Stadt Augsburg sorgt für mehr Toleranz
Abenteuer Kindheit und Jugend: Kampagne des Amtes für Kinder, Jugend und Familie der Stadt Augsburg zu Freundschaft, Liebe, Sex und Selbstverständnis.
Im Januar outen sich 125 Menschen, die für die katholische Kirche tätig sind. Outen sich als homosexuell, als transsexuell, als nicht binär, als queer, als nicht den strengen Vorgaben des katholischen Katechismus entsprechend. Mit einem Manifest, einem Film, einem Buch unterstreichen sie ihre Forderung nach Anerkennung innerhalb der Strukturen der katholischen Kirche, aber auch in der Gesellschaft. Das Medienecho auf die Initiative #outinchurch ist gewaltig.
Schon im vergangenen Jahr gibt es ein ähnliches öffentliches Outing. Unter dem Hashtag #actout machen 185 Schauspielerinnen und Schauspieler ihre Queerness in einem Manifest in der Süddeutschen Zeitung öffentlich. Ebenfalls ein medialer Paukenschlag. In der Folge wird #teachout ins Leben gerufen. Pädagoginnen und Pädagogen wollen damit für mehr queere Vielfalt im Bildungswesen werben.
Queerness als neue Normalität
Kirche, Film und Fernsehen, Schule, das bringt man nicht auf Anhieb unter einen Hut. Muss man auch gar nicht. Was die öffentlichen Outings zeigen, ist, dass queere Vielfalt vorhanden ist, und zwar überall. Was sie leider auch zeigen: So lange solche Aktionen als „mutig“, als „gewaltiger Schritt“ bezeichnet werden, so lange diejenigen, die sich outen, Angst vor beruflichen oder gesellschaftlichen Konsequenzen haben müssen, so lange ist Queerness nicht als neue Normalität anerkannt. Dafür braucht es eine aufgeklärte Gesellschaft. Und genau da setzt eine Kampagne der Stadt Augsburg an. „Abenteuer Kindheit und Jugend“ klärt auf über Liebe und Sexualität, über sexuelle Orientierung und Vielfalt, über Selbstwahrnehmung und Selbstbehauptung.
„Wir verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz. Unser Ziel ist es, Kinder zu mutigen, aufgeklärten Menschen zu machen. Nur, wer rechtzeitig und umfassend aufgeklärt worden ist, kann zu einem selbstsicheren, toleranten Erwachsenen heranwachsen. Tolerante und selbstsichere Erwachsene aber sind das Fundament des sozialen Friedens in einer Metropole wie Augsburg“, sagt Martin Schenkelberg, Sozialreferent der Stadt Augsburg. „Die präventive Arbeit mit Kindern und Jugendlichen hat einen ganz hohen Stellenwert“, ergänzt Joachim Herz, der Leiter des Amtes für Kinder, Jugend und Familie. „Entsprechend werden wir unter dem Dach der Kampagne nach und nach weitere kinder- und jugendrelevante Präventionsthemen in den Fokus nehmen.“
Das sind die Themengebiete der Aufklärungskampagne
Verantwortlich für die Aufklärungskampagne ist vor allem Hanna Deggendorfer mit ihrem Team des Fachbereichs Präventive Kinder- und Jugendhilfe. „Abenteuer Kindheit und Jugend“ richtet sich jedoch nicht nur an Kinder und Jugendliche selbst, sondern auch an deren Eltern sowie pädagogische Fachkräfte und Mitarbeitende in Vereinen, in der Jugendarbeit, in Freizeiteinrichtungen. Die Kampagne kommt in einem frechen Pink daher. Comicbilder und griffige Slogans definieren die verschiedenen Themengebiete:
- Aufklärung und Gesundheit: Schwanger vom Badewasser?
- Freundschaft, Liebe und Beziehung: BFF, Sex oder Liebe?
- Sexuelle Orientierung und Vielfalt: Ich bin wie ich bin!
- Prävention sexualisierter Gewalt: Nein heißt nein!
- Selbstwahrnehmung und Selbstdarstellung: Fake you?!
„Zu all diesen Schwerpunkten gibt es bereits Beratungs- und Hilfsangebote in und um Augsburg“, erklärt Hanna Deggendorfer. „Mit der Kampagne führen wir nun alle Akteure zusammen, koordinieren deren Zusammenarbeit, entwickeln neue Formate und platzieren das Angebot mit der Kampagne im Bewusstsein der Öffentlichkeit.“
Fachkräfte hatten bereits im Oktober bei einem digitalen Fachtag die Möglichkeit, das Themenspektrum zu erkunden. Die Kooperationspartner der Kampagne – Augsburger Vereine, Organisationen und Einrichtungen – informierten zu ihren Schwerpunkten: kindliche Sexualität, sexualisierte Gewalt, Queerness, Geschlechterbilder, Aufklärungsirrtümer, Sex und Behinderung und vielem mehr.
Schon früh den Grundstein für ein tolerantes Miteinander legen
Das Programm zeigt: Der Grundstein für ein offenes und tolerantes Miteinander kann schon in frühester Kindheit gelegt werden. Dazu gehört die Abkehr vom Rollenklischee „Rosa für Mädchen, blau für Jungs“, die Enttabuisierung der kindlichen Neugier auf den eigenen und andere Körper, die Sexualerziehung in der Kita. Gleichzeitig muss schon früh geschult werden, wo Grenzen sind und wie sie gezogen werden.
