Weihnachtsbraten statt weit fliegen - in diesen Tagen setzt Karl Geiger andere Prioritäten. Mit seiner Frau Franziska und Tochter Luisa verbringt der Skispringer das Weihnachtsfest in Oberstdorf und kündigt schon mal an, es sich schmecken zu lassen. „Dadurch, dass ich mit dem Gewicht gerade eh eher am unteren Limit unterwegs bin, werde ich gut zulangen“, verrät der 31-Jährige mit einem Lächeln über seine Essenspläne an Weihnachten. Oft genug müssen die Skiadler peinlich genau auf ihre Kilos achten, dürfen an Vanillekipferl oder Kokosmakronen nicht einmal denken.
Nach dem Fest folgt der Saisonhöhepunkt für die Springer und die Zuschauer. Die Euphorie kennt wie in den Vorjahren kaum Grenzen. Die Schattenbergschanze ist mit 27.000 Besuchern seit Monaten ausverkauft. Zwei Wochen nach dem Beginn des Vorverkaufs waren die Eintrittskarten für das Auftaktspringen der Vierschanzentournee am kommenden Sonntag vergriffen. Dicht gedrängt stehen die Fans mit tausenden deutschen Fahnen in der Hand auf den Tribünen und feuern die Flugkünstler an. Auch Geiger genießt die Atmosphäre unter dem Nebelhorn. „Oberstdorf ist immer spektakulär und gigantisch. Ich hoffe, dass ich saubere Sprünge zeigen kann. Das ist mein Ziel“, sagt der Athlet vor der 73. Auflage des Springerspektakels mit den weiteren Stationen in Garmisch-Partenkirchen (1. Januar), Innsbruck (3. Januar) und Bischofshofen (6. Januar).
Die deutschen Skiadler bleiben stecken
Geiger sieht sich nach der Generalprobe am vergangenen Wochenende im schweizerischen Engelberg im Aufwind. Die Formkurve zeigt nach oben. „Für die Mannschaft war es nicht so gut wie in den Wochen davor, aber ich habe einen Schritt vorwärts gemacht“, sagt der Skispringer nach den Plätzen fünf (Samstag) und neun (Sonntag) von der Großschanze in Engelberg. Erstmals riss die starke deutsche Serie der noch jungen Saison. Mit dem Kampf um die Podestplätze hatte das Team von Bundestrainer Stefan Horngacher nichts zu tun. Den Sieg sicherte sich der Österreicher Daniel Tschofenig vor seinen Landsmännern Jan Hörl und Stefan Kraft. Vor den beiden Wettkämpfen in der Schweiz hatte es in dieser Saison bisher immer mindestens ein deutscher Springer auf das Podest geschafft. Im dichten Schneetreiben von Engelberg blieben die deutschen Adler ein wenig im Schnee stecken.
Paschke kommt als Weltcup-Führender nach Oberstdorf
Pius Paschke muss einen Dämpfer verdauen. Der Oberbayer dominierte bislang mit fünf Siegen und reist als Gesamtführender des Weltcups nach Oberstdorf. In Engelberg landete der 34-Jährige lediglich auf Platz 18 und fuhr sein schwächstes Saisonergebnis ein. Der Mann, der erst vor einem Jahr ebenfalls in Engelberg spät den ersten Weltcup-Sieg seiner Laufbahn gefeiert hatte, lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. „Ich habe in den letzten Wochen coole Sachen gemacht. Die Idee vom Skisprung muss ich mir wieder herholen“, sagt der Polizeiobermeister aus Kiefersfelden nach der misslungenen Generalprobe.
Andreas Wellinger holte mit Platz vier am Samstag noch das beste Wochenend-Resultat für den Deutschen Ski Verband. Als eine Erklärung für den Leistungsabfall dürfen die Bedingungen gelten. Der Schneefall und wechselnde Winde sorgten für ungleiche Verhältnisse. Wellinger hofft, „dass es in Oberstdorf trocken bleibt“. Ansonsten schaut er nur auf sich: „Ich muss bei mir bleiben und mich auf die Sprünge konzentrieren. Ich weiß, dass ich es kann.“
Drei Springer haben das Oberstdorf-Ticket sicher
Paschke, Wellinger und Geiger haben das Ticket für den Oberstdorf-Auftakt sicher. Einen Platz muss Stefan Horngacher noch vergeben. Am zweiten Weihnachtsfeiertag wird der Bundestrainer sein vierköpfiges Aufgebot benennen. Die besten Karten dürfte Philipp Raimund halten. Bei der Generalprobe schaffte es der Oberstdorfer als vierter Deutscher in den zweiten Durchgang. Stephan Leyhe, Markus Eisenbichler und Adrian Tittel durften im Finale nicht mehr ran.
Die vergangenen Jahre haben jedoch gezeigt, dass die Vorzeichen wenig Rückschlüsse auf den Ausgang der Vierschanzentournee zulassen. Was gegen Paschke spricht: Noch nie ist ein DSV-Adler, der in Gelb zur Tournee gereist ist, mit dem goldenen Adler für den Gesamtsieger im Gepäck wieder abgereist. Seit 23 Jahren, seit dem Sieg von Sven Hannawald im Jahr 2002 jagen die Athleten dem Traum vom deutschen Gesamtsieg hinterher.
Karl Geiger bleibt gelassen vor seiner 13. Vierschanzentournee. „Im Vorfeld hat sich die Tournee noch nie entschieden. Die Tournee hat ihre eigenen Regeln“, sagt der Oberstdorfer, der in der Endabrechnung schon auf Platz vier (2022), drei (2020) und zwei (2021) gelandet ist. Ein Gesamtsieg würde perfekt in seine Sammlung passen.
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