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Analyse: Teuer, aber wirksam: Diese fünf Gründe sprechen dagegen, das Elterngeld abzuschaffen

Analyse

Teuer, aber wirksam: Diese fünf Gründe sprechen dagegen, das Elterngeld abzuschaffen

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    Das Elterngeld hilft Eltern dabei, sich im ersten Jahr Zeit für ihr Kind zu nehmen.
    Das Elterngeld hilft Eltern dabei, sich im ersten Jahr Zeit für ihr Kind zu nehmen. Foto: Christin Klose, dpa (Symbolbild)

    Union und SPD verhandeln noch, wie genau sie das Land führen wollen. Doch schon jetzt ist klar: Sie müssen sparen. Und Ideen, wie das ginge, geistern einige umher. Eine davon: das Elterngeld streichen. Aufgebracht hat diese Diskussion, der Ökonom und Chef des ifo-Instituts, Clemens Fuest. Er sagte in einem Interview mit der Welt am Sonntag: „Das Elterngeld würde ich ganz abschaffen. Es ist ein klassischer Fall von nice-to-have, aber nicht prioritär“.

    Nun ist die Entscheidung, welche Vorhaben „prioritär“ sind, eine eher subjektive. Schauen wir die Debatte aus einer anderen Richtung an und fragen: Was hat das Elterngeld denn bisher gebracht?

    Denn, so viel steht fest, das Elterngeld ist teuer. Im Haushalt des Bundesfamilienministeriums macht es den größten Posten aus. Alleine im laufenden Jahr sind dafür knapp 7,8 Milliarden Euro eingeplant. Aber: Die Summe sinkt. Zum einen, weil die Ampel schon gekürzt hat. Ab 1. April 2025 bekommen nur noch Eltern die Leistung, deren Jahreseinkommen unter 175.000 Euro liegt. Dazu kommt: Es werden weniger Kinder geboren. Auch das verkleinert den Kreis derjenigen, die Elterngeld bekommen. Und drittens nutzten schon letztes Jahre weniger Väter das Elterngeld als noch in den Vorjahren. Letzteres ist aber nicht im Sinn der Erfindung. Sieht man die hohen Kosten als Minuspunkt in der Elterngeldbilanz, steht dennoch viel auf der Haben-Seite.

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    Das Elterngeld führt dazu, dass Mütter schneller wieder arbeiten

    Das Elterngeld war von Anfang an keine reine Sozialleistung wie etwa Bürger- oder Wohngeld. Es hat ein zweites Ziel: die (wirtschaftliche) Gleichstellung von Männern und Frauen. Und mehrere Studien kommen zu dem Schluss, dass das – mit Einschränkungen – funktioniert. So ist etwa der Anteil der Mütter mit Kindern unter drei Jahren, die arbeiten, deutlich gestiegen. 2008, ein Jahr nach der Einführung des Elterngelds, lag er bei 46 Prozent. 2022 waren es 62 Prozent.

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    Das Elterngeld fördert Gleichberechtigung

    Ein zweiter Vorteil: Dass Väter berufliche Auszeiten nehmen, ist inzwischen deutlich akzeptierter als vor 18 Jahren. Studien zeigen zudem, dass die Väter, die länger als die verpflichtenden zwei Partnermonate Elterngeld beziehen, sich deutlich mehr an der Kindererziehung und im Haushalt beteiligen. Die unbezahlte Arbeit ist zwar immer noch ungleich verteilt: Frauen wenden etwa 30 Stunden pro Woche für Haushalt und Kinder auf, Männer 21 Stunden. Aber Väter mit längerer Elternzeit schneiden besser ab. Das zeigt: Das Elterngeld wirkt.

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    Wirtschaft und Sozialstaat profitieren von erwerbstätigen Frauen

    Bevor Stimmen laut werden, die sagen: So einen Gleichstellungsunsinn lassen wir uns knapp acht Milliarden im Jahr kosten? Die wirtschaftliche Gleichstellung von Männern und Frauen ist nicht nur im Grundgesetz verankert, sie bringt auch echte Vorteile für die Wirtschaft und den Wohlfahrtsstaat. Durch den Renteneintritt der Babyboomer wächst die Fachkräftelücke im Land, ein Hemmnis für das Wirtschaftswachstum. Ein Mittel sie zu schließen, ist, dafür zu sorgen, dass Mütter früher und mehr arbeiten. Das hat noch mehr Vorteile: Erwerbstätige Frauen zahlen mehr Steuern und mehr Beiträge für Kranken- und Rentenkasse. Wirtschaft und Wohlfahrtsstaat profitieren also von erwerbstätigen Müttern.

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    Länder, in denen mehr Frauen arbeiten sind innvoativer

    Dazu zeigen Studien, dass Länder, in denen vergleichsweise wenige Frauen arbeiten, eine geringere Innovationskraft haben. Eine Untersuchung von McKinsey kommt etwa zu dem Ergebnis, dass eine Verdopplung der Frauenanteile in Tech-Berufen von heute 22 Prozent auf bis zu 45 Prozent im Jahr 2027 in der EU das europäische Bruttoinlandsprodukt um 260 bis 600 Milliarden EUR steigen ließe.

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    Der Staat muss Anreize setzen, damit Frauen mehr Kinder bekommen

    Und in der Diskussion kommt noch ein weiterer Punkt zu kurz: Schon jetzt sinkt die Geburtenrate im Land. Denn gut ausgebildete Frauen haben weniger Lust, zugunsten von Kindern auf finanzielle Sicherheit zu verzichten. Heißt: Sie wissen, wie schwer es ist, Kinder und Beruf zu vereinbaren und bekommen deshalb lieber keine Kinder. Nur wenn es bald noch weniger junge Leute gibt, sind das schlechte Nachrichten für die Wirtschaft und das Sozialsystem. Heißt eben: Der Staat muss Anreize schaffen, Kinder zu bekommen. Es ist in seinem Interesse, dass gut ausgebildete Frauen Familie und Beruf vereinbaren können. Das Elterngeld war dazu bisher ein guter Baustein. Verlässliche und gute Kinderbetreuung wären ein anderer.

    Zusammengenommen heißt das: Das Elterngeld ist eine durchaus erfolgreiche Maßnahme und eher nicht nur „nice to have“.

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