Bergregionen in Bayern bereiten sich auf Besucheransturm vor
Nach dem Ausflügler-Andrang im Corona-Sommer 2020 wollen Bayerns Tourismusregionen Besucher dieses Jahr besser lenken. Durch Online-Empfehlungen wird das aber immer schwieriger. Helfen sollen nun Schilder, Ranger und bessere Daten.
Mit Blick auf die Allgäuer Hochalpen zur Ruhe kommen: Das war auf dem Riedberger Horn im vergangenen Jahr oft nicht möglich.
Erklommen in den Vorjahren nie mehr als 300 Besucher pro Tag den 1787 Meter hohen Berg, meldete ein Messgerät des Zentrums Naturerlebnis (ZN) Alpin während des Corona-Winters bis zu 1000 Gipfelstürmer an einem Tag. "Das ist verständlich, die Leute wollen raus", sagt der Leiter des ZN Alpin, Ethelbert Babl.
Aufklären und Erklären im Umgang mit Natur
Doch der wachsende Wunsch nach Freizeit in Bayerns Bergen verursacht während der Pandemie vor Ort viele Probleme. Auf dem Riedberger Horn stören Ausflügler den Lebensraum des gefährdeten Birkhuhns. In Oberbayern blockierten Anwohner im Sommer Straßen aus Protest gegen den Ausflugsverkehr. Der Nationalpark Bayerischer Wald klagte im Dezember über Besucher, die "kreuz und quer" durch das Gebiet liefen - ohne Rücksicht auf geltende Regeln.
Angesichts weiter geschlossener Grenzen, stillstehender Seilbahnen und anstehender Osterferien stehen die Ausflugsregionen nun vor der Frage: Wie kann der Ausflügler-Ansturm in einem möglichen zweiten Corona-Sommer besser unter Kontrolle gebracht werden?
Der Landkreis Oberallgäu setzt bei der Besucherlenkung auf die Erweiterung eines Konzepts im Naturpark Nagelfluhkette. Unter dem Titel "Dein Freiraum. Mein Lebensraum" werden dort Wanderer, Mountainbiker und Skitourengeher auf mehr als 170 Tafeln nicht nur darauf hingewiesen, welche Bereiche tabu sind. "Wir machen das immer mit der Erklärung, weshalb wir die Leute bitten, bestimmte Bereiche nicht zu betreten", sagt der Vorsitzende des Naturpark-Vereins, Rolf Eberhardt. "Das spricht die Menschen positiv an."
Aufmerksamkeit und Respekt schärfen
Zwar habe es im Corona-Jahr 2020 trotzdem "punktuelle Probleme" mit der Besucherlenkung gegeben, sagt Eberhardt. "Es läuft aber erstaunlich gut." Deshalb würden auch andere Regionen über eine Adaption nachdenken. Der Tourismusverband Ostbayern setzt unter dem Titel "Respektvoll unterwegs" auf eine ähnliche Strategie. Schilder allein reichten aber nicht, betont Naturpark-Chef Eberhardt. "Es muss auch eine Institution und Personal geben, die das betreut."
In den 19 bayerischen Naturparks sollen daher künftig mehr Ranger unterwegs sein. Je nach Größe des Areals fördert der Freistaat nach Angaben des Umweltministeriums zwei bis vier Stellen mit 90 Prozent der Kosten. Derzeit arbeiteten dort mehr als 40 Ranger, sagt ein Ministeriumssprecher. Knapp 20 weitere Stellen sollen noch besetzt werden: "Das geht kontinuierlich voran."
Dazu kommen nach Angaben des Ministeriums bayernweit mehr als 800 ehrenamtliche Naturschutzwächter und staatliche Ranger in den Nationalparks Bayerischer Wald und Berchtesgaden, im Biosphärenreservat Rhön und am ZN Alpin. Auch Landratsämter in Ausflugsregionen setzen vermehrt Ranger ein. Im Landkreis Garmisch-Partenkirchen zum Beispiel würden drei Halbtagskräfte eingestellt, teilte Landratamts-Sprecher Stephan Scharf mit.
Digitale Besucherlenkung in den Ausflugsregionen
Oft sind die Ranger aber nicht nur in der Natur, sondern auch im Netz beschäftigt. Viele Ausflügler nutzten Online-Quellen für Tourenempfehlungen, sagt Carolin Scheiter vom Nationalpark Berchtesgaden. "Die Gäste meiden viel begangene Wege, möchten "allein" und "in Ruhe" in den Bergen unterwegs sein und suchen nach "Geheimtipps" - die einige dann wiederum in sozialen Netzwerken teilen." Der folgende Ansturm mache Sperrungen oft unausweichlich.
