Pro: Soziale Einrichtungen profitieren von der Wehrpflicht. Wer den Schuss noch nicht gehört hat: Die Sicherheitslage in Europa hat sich dramatisch geändert. Russland stellt eine Bedrohung für die Nato und damit Deutschland dar. Und niemand weiß, was Putin noch im Schilde führt. Deshalb muss die Wehrpflicht schnellstens wieder reaktiviert werden. Sie ist nötig, weil die künftigen Anforderungen der Nato eine deutlich größere Bundeswehr erfordern werden. Personal nur auf Basis von Freiwilligkeit zu finden, funktioniert nicht. Deshalb braucht es eine Wehrpflicht, die sich aber unterscheiden sollte vom Modell, das 2011 ein CSU-Verteidigungsminister ausgesetzt hatte.
Es muss ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr für alle sein – für Männer wie Frauen. Die Bundeswehr würde davon ebenso profitieren wie Pflegeeinrichtungen, soziale Einrichtungen oder Kindergärten, die schon seit Jahren unter Personalmangel leiden. Von einem allgemeinen Gesellschaftsjahr profitieren nicht zuletzt diejenigen, die es ableisten müssen: Es bietet Heranwachsenden wieder mehr Orientierung auf dem Weg zu mehr Reife.
Bundeswehr fördert keine freie Entwicklung junger Menschen
Contra: Die Prioritäten sollten woanders liegen. Als ich mich vor ein paar Jahren mit einem Bekannten unterhielt, der zu dieser Zeit bei der Marine gedient hatte, und mir erzählte, dass er nicht mehr in der Lage sei unter Menschenmassen zu gehen, weil ihn das zu sehr stresse, war ich geschockt. Nun hat die Bundeswehr ohnehin nicht den besten Ruf, schon seit Jahrzehnten gibt es immer wieder rechtsextreme Zwischenfälle. Außerdem werden die Methoden, mit denen junge Menschen gedrillt werden, wohl bei keinem anderen Arbeitgeber angewandt. Junge Erwachsene haben dort nicht die Möglichkeit, sich frei zu entfalten und eigene Entscheidungen zu treffen.
Wer aus freien Stücken zur Bundeswehr gehen möchte, soll das gerne machen. Ich würde mich dem nicht anschließen. Auch aus ethisch-moralischer Sicht finde ich es schwierig - in welcher Form auch immer - Waffengewalt zu unterstützen. Hinzukommt, dass Forderungen, wie in dieser Woche von US-Außenminister Marco Rubio, fünf Prozent des Brutto-Inlandsprodukts für Verteidigung auszugeben, realitätsfern sind. Schon jetzt geben die Nato-Länder im Schnitt 2,71 Prozent für das Militär, und somit auch für die Ausbildung von Soldaten, aus. Währenddessen bröckeln Brücken und die Rentenkassen leeren sich. Die Prioritäten sollten nicht auf einer möglichen Wehrpflicht liegen.
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