Was gilt als harmloses Doktorspiel, wo fängt sexueller Übergriff an? Wie viel Selbsterfahrung am eigenen Körper ist in welchem Alter normal? Wie kläre ich mein Kind auf? Wo gibt es professionelle Hilfe? Für einen positiven Umgang mit Sexualität plant das Jugendamt zusätzlich zu den Angeboten ihrer Partner Vortragsreihen für Eltern sowie Schulungen von Fachkräften.
„Bei Jugendlichen geht die Kampagne den direkten Weg“, sagt Petra Drieschner vom Kampagnen-Team. „Pilotprojekt etwa war ein Mitmach-Parcours an der Hans-Adlhoch-Schule in Pfersee, an dem auch Schülerinnen und Schüler der Mittelschule Centerville-Süd teilnahmen.“ Der Parcours „Liebesleben“ wurde von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) entwickelt und besteht aus mehreren Modulen. Diese spiegeln in ähnlicher Weise auch die Schwerpunkte der Augsburger Kampagne wider:
- Schutz und Safer Sex – Da bin ich mir sicher.
- Freundschaft und Beziehung – Da weiß ich, was mir wichtig ist.
- Körper und Gefühle – Da bin ich zufrieden mit mir.
- HIV und andere STI (sexually transmitted infections = sexuell übertragbare Krankheiten) – Da weiß ich, was zu tun ist.
- Sexualität und Medien – Da finde ich mich zurecht.
- Vielfalt und Respekt – Da bin ich offen für alles.
Die Stationen haben praktische, aber auch theoretische Inhalte: An einem Penis-Baum etwa konnten die Schülerinnen und Schüler den korrekten Umgang mit einem Kondom üben. In Rollenspielen konnten sie nachspielen, wie man sich mit der Diagnose STI richtig verhält oder wie man mit Cybermobbing umgeht. Auch wie man Geschlechtsteile beim Namen nennt, wie man Wünsche innerhalb einer Freundschaft richtig äußert, wie man diskriminierende Verhaltensweisen ablegt und welche Vielfalt an unterschiedlichen Lebensformen und sexuellen Orientierungen es gibt, konnten die Achtklässlerinnen und Achtklässler erfahren.
Den Wissensdurst von Jugendlichen stillen
Navina Sunder ist Jugendsozialarbeiterin der gfi gGmbH an der Centerville-Schule und hat den Projekttag begleitet. „Es war richtig schön, zu sehen, wie die Schülerinnen und Schüler mit jeder Station immer lockerer wurden und sich auf die einzelnen Module eingelassen haben“, erzählt sie. „Man hat gemerkt: Das Interesse ist groß, die Jugendlichen sind begierig drauf, mehr zu lernen und sich richtig zu verhalten. So ein interaktiver Parcours kann das viel besser als jeder Vortrag.“ Sie möchte einzelne Module künftig auch im Rahmen ihrer JaS-Tätigkeit in Ergänzung zum Unterricht verwenden. Aktuell arbeitet Sunder unter anderem an einer Einheit für die sechsten Klassen, um den klassischen Sexualkundeunterricht mit Elementen aus dem Parcours anschaulicher zu gestalten und ihre Zielgruppe praxisnäher zu erreichen.
Der Koffer mit allen Parcours-Elementen steht auch im Jugendamt. Dort plant man weitere Aktionstage, auch der Verleih einzelner Module ist angedacht. „Die BZgA hat uns mit dem Material quasi einen Werkzeugkoffer an die Hand gegeben, der genau unserem Anliegen entspricht: nämlich die Aufklärung und präventive Jugendarbeit“, sagt Drieschner. Dazu gehört auch, die bestehenden Beratungs- und Hilfsangebote besser publik zu machen.
„Jugendliche in ihrer Selbstfindungsphase fühlen sich oft sehr alleingelassen mit ihren Problemen“, weiß Petra Drieschner. „Wir wollen mit der Kampagne zeigen: Du bist nicht allein. Bei XY findest du Hilfe oder Gleichgesinnte.“ Hanna Deggendorfer ergänzt: „Wir wollen mit der Kampagne erreichen, dass sich niemand als abnormal abstempeln lassen muss, sondern selbstsicher und geborgen mit der eigenen Persönlichkeit und Sexualität umgeht.“ Dazu muss man in vielen kleinen Schritten vorangehen. Aber auch die gehen den Weg zu einer aufgeklärten und toleranten Gesellschaft.
Hier gibt es Hilfe und Ansprechpartner |
Amt für Kinder, Jugend und Familie, Präventive Kinder- und Jugendhilfe Augsburg Zentrum für Aidsarbeit Schwaben (ZAS) - AWO Wildwasser Augsburg e.V. – Beratungsstelle Talitha Augsburg – Fachstelle Mädchenpädagogik Queerbeet Augsburg e.V. pro familia Augsburg e.V. MSA-Medienstelle Augsburg des JFF e.V. Junges Theater Augsburg Donum Vitae - Staatl. anerkannte Schwangerenberatungsstelle Deutscher Kinderschutzbund – Anlaufstelle für Kinderschutz Aktion Jugendschutz Landesarbeitsstelle Bayern e.V.
Weitere Infos: augsburg.de/abenteuerkindheitjugend |
Der Artikel erschien in unserer Sonderbeilage "Gute Aussichten - Mit Mut in die Zukunft". Dort finden Sie weitere Themen, die Mut machen.
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