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Drohen Zugausfälle zur Fußball-EM? Bahn-Gewerkschaft warnt

Sicherheit

Bahn-Gewerkschaft warnt vor Zugausfällen zur Fußball-EM

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    Zugbegleiter werden immer häufiger Opfer von Aggressionen.
    Zugbegleiter werden immer häufiger Opfer von Aggressionen. Foto: Henning Kaiser, dpa

    Die Gewalt in Bussen und Bahnen nimmt zu. Nach Angaben der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG ist die Zahl der Körperverletzungen von Bahnbeschäftigten im vergangenen Jahr auf über 3000 gestiegen. 2014 waren es noch 1500 Fälle. Laut einer eigenen Umfrage der EVG unter ihren Mitgliedern sind über 80 Prozent von ihnen bereits Opfer eines verbalen oder körperlichen Übergriffs geworden. Über ein Drittel der Befragten gibt an, sich bei der Arbeit unsicher zu fühlen.

    Einen Grund für diese Entwicklung sieht der bayerische EVG-Chef Dirk Richter im Verschwinden bestimmter Werte im Zusammenleben. "Die Stimmung in der Gesellschaft hat sich verändert. Das spüren alle, die für die Ordnung im öffentlichen Raum zuständig sind, auch Rettungskräfte und Feuerwehren. Auch in Bussen und Zügen haben wir ein zunehmendes Gewaltpotenzial", sagte er unserer Redaktion.

    Sorge vor Fan-Randale während der Fußball-EM

    Doch aus Sicht des Gewerkschaftlers ist ein Teil der Ursachen auch hausgemacht. "Die Sparmaßnahmen der vergangenen 20 bis 30 Jahre bei der Bahn zeigen nun ihre Wirkung. Gerade jetzt an den Feiertagen trifft eine zu geringe Fahrzeugverfügbarkeit auf eine größere Nachfrage durch den starken Ausflugsverkehr. Darauf können wir nicht kurzfristig reagieren. Bei solchen Bedingungen braucht es nicht viel, dass Fahrgäste die Fassung verlieren", so Richter.

    Noch dünner könnten die Nerven vieler Fahrgäste während der anstehenden Fußball-Europameisterschaft werden. Vor allem, wenn "Störungen im Betriebsablauf" auf größere Fangruppierungen treffen, die vom Alkohol enthemmt oder aufgrund einer Niederlage frustriert sind. Da in Bayern mehrere Mannschaften ihr Quartier haben, droht nach Ansicht der EVG auch das Zusammentreffen von Fans, die sich nicht wohlgesonnen sind. Deswegen fordert die Gewerkschaft jetzt mehr Personal in den Zügen.

    "Um die Sicherheit während der Fußball-EM zu garantieren braucht es Konzepte. Wenn es die gibt, kennen wir sie nicht. Aber wenn der Betriebsrat der Bahn Sorge um Leib und Leben der Beschäftigten hat, muss er handeln", sagt der Gewerkschaftsfunktionär. Konkret könne der Betriebsrat über sein Mitbestimmungsrecht die Zustimmung zu Dienstplänen verweigern. Wenn etwa vor oder nach einem Spiel ein Zug von München nach Nürnberg fährt, in dem erwartbar viele Fans mitfahren werden, könnte der Betriebsrat darauf pochen, dass nicht nur ein Zugbegleiter allein dafür eingeteilt ist. Das heißt: Andernfalls könnten die Züge stillstehen.

    EM 2024: Die Züge könnten stehen bleiben

    "Aus dem Betriebsverfassungsgesetz ergeben sich Mitbestimmungsrechte bei Dienstplänen und beim Gesundheitsschutz. Die Betriebsräte werden von ihrem Zustimmungverweigerungsrecht Gebrauch machen, wenn der Arbeitgeber seiner Verantwortung, Gefahrenherde zu beseitigen, nicht nachkommt und Regeln zum Gesundheitsschutz einfordern", erklärt Richter. Sicherheit koste Geld, das sei nicht wegzudiskutieren. Allerdings dürfe dieses Problem nicht einfach bei den Beschäftigten abgeladen werden. Es brauche auch mehr Sicherheitspersonal an Bahnsteigen und in den Zügen. Schließlich sei auch die Bundespolizei durch das Großereignis ohnehin bereits stark belastet.

    "Es geht uns auch um den Schutz der anderen Fahrgäste vor möglicherweise aggressiven Fangruppen", betont EVG-Landeschef Richter. Das Thema Sicherheit behalte auch nach der Fußball-EM seine Dringlichkeit. Eine einfache Lösung dafür sieht auch die Gewerkschaft nicht. Dafür aber eine Reihe von wichtigen Bausteinen. Dazu zählt Richter auch die Ausrüstung der Bahnbegleiter mit Bodycams. In einem Modellversuch habe man damit sehr positive Erfahrungen gemacht. 

    Vor allem aber geht es um mehr Personal. "Die Bahn rekrutiert im großen Stil. Aber die Lücke zu schließen, die sich über Jahre aufgetan hat, ist schwer." Das gelte erst recht, wenn die Beschäftigten sich bei der Arbeit nicht sicher fühlen können.

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