Flugsteuer: Erhöhte Ticketabgabe sorgt für Unruhe
Hannover/Frankfurt/Berlin (dpa) - Die neue Flugsteuer empört Reiseveranstalter und Urlauber. Bisher gibt es nur einen Gesetzentwurf. Doch die Reisenden sollen die Ticketabgabe trotzdem schon zahlen - eine Grauzone für Reisebüros und Fluglinien.
Die neue Abgabe auf Flugtickets sorgt für Unruhe in der Reisebranche. Einige Fluggesellschaften wie die Lufthansa erheben die neue Steuer bereits. Auch Pauschalreisen könnten teurer werden. Der Deutsche Reiseverband (DRV) sieht erhebliche Probleme. Denn bislang gibt es nur eine Gesetzesinitiative, die aber schon seit dem Kabinettsbeschluss am 1. September gelten soll. Damit wollte die Bundesregierung verhindern, dass Frühbucher die Steuer vermeiden können.
Der größte deutsche Reiseveranstalter Tui stellte am Dienstag (7. September) klar, dass er für Flugreisen im kommenden Jahr ab sofort zur Kasse bittet. Andere Veranstalter prüfen noch, ob und in welcher Höhe die Abgabe berechnet werden soll.
Bei Tui müssen Reisende je nach Länge des Fluges 10, 28 oder 50 Euro zahlen. Das ist sogar mehr als in dem vom Kabinett beschlossenen Entwurf vorgesehen. Danach sollten bei Inlandsflüge und europäischen Kurzstrecken 8 Euro, bei Mittelstreckenzielen 25 und für Fernreisen 45 Euro zusätzlich an den Fiskus abgeführt werden. Tui begründete die höheren Beträge mit Kosten für Verwaltungsumstellung und Provisionen für die Reisebüros. Zudem ist für inländische Flüge die Mehrwertsteuer auch auf die Ticketabgabe zu zahlen.
Auch Europas zweitgrößter Reiseveranstalter Thomas Cook entschied, ab sofort in Deutschland die Steuern und Mehrkosten umzulegen. Hier werden Tickets für die Nahstrecke mit neun Euro belastet, für die Mittel- und Fernstrecke werden wie bei TUI 28 oder 50 Euro fällig. Betroffen sind Veranstalter wie Neckermann Reisen, Thomas Cook Reisen oder auch Bucher Last Minute. Beim Reiseanbieter Dertour hieß es, die Umsetzung werde noch geprüft.
"Die Branche soll die Steuer erheben, ohne dass es bereits Gesetz ist", klagt DRV-Sprecher Torsten Schäfer. "Wir haben so eine Situation noch nie gehabt." Vieles sei noch unklar und manche Fluggesellschaft habe sich vorbehalten, die Steuer nachträglich zu erheben. Das führe zur Verunsicherung der Kunden. "Es ist vom Gesetzgeber nicht nachgedacht worden, wie das praktisch umzusetzen ist."
Bei Lufthansa werden die Steuern seit Samstag (4. September) für Tickets ab Jahresbeginn 2011 eingepreist. "Wir sind dazu gezwungen, das so schnell wie möglich umzusetzen", sagte ein Sprecher. Unklar sei, ob die Steuer bei zuvor gekauften Tickets nachgefordert werden soll. Das werde noch geprüft. An ihren 99-Euro-Tickets inklusive aller Steuern und Gebühren will Lufthansa aber auch kommendes Jahr festhalten. Nationale Alleingänge mit derartigen Steuern seien "absolut unstimmig", sagte der Sprecher und verwies auf negative Erfahrungen in den Niederlanden, wo die Steuer zu einem Milliarden-Umsatzverlust vor allem bei den Airlines und der Streichung tausender Jobs geführt habe.
Das Vorgehen der Lufthansa als größter deutsche Airline hat auch Auswirkungen auf andere Fluggesellschaften. Denn Lufthansa hatte die neue Abgabe der internationalen Luftfahrtorganisation IATA gemeldet, die sie dann für alle Flüge ab Deutschland in die Buchungssysteme einstellt. Damit gilt die Steuer auch für Tickets aller anderen Airlines, sofern diese keinen anderen Antrag bei der IATA stellen und die Tickets über die großen Buchungssysteme gekauft werden.
Beim Ferienflieger Condor zum Beispiel wird die Steuer daher eingerechnet, sofern Tickets im Reisebüro über große Buchungssysteme wie zum Beispiel Amadeus gekauft werden. Tickets bei Condor-Agenturen oder auf dem Online-Portal der Airline sind dagegen noch zum alten Preis zu erhalten.
Der Airline-Verband Barig berichtete von Problemen der Airlines bei der Umstellung der Buchungssysteme wegen der kurzen Frist, die von der Bundesregierung gesetzt worden sei. "Es herrscht großer Unmut", sagte Generalsekretär Martin Gaebges in Frankfurt. Der Verband von derzeit 103 Airlines rechnet mit weniger Fluggästen von den deutschen Flughäfen. Vor allem in den Grenzregionen werde es Ausweichbewegungen auf Flughäfen in nahe Nachbarstaaten geben. Besonders in Nordrhein-Westfalen gebe es zahlreiche Alternativen für die Passagiere.
Verwerfungen werde es auch auf den Langstrecken geben, sagte Gaebges. So könnten Reisende zum Beispiel Steuern sparen, wenn sie von Hamburg über London in die USA reisen statt über Frankfurt. Die Erfahrungen mit der schnell wieder eingestellten Steuer in den Niederlanden habe die verheerenden Folgen einer national begrenzten Abgabe gezeigt, sagte Gaebges. "Europa ist aus der Sicht der Langstreckengesellschaften sehr klein. Die Wahl eines anderen Zielflughafens bedeutet nur wenige Minuten Unterschied, so dass die Unternehmen andere Schwerpunkte setzen werden. Das Wachstum geht dann halt nach Amsterdam, Paris, London oder Madrid."
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