Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

Mindestlohn-Debatte: Wer entscheidet über die zukünftige Lohnuntergrenze?

Arbeitsmarkt

Warum der Mindestlohn so umstritten ist

    • |
    • |
    • |
    Urlaub, Kündigungsschutz und Mindestlohn: Das Arbeitsrecht gilt für Minijobber genauso wie für Vollzeitbeschäftigte.
    Urlaub, Kündigungsschutz und Mindestlohn: Das Arbeitsrecht gilt für Minijobber genauso wie für Vollzeitbeschäftigte. Foto: Frank Rumpenhorst, dpa

    Die Zeit für eine Einigung wird langsam knapp. Bis Ende Juni soll sich die Mindestlohnkommission auf die Höhe der Lohnuntergrenze für die kommenden Jahre einigen. Für Freitag ist eine Pressekonferenz angesagt, doch ob die Einigung bis dahin steht, ist längst nicht ausgemacht. Warum das Thema politisch so umstritten ist und für wen die Entscheidung überhaupt Folgen hat:

    Was ist der Mindestlohn und wie hoch ist er?

    Seit seiner Einführung vor zehn Jahren regelt der Mindestlohn die verbindliche Lohnuntergrenze für alle Beschäftigten in Deutschland. Zum Start im Januar 2015 lag er bei 8,50 Euro. Seitdem ist er in mehreren Stufen bis auf die aktuelle Höhe von 12,82 Euro gestiegen. Umgerechnet verdient ein Mindestlohnbezieher bei einer 40-Stunden-Woche aktuell brutto etwa 2.220 Euro im Monat. Wie viel davon nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen übrig bleibt, hängt unter anderem ab von Steuerklasse, Familienstand oder der Anzahl der Kinder.

    Wer entscheidet über die Höhe des Mindestlohns?

    Der Mindestlohn soll von der politisch unabhängigen Mindestlohnkommission festgelegt werden. In dem von der Bundesregierung berufenen Gremium sitzen je drei Vertreter von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften sowie zwei Wissenschaftler. Hinzu kommt die aktuelle Vorsitzende der Kommission, Christiane Schönefeld, die ebenfalls stimmberechtigt ist. Die Kommission hat sich in einer neuen Geschäftsordnung auf Kriterien festgelegt, anhand derer sie über die Höhe des Mindestlohns entscheiden will. Dazu zählen unter anderem die allgemeine Tarifentwicklung sowie erstmals ein Referenzwert von 60 Prozent des Bruttomedianlohns aller Vollzeitbeschäftigten. Beim Bruttomedianlohn verdient die Hälfte der Beschäftigten mehr als oder genau diesen Betrag, während der Verdienst der anderen Hälfte darunter liegt. Die Kommission kann bei ihren Erwägungen aber von diesen Kriterien abweichen.

    Wie sind die Positionen der Regierungsparteien?

    Mit dem Mindestlohn wird seit seiner Einführung auch Politik gemacht. Im Jahr 2022 hat die Ampel-Koalition sogar direkt in die Autonomie der Mindestlohnkommission eingegriffen und den Mindestlohn zum 1. Oktober 2022 einmalig per Gesetz von 10,45 Euro auf zwölf Euro pro Stunde erhöht. Bundeskanzler Olaf Scholz konnte so ein zentrales Wahlversprechen einlösen, die Union kritisierte dies stark. Auch im vergangenen Bundestagswahlkampf haben sich die Sozialdemokraten für eine Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro starkgemacht. Das wäre ein Plus von 17 Prozent. Im Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD auf eine Formulierung geeinigt, die weitgehend der Geschäftsordnung der Mindestlohnkommission entspricht: „An einer starken und unabhängigen Mindestlohnkommission halten wir fest. Für die weitere Entwicklung des Mindestlohns wird sich die Mindestlohnkommission im Rahmen einer Gesamtabwägung sowohl an der Tarifentwicklung als auch an 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten orientieren. Auf diesem Weg ist ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar.“

    Was sagen die Arbeitgeber?

