China macht ernst im Kampf gegen Plastik
Das bevölkerungsreichste Land der Welt produziert auch den meisten Müll. Nun verbietet die Regierung bestimmte Einwegprodukte.
Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt nimmt einen wichtigen Meilenstein zur plastikfreien Zukunft: Das Umweltministerium in Peking kündigte an, dass Supermärkte keine Plastiktüten mehr ausgeben, Gastronomiebetriebe keine Plastikstrohhalme verwenden und die omnipräsenten Essenskuriere kein Plastikbesteck mehr benutzen dürfen. Die Regelungen sollen in allen großen Metropolen des Landes bereits ab Ende dieses Jahres gelten.
Kleineren Städten wird mehr Vorlaufzeit für die neuen Gesetze gegeben. Sie müssen sie erst bis 2025 umsetzen. Auch der in China so weit verbreitete Online-Versandhandel ist von den neuen Direktiven betroffen. Paketdienste in großen Städten wie Peking und Schanghai dürfen die Waren nicht mehr zusätzlich mit Plastikfolie verpacken, Kurierdiensten wird der Einsatz gewebter Kunststoff-Säcke untersagt.
Präsident Xi Jinping hat den Umweltschutz als Kernaufgabe erkannt
Von den chinesischen Umwelt-NGOs werden die Richtlinien positiv bewertet: „Peking geht das Plastik-Problem ernsthaft an und drängt auf Mehrwegbehälter“, sagt Tang Damin vom chinesischen Greenpeace-Büro. Vor allem die boomenden Essenslieferdienste und der Online-Versandhandel haben im Land eine regelrechte Wegwerfkultur eingeführt. Dies spiegelt sich auch in den Statistiken wieder. Beim Verbrauch von Plastik liegt China weltweit an der Spitze. 2017 häufte die Volksrepublik der Weltbank zufolge 210 Millionen Tonnen Abfall an – mehr als die USA. Da das Milliardenvolk viel Kunststoff verbraucht und dabei wenig recycelt wird, verschmutzt das Plastik die Landschaft und landet oft in den Gewässern.
Jahrelang hatte China zudem das Gros des recycelbaren Plastikmülls aus den führenden Industrienationen importiert, um diesen weiterzuverarbeiten. Das Riesengeschäft hatte Schattenseiten: Nicht selten wurden unbehandelte Kunststoffabfälle schlicht auf Müllhalden abgeladen. Anfang 2018 hat Peking die Importe quasi über Nacht gestoppt, vor allem um die heimische Umwelt und Luftqualität zu schützen.
China tut in Sachen Umweltschutz zur Zeit einiges
Mit dem jetzigen Plan zur weiteren Plastik-Reduktion hofft die chinesische Regierung, die Umweltverschmutzung bis Mitte des Jahrzehnts „wirksam unter Kontrolle zu bringen“ und die Menge von Plastikabfällen auf den Müllkippen wichtiger Städte „bedeutend zu reduzieren“. Die Gastronomie müsse demnach ihren Plastikverbrauch um 30 Prozent mindern. Mit welchem Strafmaßnahmen die Regelung durchgesetzt wird, ist bislang noch nicht bekannt, doch Tang von Greenpeace ist sich sicher, dass die Regierung das schaffen wird. Generell hat der Umwelt-Experte in den letzten zwei Jahrzehnten einen Paradigmenwechsel beobachtet: Trieb früher vor allem der Zivilsektor den gesellschaftlichen Wandel an, geschieht dies mittlerweile oft von oben herab. „Es ist gut, dass der Staat die Bedeutung des Problems realisiert hat“, sagt Tang. Gleichzeitig jedoch hat die Regierung den Spielraum von Nichtregierungsorganisationen massiv beschnitten.
Zweifelsohne hat sich in China hat in Sachen Umweltschutz zuletzt einiges getan: Peking, Schanghai und die Küstenstädte konnten die Feinstaubbelastung deutlich senken, wie eine aktuelle Studie des Centre for Research on Energy and Clean Air belegt. Landesweit hat sich das Problem jedoch nur verschoben: In vielen Provinzen werden weiter massiv Kohlekraftwerke gebaut. Präsident Xi Jinping hat den Umweltschutz wiederholt als eine der wichtigsten Herausforderungen der Gegenwart benannt. Im Jahr 2017 hat China in erneuerbare Energien mehr investiert als die USA, EU und Japan zusammen. Mittlerweile wird jede zweite Solarzelle weltweit in der Volksrepublik installiert.
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