Es war eine der großen Fragen, die selbst kurz vor Beginn der Olympischen Spiele am Freitag in Paris immer noch offen blieb und die Emmanuel Macron nun persönlich klärte: Ja, die Eröffnungszeremonie wird wie geplant auf der Seine stattfinden, versicherte Frankreichs Präsident am Dienstagabend in einem Interview. Die durchgeführten Sicherheitskontrollen erlaubten dies. „Wir empfangen einmal im Jahrhundert die Olympischen Spiele, aber eine Eröffnungsfeier wie diese – das ist das erste Mal in deren Geschichte“, so Macron in Anspielung an die letzte Austragung in der französischen Hauptstadt im Jahr 1924.
In Paris ist man stolz darauf, den Auftakt erstmals nicht in einem geschlossenen Stadion zu feiern, das leichter abzusichern wäre, sondern mit einer Parade auf dem Fluss, vor mehr als 300.000 Zuschauern. Aber die Entscheidung brachte einen enormen Sicherheitsaufwand mit sich. Seit Tagen werden alle Zugänge zur „roten Zone“ im Zentrum strikt kontrolliert. Einige Stimmen kritisierten, angesichts der aktuellen Welt- und Bedrohungslage das Risiko eines Riesen-Spektakels mitten in Paris einzugehen – der Krieg zwischen Israel und der Hamas schlägt in Frankreich hohe Wellen, auch die Anwesenheit russischer Athleten unter neutraler Flagge ist umstritten. Ausweichpläne wurden erarbeitet. Seit dem Terroranschlag auf eine Konzerthalle bei Moskau im März, zu dem sich ein afghanischer Ableger der Organisation Islamischer Staat (IS) bekannte, gilt auch in Frankreich wieder die höchste Warnstufe.
Wir haben keine einzige eindeutige Bedrohung hinsichtlich der Olympischen Spiele und der Eröffnungsfeier, aber sind extrem wachsam.
Gérald Darmanin, Französischer Innenminister
„Es gibt eine einzige Methode, die null Risiko garantiert – sie besteht darin, überhaupt nichts zu tun“, sagt hingegen Guillaume Farde, Experte für innere Sicherheit und Forscher an der Eliteuniversität Sciences Po Paris. „Man hätte die Feier in ein Stadion weit außerhalb verlegen können, aber entschied sich für ein ehrgeiziges Szenario, durch das die Schönheit der Stadt gezeigt und gewürdigt wird.“ Die für die Sicherheit Verantwortlichen hätten eine große Expertise. Innenminister Gérald Darmanin versicherte, dass alles unter Kontrolle sei. „Wir haben keine einzige eindeutige Bedrohung hinsichtlich der Olympischen Spiele und der Eröffnungsfeier, aber sind extrem wachsam“, sagte er.
Von den beiden Terrororganisationen al-Qaida und IS gehe immer ein Risiko aus, sagt Farde. Als unwahrscheinlich schätzt er ein spektakuläres Attentat durch ein Terrorkommando ein, wie am 11. September 2001 in New York und am 13. November 2015 in Paris. Bedrohlicher seien Einzelpersonen, die sich in Frankreich befinden. „Auf der Liste der Staatsgefährder stehen 20.000 Namen von Radikalisierten, von denen rund die Hälfte aktiv ist und 1000 davon sind hochgefährlich und stehen unter Beobachtung“, sagt der Experte. „Uns besorgt die Möglichkeit eines Anschlags, für den ein simples Küchenmesser reicht und der auch außerhalb der Schutzzonen durchgeführt werden kann.“ Vor wenigen Tagen konnte ein Mann bei Le Mans festgenommen werden, der einen Taxifahrer bedroht und konkrete Attentatspläne, unter anderem auf eine Synagoge, gehegt hatte. „Er hätte ein Blutbad anrichten können“, so Farde. Aber er wurde gefasst.
Die Identität von 900.000 Personen wurde überprüft
Um nicht nur die Eröffnungszeremonie, sondern auch die Austragungsorte und das Olympische Dorf abzusichern, haben die Behörden laut Darmanin die Identität von 900.000 Menschen überprüft, 4355 Personen wurden Zugänge verweigert. Die Kontrollen betrafen die Besucher der Eröffnungszeremonie, die Antragsteller eines Durchgangspasses für die Sicherheitszone, akkreditierte Journalisten, Begleitpersonen der Athleten, aber auch alle jene, die im Umfeld der Spiele arbeiten, ob in der Küche oder für private Sicherheitsunternehmen. „Die Reinigungsfirmen überprüfen ihre Mitarbeiter zum Beispiel nicht, aber die staatlichen Dienste müssen ein Auge darauf haben, wer die Spaghetti kocht oder die Zimmer im Olympischen Dorf putzt - vor allem die der israelischen Delegation“, sagt Farde. Für diese gibt es Medienberichten zufolge besonderen Schutz und sie werden rund um die Uhr überwacht. Einer strahlenden Eröffnung und fröhlichen Spielen soll nichts im Wege stehen – so zumindest die Hoffnung.
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