    Trotz heftiger Querelen vor seiner Einführung gilt der Mindestlohn mittlerweile als weitgehend akzeptiert. Verschiedene Studien kamen zu dem Schluss, dass die Lohnuntergrenze bislang nicht zu einem größeren Verlust von Arbeitsplätzen geführt hat. Die Arbeitgeber warnen aber, dass die Situation nach mehreren Jahren wirtschaftlicher Stagnation nun eine andere sei. Eine zu starke Erhöhung des Mindestlohns könne das gesamte Lohngefüge nach oben schieben, erklärt die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Das ginge zulasten der Wettbewerbsfähigkeit. Auch in Wirtschaftsbereichen, in denen nicht der allgemeine Mindestlohn gilt, sondern ein in der Regel höherer Branchenmindestlohn, dürfte der Druck steigen, den bisherigen Lohnabstand künftig wiederherzustellen. Besonders lohnintensive Tätigkeiten, die kaum automatisiert werden können, drohen unwirtschaftlich zu werden. Der Bauernverband forderte bereits Ausnahmen vom Mindestlohn für Erntehelfer. Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) zeigte sich offen dafür, kassierte aber eine deutliche Abfuhr von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD). Stark betroffen von einer Erhöhung des Mindestlohns wären aber etwa auch Zeitungsverlage bei den Kosten für die Zustellung.

    Was sagen die Gewerkschaften?

    Die Gewerkschaften argumentieren hingegen, dass die fast sechs Millionen Mindestlohnbeschäftigten bislang keinen ausreichenden Ausgleich für die zuletzt stark gestiegenen Preise erhalten haben. Die Kommission werde damit ihrer Aufgabe nicht gerecht, einen Mindestschutz für die Beschäftigten zu gewährleisten, erklärt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Von der politisch beschlossenen Anhebung auf zwölf Euro im Jahr 2022 hätten 5,8 Millionen Menschen direkt profitiert. Besonders Frauen und Minijobber konnten demnach ihr Gehalt verbessern, zum Teil deutlich. Die gestiegene Kaufkraft habe sich positiv auf die Wirtschaft ausgewirkt.

    Was passiert, wenn sich die Kommission nicht einigen kann?

    Die Kommission soll bis Ende Juni die Höhe des Mindestlohns für die Jahre 2026 und 2027 festlegen. Die Einigung dürfte auch deswegen schwerfallen, weil die Arbeitgeber bei der jüngsten Verhandlungsrunde vor zwei Jahren eine recht bescheidene Erhöhung nur mit der Stimme der Kommissionsvorsitzenden durchgesetzt haben. Die Gewerkschaften stehen daher nun unter besonderem Druck. Verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen rechnen mit einer neuen Mindestlohnhöhe zwischen 14 und 15 Euro, wenn die Kommission den von ihr neu beschlossenen Kriterienkatalog berücksichtigt. Kann sich die Kommission nicht auf einen neuen Wert einigen, dürfte ihre künftige Legitimation infrage stehen. Der Ball könnte dann wieder im Feld der Politik liegen. Ein Ergebnis, das die Union nicht will. In ihrem Wahlprogramm hieß es: „Einen politischen Mindestlohn lehnen wir ab.“

    Diskutieren Sie mit
    2 Kommentare
    Franz Wagner

    Der Staat sollte sich aus der Festlegung des Mindestlohns raushalten! Arbeit ist schon teuer genug!

    Willi Dietrich

    Diese Regierung steht kurz vor kritischen Punkten : -Mindestlohn -Maskenanffaire Spahn -CSU gegen Reichinek-Berufung in Geheimdienstausschuss -Klingbeil kommt unter Druck, weil er ein Versprechen bricht Klingbeil ( SPD ) ist offenbar seiner Aufgabe als Finanzminister nicht gewachsen und sollte zllurückreten und Platz freimachen für Verteidigungsminister Pistrius. Kümmert sich Kanzler Merz zu wenig um Innenpolitik oder kann oder will er dies nicht ?

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden