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Michael Jung schwärmt von seinem Pferd Chipmunk

Olympia 2024

„Einfach die Zügel fallen lassen und vorwärts galoppieren“

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    Die Ohren gespitzt und volle Konzentration auf die Aufgabe: So trug Chipmunk den Vielseitigkeitsreiter Michael Jung zur dritten olympischen Einzel-Goldmedaille.
    Die Ohren gespitzt und volle Konzentration auf die Aufgabe: So trug Chipmunk den Vielseitigkeitsreiter Michael Jung zur dritten olympischen Einzel-Goldmedaille. Foto: Rolf Vennenbernd, dpa

    Einen Popstar hätten sie im Deutschen Haus nicht lauter feiern können. Als Michael Jung, der zweite deutsche Goldmedaillengewinner der Olympischen Spiele von Paris, mit seinem dreijährigen Sohn an der Hand und seiner Frau an der Seite einmarschierte, gab es kein Halten mehr. Der lautstarke Jubel übertönte locker die wummernden Bässe aus den Musikboxen, unzählige Handys filmten das Defilée des erfolgreichsten deutschen Vielseitigkeitsreiters durch die Menge. An dessen Hals baumelte auf Hochglanz poliert das derzeit begehrteste Schmuckstück von Paris – die Goldmedaille.

    Michael Jung kennt diese Zeremonie, kennt diese überwältigende Begeisterung, wenn Sportler nach ihrem Olympia-Coup das erste Mal auf Fans und Familie treffen. Drei Goldmedaillen hatte er schon zu Hause. Zwei aus London im Einzel und mit dem Team sowie eine im Einzel aus Rio. Trotzdem hat es ihn wieder überwältigt, spät in der Nacht noch so von den Fans empfangen zu werden. „Es ist eine besondere Ehre, dass ich hier stehen darf. Aber es sind nicht nur Chipmunk und ich, sondern auch viele andere Personen beteiligt, die uns unterstützten. Das ist ein ganz toller Erfolg für uns alle“, vergaß Jung nicht, bei seiner Ankunft um 23.30 Uhr auch noch lobende Worte an sein Pferd und sein Team zu richten. Dann ging die Party los und selbst der dreijährige Sohn Lio durfte noch lange auf den Armen seines Vaters die einmalige Atmosphäre genießen.

    Michael Jung schätzt die Energie und die Kraft seines Pferdes Chipmunk

    „Der Empfang im Deutschen Haus war gigantisch. Eine wirklich tolle Feier. Das Jubeln von den Menschen und Freunden ist wirklich berührend“, schilderte Jung am Tag danach auf der Pressekonferenz noch einmal seine Eindrücke. „Realisieren kann ich das noch gar nicht. Das braucht noch einen Moment, bis alles ankommt. Es war richtig Trubel. Man vergisst immer, was Olympia für eine Megaplattform ist“, berichtet er über den anstrengenden Wettkampftag, an dem nach der Siegerehrung noch ein rund siebenstündiger Medienmarathon folgte.

    Schwierig wurde es für Jung, als er in kurzen Worten die Qualitäten von Chipmunk und das Geheimnis ihrer guten Beziehung verraten sollte. „Das Tolle in unserem Sport ist, dass wir das mit Tieren machen dürfen. Wir können so viel mit ihnen erleben. Jedes Pferd hat, wie wir Menschen auch, seinen eigenen Charakter. Es macht unheimlich Freude und Spaß, mit den Tieren zu arbeiten und sie auszubilden.“ In den Wettkämpfen spüre man förmlich den Ehrgeiz der vierbeinigen Sportler: „Da merkt man, wie viel Kraft und Energie drin ist, wie die Ohren gespitzt sind und wie sie sich groß machen.“ Jung ist überzeugt, dass es Chipmunk genauso genossen habe wie er, ins Dressurstadion hinein zu galoppieren. „Er hat so eine Ruhe gehabt. Das war schon toll. Das macht mich stolz. Denn wir trainieren jeden Tag zusammen. Und er war auf den Punkt genau fit.“ In Paris habe er seinem Pferd während der Wettkampftage nur vermitteln wollen, dass wie zu Hause gearbeitet werde. Als wenn es sich um eines jener ganz normalen Turniere handeln würde, die Chipmunk schon zur Genüge kennt. Dieser Plan ging auf.

    Kein anderer Vielseitigkeitsreiter hat bisher drei olympische Einzel-Goldmedaillen erritten

    Mit Blick auf die anspruchsvolle Geländestrecke vor der atemberaubenden Kulisse des Schlossparks von Versailles, die das deutsche Paar als eines der wenigen fehlerlos absolvierte, geriet Jung dann aber doch ins Schwärmen über sein Ausnahmepferd: „Er ist ein toller Kerl. Diese Kraft und Energie, die er hat. Im Gelände durch den Park zu galoppieren. Einfach die Zügel loslassen und er darf vorwärts galoppieren. Das ist ein unglaubliches Gefühl.“ Basierend auf diesem gegenseitigen Vertrauen machte der 16-jährige Hannoveraner-Wallach, dessen Namen übersetzt Backenhörnchen bedeutet, Jung nun zum Rekordreiter – mit insgesamt drei Einzel-Goldmedaillen in der olympischen Vielseitigkeit. Niemand anderem ist das bisher gelungen.

    Nachdem das Paar bei den Spielen in Tokio vor drei Jahren aufgrund eines unglücklichen Fehlers beim Geländeritt ohne Medaille geblieben war, zeigte es in Paris eindrucksvoll, dass es athletisch noch einmal zugelegt hatte. Denn für Ross und Reiter ist der Pferdesport-Triathlon aus Dressurreiten, Geländestrecke und Springreiten ein dreitägiger Kraftakt. Nur die Fittesten bestehen. Doch wenige Tage vor Jungs 42. Geburtstag am Mittwoch ließen sich die deutschen Favoriten auf ihrem Weg zu Gold nicht mehr ausbremsen. Seine letzten beiden Olympia-Erfolge hatte Jung noch auf dem legendären Sam erritten, jetzt hat der Profireiter aus Bad Soden im Taunus mit „Chippi“, wie Chipmunk zu Hause liebevoll genannt wird, ein zweites Gold-Pferd im Stall stehen. Ausgebildet hat ihn Julia Krajewski, die in Paris mit ihrem Pferd Nickel auf Rang elf das gute Ergebnis im Einzel komplettierte. In der Teamwertung war die deutsche Equipe nach einem Sturz des dritten Reiters Christoph Wahlers mit Cajatan ausgeschieden.

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