Anfang der Woche drang aus Italien erfreuliche Kunde nach Leverkusen. Der Pisa Sporting Club, ehemals bekannt unter dem Namen Pisa AC, hatte am Wochenende die Rückkehr in Italiens Serie A geschafft, nach 34 Jahren Abstinenz. Was das mit Leverkusen zu tun hat, erklärte Pisa-Trainer Filippo Inzaghi in einem Interview mit der Gazzetta dello Sport. Der ehemalige Nationalstürmer bezeichnete die Spielweise der Werkself als das große Vorbild für die Konzeption der eigenen Mannschaft, die er im Sommer übernommen hatte: „Unter den ersten Videos, die ich zeigte, waren die von Bayer Leverkusen, die mehr als 50 Spiele ohne Niederlage absolviert hatten. Ich habe meinen Spielern gezeigt, wie die Leverkusener Defensive funktioniert, die mit den Angreifern beginnt.“ Die Kompaktheit des Teams, das von seinem Amtskollegen Xabi Alonso eingestellt worden war, imponierte Inzaghi.
Und nicht nur ihm, sondern auch vielen anderen Amtskollegen. Pep Guardiola, Übungsleiter bei Manchester City, reagierte mit einem „Wow“ auf den Lauf der Werkself. „Eine ganze Saison ohne Niederlage! Das ist unglaublich.“ Leverkusen wurde unter Xabi Alonso zu einer der heißesten Aktien im europäischen Fußball. Der chronische Zweite war auf einmal gut für Heldentaten. Seit Freitag ist aber endgültig klar, dass die Zeit des Spaniers in Leverkusen nach dieser Spielzeit endet. In der Pressekonferenz vor dem letzten Heimspiel gegen Dortmund am Sonntag gaben Klub und Trainer bekannt, dass der eigentlich noch bis 2026 gültige Vertrag aufgelöst wird. Auch alle sechs Co-Trainer werden Bayer verlassen. Den neuen Verein nannte Alonso noch nicht – dass Real Madrid ein großes Interesse daran hat, dass Alonso seine Heldentaten im Dienst der Königlichen leistet, ist ein nicht mal schlecht gehütetes Geheimnis. Bis zu 15 Millionen Euro Ablöse soll der spanische Top-Klub für den neuen Coach an Leverkusen zahlen. Für Real steht am Sonntag der Clásico gegen Barcelona an – ein Sieg gegen Barça wäre die letzte Chance für Noch-Trainer Carlo Ancelotti, in dieser Saison noch ein Wort im Titelkampf mitzureden. Ansonsten droht eine titellose Saison.
Auf der Abschieds-Pressekonferenz kämpfte Xabi Alonso mit den Tränen
Der Abschied Alonsos in Leverkusen war emotional. Während der Pressekonferenz kämpfte der 43-Jährige mit den Tränen. „Wir haben Klarheit und deshalb ist das jetzt der richtige Moment, es zu verkünden. Wir hatten fantastische Jahre und wir werden mit den Fans feiern“, sagte der Spanier. In Richtung der Journalisten, die ihn seit Wochen zu einem Abschied befragt hatten, sagte er mit einem Lächeln: „Da habt ihr eure Ankündigung.“ Natürlich habe er „gemischte Gefühle“. Der Plan ist, die letzte Zeit zu genießen. Wir haben eine tolle Verbindung im Team. Ich freue mich sehr auf Sonntag auf das Spiel gegen Dortmund. Es soll ein schöner Abschied werden.“
Ein Abschied, der nach Ansicht der Leverkusener Verantwortlichen durchaus noch etwas hätte warten dürfen. Geschäftsführer Simon Rolfes nannte die Ära Alonso einen „Meilenstein“ in der Geschichte des Vereins: „Wir sind stolz auf die großen Fortschritte und das heutige Standing des Klubs.“ Als Tabellenvorletzter hatte der Spanier den Verein übernommen – und hatte eineinhalb Jahre später das geschafft, was keiner mehr zu glauben gewagt hatte nach den Jahren der bitteren Finalpleiten: Nicht Dortmund, nicht Leipzig, sondern der als Vizekusen belächelte Klub durchbrach die Dominanz der Bayern. Gute Spieler standen auch früher schon bei Bayer unter Vertrag, doch erst mit Trainer Xabi Alonso wurde alles anders. Alonso machte die Spieler, letztlich den gesamten Verein besser – und die Frage lautet: Wird ohne ihn wieder alles wie vorher?
Florian Wirtz soll sich mit den Bayern einig sein
Die Gefahr besteht. Um Florian Wirtz gibt es schon lange Abwanderungsgerüchte – am Freitagabend berichtete die Bild, dass die Bayern sich mit dem Mittelfeldspieler einig sind. Demnach soll der Nationalspieler den Bayern seine Zusage gegeben haben, nur nach München wechseln zu wollen. Verhandlungen zwischen dem FCB und Bayer habe es noch nicht gegeben, weswegen zwei Szenarien möglich sind: Entweder Wirtz wechselt schon diesen Sommer für eine Ablöse für über 100 Millionen Euro zum Rekordmeister - oder erst in einem Jahr. Im Jahr 2026 könnte Bayer aber deutlich weniger Ablöse verlangen, weil der Vertrag im Jahr 2027 ausläuft. Nach dessen Ablauf wäre Wirtz ablösefrei zu haben - ein Szenario, das man unter allen Umständen vermeiden möchte.
Andere Leistungsträger wie Patrik Schick, Alejandro Grimaldo oder Jeremie Frimpong stehen ebenfalls unter Beachtung der größeren Klubs. Dass nach dem Double-Sieg erst einmal alle Spieler und der Trainer blieben, schien vor einem Jahr wie eine Kampfansage an die Bayern zu sein, mindestens ein Versprechen für Spannung. Zumindest kurzzeitig war diese Spannung in der Saison wieder zu spüren gewesen, etwa beim Pokalsieg der Werkself in München. Natürlich werden weiterhin gute Spieler bei Bayer unter Vertrag stehen. Von einer erwarteten Ablöse für Wirtz um den dreistelligen Millionenbereich lässt sich der ein oder andere gute Kicker von den Vorzügen des Standortes Leverkusen überzeugen. Auch auf Alonso wird ein neuer, vielversprechender Trainer folgen, dem Vernehmen nach soll Cesc Fabregas von Como Calcio der Favorit der Bosse sein. Ein Trainer wie Alonso oder ein Spieler wie Wirtz sind aber nicht so schnell zu bekommen.
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