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Luftverkehr: Turbulenzen in der Flugbranche lassen nicht nach

Luftverkehr

Turbulenzen in der Flugbranche lassen nicht nach

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    Die Zahl der Flugpassagiere ist drastisch eingebrochen.
    Die Zahl der Flugpassagiere ist drastisch eingebrochen. Foto: Andreas Arnold, dpa

    In den 80er Jahren sind Flugzeuge nach München noch in Riem gelandet. Im Erdinger Moos in Memmingerberg sind keine Jets mit Urlaubern abgehoben, sondern Jagdbomber der Bundeswehr. Fliegen galt als teuer, gut 70 Millionen Passagiere wurden in der damaligen Bundesrepublik pro Jahr gezählt. Im Jahr 2019 waren es im wiedervereinigten Deutschland 250 Millionen. Die Differenz zwischen diesen beiden Zahlen markiert in etwa die Dimension des Problems, vor dem nicht nur die Fluglinien, sondern die gesamte Branche mit Flughäfen, Flugsicherung und Dienstleistern sowie Flugzeugbauern samt Zulieferern in der Corona-Krise steht.

    Nach den Schätzungen des Flughafenverbands ADV wird die Zahl der Passagiere bis zum Jahresende auf dem niedrigen Niveau der 1980er Jahre bleiben. Die Folge sind riesige Überkapazitäten – und das wohl noch für lange Zeit. Unter der Voraussetzung, dass ab 2021 ein Impfstoff zur Verfügung steht, könnte der Passagierverkehr von und nach Deutschland frühestens 2025 wieder das Niveau von vor der Krise erreichen, schätzt der ADV. Doch so lange halten die meisten Unternehmen ohne Hilfe wohl nicht durch. Für Freitag hatte Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) daher zu einem Luftverkehrsgipfel eingeladen. Bei der anschließenden Videopressekonferenz signalisierten der Minister und die Vertreter der Branche große Einigkeit – und zeigten auf die Person, die nicht zugeschaltet war: Finanzminister Olaf Scholz (SPD).

    Flughäfen offen zu halten war betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll

    Tatsächlich hat der Bund bereits viel Geld zur Stützung der Flugwirtschaft mobilisiert. Neben dem milliardenschweren Stützungspaket für die Lufthansa ist die Kurzarbeit quer durch die Branche noch immer auf hohem Niveau. Erst am Donnerstag hat zudem der Haushaltsausschuss des Bundestags für den Kauf von 38 neuen Eurofightern gestimmt. Zudem gibt es Programme zur Modernisierung der Flugzeugflotten. Thomas Jarzombek (CDU), der Koordinator der Bundesregierung für die Deutsche Luft- und Raumfahrt, bekräftigte ausdrücklich die Verantwortung des Bundes und der Länder, sich an den Kosten für die Bereithaltung der Infrastruktur zu beteiligen. Betriebswirtschaftlich sei es sicher nicht sinnvoll gewesen, die Flughäfen im Frühjahr offen zu halten, sagte auch Peter Gerber, der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL). Aber für das Land sei es extrem wichtig gewesen – etwa für den Import von Masken und Schutzkleidung oder die Rückholung deutscher Touristen im Ausland. Jetzt sei die Lage ähnlich dramatisch.

    Nur noch wenige Länder gelten nicht mehr als Risikogebiete. Weil Flugreisende nicht mehr mit einem negativen Corona-Test bei der Einreise die Quarantänepflicht umgehen können, sei das Reisen quasi unmöglich geworden. Die Branche setzt darum große Hoffnungen auf eine neue Teststrategie. Die Lufthansa startet nächste Woche auf eigene Initiative hin erste Flüge mit ausschließlich negativ getesteten Fluggästen. Auf einzelnen Flügen zwischen München und Hamburg sollen alle Passagiere vor Flugantritt einen kostenlosen Antigen-Schnelltest machen. Ersatzweise könnten die Passagiere einen höchstens 48 Stunden alten negativen PCR-Test vorlegen oder sich kostenfrei auf einen anderen Flug umbuchen lassen. „Wir müssen wieder ins Fliegen kommen“, bekräftigte auch ADV-Präsident Stefan Schulte. Jarzombek signalisierte Unterstützung für diese Forderung: Geschäftlich Reisende müssten künftig anders bewertet werden als Touristen, sagte er.

    Neuer Streit um Regionalflughäfen droht

    Für Streit dürfte noch die Frage sorgen, ob und mit wie viel Geld die bereits vor der Krise häufig defizitären Regionalflughäfen gestützt werden sollen. Wenn der Flugbetrieb über Jahre hinaus reduziert wird, werden diese Strukturen noch teurer. Der ADV hatte vor der Konferenz bereits die Kosten für die Vorhaltung der Infrastruktur vorgerechnet. Demnach fielen allein von März bis Juni 740 Millionen Euro dafür an. Dieses Geld solle nun in Form nicht rückzahlbarer Darlehen zurückfließen.

    Rechtlich möglich ist das dank einer zeitlich befristeten Aussetzung wesentlicher Teile des EU-Beihilferechts. Bund, Länder und Kommunen können seit Mitte August entgangene Erlöse ausgleichen. Nach Zahlen des BUND sind seitdem 1,36 Milliarden Euro an verschiedene Flughäfen geflossen. Bis heute verweigere Scheuer aber alle Angaben dazu, welche Flughäfen davon profitiert hätten, sagte BUND-Chef Olaf Bandt in einer Reaktion auf den Gipfel.

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