Kurz vor dem Halbfinale beim Red Bull Paddelfest kam der Schock in Form eines heftigen Gewitters. Das Spaß-Event, bei dem Amateure mit verschiedenen Spaß-Booten den Augsburger Eiskanal hinuntersausten, war bereits mehrere Stunden im Gange, die strahlende Sonne ließ ein derartiges Unwetter nicht erahnen. Doch dann verdunkelte sich der Himmel schlagartig, sodass die von den Veranstaltern gemeldeten rund 5000 Zuschauer rund 40 Minuten warten mussten, bis die Regenschauer vorbei waren und das nächste Rennen starten konnte.
Boote müssen beim Paddelfest so langsam wie möglich den Eiskanal hinunter
Das Publikum zeigte sich hart im Nehmen, denn kaum jemand verließ den Eiskanal, keiner wollte das große sportliche Finale verpassen. Insgesamt 81 Teams mit jeweils zwei Teilnehmern waren angetreten, um im selbst gestalteten Boot die Olympia-Strecke von 1972 zu bezwingen. Doch nicht wie in gewohnter Kanuslalommanier so schnell wie möglich durch die Stangen, sondern im Gegenteil, als langsamstes von drei Teams, die in einer Runde gegeneinander antraten. Um die Veranstaltung unterhaltsamer zu machen, war es den Teilnehmern außerdem untersagt, länger als fünf Sekunden in einem Kehrwasser zu verweilen, andernfalls würden sie von einem „Bademeister“ zurück in die Strömung gestoßen. War das Rennen nach drei Minuten noch nicht entschieden, gewann wiederum das Team, das als Erstes ins Ziel kam.
Diese Regeln führten zu interessanten taktischen Manövern, einige Paddler steuerten mal mehr, mal weniger freiwillig auf die „Waschmaschine“ zu, ein wildes Kehrwasser kurz nach dem Start, um dort einige Zeit zu verweilen. Schwierig wurde es jedoch, dem Hindernis wieder zu entkommen. So sprang ein Teilnehmer aus dem Team „Proviantbach“ freiwillig aus dem Boot, um dieses zurück in die Strömung zu befördern. Nicht der Einzige, der an diesem Tag baden ging. Mehrere Paddler kenterten, hievten sich jedoch zum Teil auf beeindruckende Weise in ihr Gefährt zurück, um nicht disqualifiziert zu werden. Das Team „Kissing“ konnte so etwa ein Viertelfinale für sich entscheiden. „Wir waren schon draußen, aber haben uns todesmutig wieder zurück ins Boot geschmissen“, erzählten sie von ihren Kunststücken auf der Strecke.
Sogar blutige Anfänger wagen sich beim Augsburger Paddelfest in den Eiskanal
Neben erfahrenen Kanuten waren auch Hobby-Paddler und sogar blutige Anfänger angetreten. Dennoch hatten die erprobten Sportler schlussendlich die Nase vorn. Mit dem Team „Schwaberitter“ in der Besetzung Siegfried Beier und Leo Bolg gewannen zwei erfolgreiche Kanuten der Kanu Schwaben Augsburg in einem wahren Herzschlagfinale den Wettbewerb. Mit einem Augenzwinkern verrieten sie, dass hauptsächlich „zehn Bier“ und „zehn Wochen Trainingscamp“ im Vorfeld ausschlaggebend waren.
Selbst eine ehemalige Olympiateilnehmerin stellte sich der Herausforderung: Jasmin Schönberg, Weltmeisterin im Kanu-Slalom, ging mit ihrer Freundin Fee Schweikert an den Start. „Wir sind ja eigentlich aus dem Leistungssport und kennen es eher andersherum – also so schnell wie möglich nach unten zu kommen“, erzählte Schweikert. Doch sie trödelten recht erfolgreich durch das Wildwasser und schieden erst im Halbfinale aus. Zudem konnten sie in der B-Note überzeugen. Fee Schweikert hatte sich passend zu ihrem Namen mit einem Feenkostüm eingekleidet, Schönberg präsentierte sich hingegen ganz in grün als „Froschkönig“. Passend dazu der Teamname: Crazy Frog.
Schließlich ging es beim Red Bull Paddelfest nicht nur darum, sportlich am besten abzuschneiden, auch das äußere Erscheinungsbild wurde honoriert. Entsprechend stellten die Aktiven ihren Einfallsreichtum unter Beweis – mit stilvollen Dekorationen und passenden Outfits.
Auch zwei Kühe und ihr Kunstrasen gehen beim Paddelfest baden
Besonders aufwendig war die Aufmachung des Teams „Alpin & Outdoor“, das sein Boot gänzlich mit Kunstrasen und Blumen verziert hatte. Zusätzlich waren die beiden Teilnehmer als Kühe verkleidet. Doch dass diese keine Wassertiere sind, zeigte sich im sportlichen Wettkampf, als „Alpin & Outdoor“ bereits in der ersten Runde, die am Schlauchboot nicht vorhandenen Segel streichen musste. „Ich glaube, dass der Kunstrasen auf unserem Boot nicht gerade hilfreich war“, resümierte ein Teilnehmer, besonders seine Partnerin zeigte sich in Bezug auf den Kreativitätswettbewerb jedoch weiterhin zuversichtlich: „Des is a g‘mhade Wiesn.“
Doch auch hier musste man sich, wenngleich knapp, einem anderen Team geschlagen geben. Die Jury, bestehend aus Extremkajakfahrer Adrian Mattern, sportlichem Leiter Georg Schauf, und dem Augsburger Referenten für Kultur, Welterbe und Sport Jürgen Enninger, kürte Kostüm und Boot von Leon Labos und Shane Klingler als Team „Flitzpiepe“ zum Sieger. Beide sind, häufig als Duo, auf Instagram aktiv und hatten ihre Community nach Vorschlägen gefragt. „Wir haben sie dann abstimmen lassen und es wurde Asterix und Obelix“, erzählt Klingler. Daraufhin hatte Labos das thematisch passende Gefährt gebaut, inklusive Wildschwein, das er an das Boot montiert hatte. „Als Obelix brauche ich natürlich eine Wegzehrung“, erklärte er, bevor er zur Red Bull Afterparty aufbrach, die für alle Teilnehmer diesen vergnüglichen Sommertag am Eiskanal abrundete.
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