinschaft mit anderen Eritreern in Untermeitingen. „Die Leute hier sind sehr freundlich und hilfsbereit. Sie haben uns alle gut aufgenommen.“ Nach einem Basis-Sprachkurs fand er Arbeit bei einem Logistik-Dienstleister in Graben. Er hat es geschafft und ist angekommen im Lechfeld. Jetzt möchte er noch besser Deutsch lernen und übt selbst oder mit Unterstützung des Helferkreises.

    Reise durch die Wüste und über das Mittelmeer

    Tsegai Keleta stammt aus Elabered, einer Stadt 67 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Asmara. Dort wohnte er zusammen mit seinen Eltern und drei älteren Geschwistern und arbeitete als Biologie-Lehrer. Er wollte nach Großbritannien und suchte einen sicheren und bezahlbaren Weg dorthin. Zunächst ging er zu Fuß über die Grenze in den Sudan und blieb drei Monate im Flüchtlingslager Shagarab. Anschließend kam er in der Hauptstadt Khartum bis zur Weiterreise sechs Monate bei Verwandten unter. Während dieser Wartezeit konnte er in einer Pizzeria arbeiten. Dann bezahlte er einen Transport in einem Pick-up, der ihn nach Libyen bringen sollte. Zusammen mit 22 anderen Flüchtlingen ging die Fahrt 13 Tage lang durch die Wüste Sahara nach Tripolis. Dort musste er wieder einige Monate warten, bis er in einem kleinen Boot nach Sizilien übersetzen konnte. Zusammen mit Helfern aus Deutschland und Italien war er fast zwei Tage auf dem Mittelmeer unterwegs.

    Die Hilfsorganisation brachte ihn nach Benevento, eine kleine Stadt nordöstlich von Neapel. Er war erstaunt und dankbar, dass sich die Bewohner dort um die Flüchtlinge kümmerten und sie gut versorgten. „Ungefähr 30 Menschen kamen in einem Bus zu uns. Sie hatten vorher eingekauft und haben uns Lebensmittel und Kleidung gebracht.“ Die Reise war für ihn bis dahin glücklicherweise reibungslos verlaufen. Ab diesem Zeitpunkt war Tsegai Keleta auf sich selbst gestellt.

    Mit seiner Familie steht er in telefonischem Kontakt.

    Das war kein Problem für ihn. Er konnte Englisch und einige Wörter auf Italienisch verstehen, denn in seiner Muttersprache Tigrinya gibt es einige italienische Wörter. Der große Einfluss Italiens stammt aus der Zeit zwischen 1890 und 1941, als Eritrea italienisches Kolonialgebiet war. Von Benevento fuhr er allein mit dem Bus nach Rom und wollte von dort über Frankreich nach England. An der österreichischen Grenze erfuhr er wieder eine große Hilfsbereitschaft der Bevölkerung. „Sie haben uns all das angeboten, was wir brauchten: Lebensmittel, aber auch andere wichtige Dinge wie Seife oder Zahnpasta.“ Am Münchner Hauptbahnhof ließ ihn die Polizei als Flüchtling nicht weiterreisen und brachte ihn zuerst nach Kieferngarten und dann nach Fürstenfeldbruck. Dort blieb er einen Monat zusammen mit Flüchtlingen aus aller Welt. „Ich habe Menschen aus Syrien, Somalia, Senegal und vielen anderen Ländern gesehen. Viele von denen haben so wie ich ihre Familien zurückgelassen, um hier in Sicherheit leben zu können.“

    „Ich habe großes Glück gehabt“

    Tsegai Keleta kann nicht mehr zurück nach Eritrea. Doch mit seiner Familie steht er regelmäßig in telefonischem Kontakt. Einmal ist er schon in den Sudan geflogen, um sie persönlich zu treffen. „Ich habe großes Glück gehabt und viel Hilfe bekommen. Ich bin allen Menschen, die ich während meiner Reise getroffen habe, sehr dankbar: in Benevento, in Österreich und in Obermeitingen. Gerne möchte ich auch etwas zurückgeben.“ In Eritrea hatte er vorher sehr viel Negatives über Deutschland gehört. „Ich kann nun aus eigener Erfahrung sagen, dass diese Geschichten nicht stimmen.“ Tsegai Keleta möchte hierbleiben und sich eine Zukunft aufbauen – und mal wieder Tischtennis spielen. Vielleicht kann er auch eines Tages Kindern wieder Biologieunterricht geben.

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