"Unsere Ranger durchforsten deshalb auch soziale Medien", sagt Ethelbert Babl vom ZN Alpin. Gegebenenfalls würden die Absender gebeten, die problematische Beiträge zu entfernen: "Mit dieser Arbeit wird man aber nie fertig."
Doch die Digitalisierung bietet bei der Besucherlenkung auch Chancen. Die Allgäu GmbH und die Alpenregion Tegernsee-Schliersee arbeiten an digitalen Systemen zur Besucherlenkung - mit Echtzeitdaten zur Verkehr und Parkplätzen. So sollen Besucher schon vor der Ankunft Alternativen suchen können.
Ausflugsticker, Bayerncloud und Tourismusentwicklung
Noch einen Schritt früher setzt das vom Freistaat geförderte Projekt "Bayerncloud Tourismus" an. Die Datendrehscheibe soll unter anderem Outdoor-Apps und Tourismus-Plattformen mit so vielen Informationen versorgen, dass sich Voraussagen darüber treffen lassen, wann es wo besonders voll wird. Gleichzeitig sollen Ausflügler schon vor der Abfahrt Alternativen empfohlen bekommen.
Die Entwicklung werde aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen, sagt Guido Sommer vom Wissenstransferzentrum Füssen "Innovative und Nachhaltige Tourismusentwicklung". "Da die benötigten Daten dafür vielfach nicht vorliegen, wird es nach meiner Einschätzung mindestens zwei bis drei Jahre dauern, bis das beginnt zu greifen."
Ein erster Versuch digitaler Besucherlenkung verlief 2020 nur bedingt erfolgreich. Der "Ausflugsticker Bayern" des Wirtschaftsministeriums wurde vor allem in Oberbayern genutzt, wo das Angebot schon zuvor eingeführt worden war. Während dort 1,9 Millionen Mal auf die Plattform zugegriffen wurde, hielt sich das Interesse im Rest Bayerns mit rund 55.000 Aufrufen in Grenzen.
Zwar gebe es auch mit Schildern, Rangern und digitaler Hilfe keine Garantie, dass Besucherlenkung funktioniere, betont der Leiter des ZN Alpin, Eberhardt Babl. Ausflügler fernhalten wolle man trotz des erwarteten Ansturms aber nicht: "Wir wollen auf keinen Fall eine Situation, wo gesagt wird: "Münchner, bleibt zuhause"."
© dpa-infocom, dpa:210323-99-934765/3 (dpa)
It's Magic: Besuch eines Klosterfestes im indischen Ladakh
Tipps der Reisebüros aus Augsburg und Umgebung
Planen auch Sie gerade Ihren nächsten Urlaub? Träumen Sie von Palmen oder Berggipfeln? Die Experten der Reisebüros aus Augsburg und der Region hätten da einige Tipps.
Hotel Birkenhöhe: Genuss in den Bergen
Das Hotel Birkenhöhel punktet mit ausgesuchter Gastronomie, großzügigen Zimmern und einem großen Wellnessbereich. Zum Frühling 2024 gibt es ein spezielles Angebot.
Südsee ungeschminkt: Auf der Suche nach dem echten Tahiti
Korallenriffe, Puderstrände, üppige Flora: Tahiti hat offenkundige Reize. Wer aber polynesische Kultur sucht, dringt am besten ins Inselinnere oder zu kleineren Inseln vor - oder geht einfach essen.
Mit Zuckerguss ins Wochenende
Jeden Freitag leckere Rezeptideen, Tipps und Tricks rund ums Backen.
Kostenlos Newsletter abonnierenÖsterreich sucht den Schneeballschlacht-Meister
Eine Art Völkerball im Schnee, vergünstigt Skilft fahren im Dirndl oder im Kilt auf Kärntner Pisten: Der Spätwinter in den österreichischen Alpen hält Kurioses bereit.
Gläserne Träume auf der Glasstraße
Die Glasstraße in Ostbayern zählt zu den ganz besonderen Ferienstraßen Deutschlands. Wo sie zu finden ist und was sie bietet erfahren Sie hier.
Unterwegs im Welterbe Oberharzer Wasserwirtschaft
Becken, Pumpen, Stollen: Das "Harzer Wasserregal" ist das größte vorindustrielle Energieversorgungssystem weltweit, laut Unesco ein Meisterstück der Ingenieurkunst. Auch das Wandernetz ist riesig.