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Wasserstoff in Deutschland: Süden weniger stark abgedeckt

Energie

Wasserstoff-Strategie in Deutschland – droht eine Nord-Süd-Schieflage?

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    Der Bund bringt eine Strategie für den Wasserstoff-Import auf den Weg. Doch die könnte zu kurz greifen.
    Der Bund bringt eine Strategie für den Wasserstoff-Import auf den Weg. Doch die könnte zu kurz greifen. Foto: Bernd Weißbrod, dpa

    Bis 2045 will Deutschland klimaneutral sein. Bei der Umsetzung dieses ehrgeizigen Ziels spielt Wasserstoff eine zentrale Rolle, die Bundesregierung spricht vom „Energieträger der Zukunft“. Sie arbeitet an einem Leitungskernnetz, knapp 9700 Kilometer ist es lang, 2032 soll es komplett in Betrieb sein. Planungen und Fortschritte lassen sich auf einer H2-Karte im Internet verfolgen. Die zeigt allerdings eine Vielzahl von Leitungen im Norden, während die Dichte zum Süden hin ab der Landesmitte immer weiter abnimmt.

    Der CDU-Politiker Andreas Jung ist Vizevorsitzender der Bundespartei, Sprecher der Unionsfraktion für Klimaschutz und Energie und Baden-Württemberger. Er sieht nach aktuellem Stand eine drohende „Nord-Süd-Schieflage“ bei der künftigen Versorgung mit Wasserstoff. „Weite Teile von Baden-Württemberg werden komplett abgehängt“, sagte Jung unserer Redaktion. Wichtige Industriezentren würden von den Wasserstoffleitungen nicht erreicht, in der Folge drohe ganzen Regionen der Technologie-Rückschritt.

    CDU-Politiker Andreas Jung spricht von einem „Treppenwitz“

    Jung wollte es genau wissen und stellte eine vergleichsweise einfache Frage an die Bundesregierung. Wie verteilen sich die Wasserstoffleitungen „auf die einzelnen Bundesländer und in welchem Verhältnis steht das jeweils zur Flächengröße des Bundeslandes?“ Die Antwort der Regierung, die unserer Redaktion vorliegt, lautet: Sie weiß es nicht. Eine „Aufschlüsselung der Leitungskilometer pro Bundesland“ sei „nicht möglich und auch nicht zielführend“. Denn Ziel des Kernnetzes sei es, „eine deutschlandweite Infrastruktur auf Transportebene herzustellen – keine isolierte Infrastruktur in einzelnen Bundesländern.“

    Der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Jung.
    Der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Jung. Foto: Bernd Weißbrod, dpa

    Jung spricht von einem „Treppenwitz“ und weist darauf hin, dass man „Stadtstaaten wie Hamburg oder Bremen nicht mit Flächenländern wie Baden-Württemberg, Sachsen oder Bayern vergleichen“ könne. „Wenn Hamburg angebunden wird, ist es abgedeckt. Eine Anbindung Baden-Württembergs aber vor allem über wenige Verbindungen vom Rhein-Neckar-Raum zur Region Stuttgart wird unserer dezentralen Wirtschaftsstruktur nicht gerecht.“

    Strategie für den Wasserstoff in Deutschland: Kritik an Habeck

    Auch andere kritisieren die Pläne, die hauptsächlich im Haus von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verantwortet werden. „Wir werden langfristig auf den Wasserstoffimport angewiesen sein“, lenkte Timm Kehler, Vorstand des Branchenverbands Zukunft Gas, den Blick auf einen anderen Aspekt und beklagte, es fehle diesbezüglich an Signalen für ausländische Investoren. „Außerdem ist ein einheitliches, internationales Zertifizierungssystem für Wasserstoff von zentraler Bedeutung. Erst damit kann ein globaler Markt entstehen, der unseren Bedarf langfristig deckt“, sagte er.

    Bayern kann „mit der aktuellen Ausgestaltung des Netzes erst mal leben“, wie Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) auf Anfrage erklärte. Die für den Freistaat wichtigen Transportrouten und Grenzübergangspunkte seien in der aktuellen Planung enthalten. „Im Detail muss aber noch an einigen Stellen nachjustiert werden, zum Beispiel bei der geplanten Leitung H2-BAL zur Anbindung Nordbayerns“, sagte Aiwanger. Diese Leitung sei, wie auch andere Abschnitte in Deutschland, ohne verbindlichen Vorhabenträger in den Antrag eingebracht worden. „Hier brauchen wir möglichst rasch Klarheit.“

    Aiwanger fordert Nachbesserung

    Hintergrund ist ein gemeinsamer Antrag, den die Fernleitungsnetzbetreiber der Bundesnetzagentur vorgelegt haben. Alle betroffenen Kreise und die Öffentlichkeit hatten lediglich zwei Wochen Zeit zur Stellungnahme, die Frist ist am Dienstag abgelaufen. Die Bundesnetzagentur will die Stellungnahmen jetzt auswerten „und im Rahmen der Prüfung des Antrags berücksichtigen“.

    Aiwanger forderte die zügige Genehmigung und Umsetzung des Antrages. „Zudem brauchen wir den weiteren Ausbau über den bereits gestarteten Prozess des Netzentwicklungsplanes Gas und Wasserstoff, damit möglichst rasch eine weitere Verteilung in die Regionen erfolgen kann. Der Bund muss hier zwingend mit adäquaten Anreizen flankieren, nicht zuletzt, um alle Projekte in eine verbindliche Umsetzungsphase zu überführen.“

    Der CDU-Politiker Jung fürchtet um die Versorgung mit Wasserstoff aus dem Ausland. Die Regierung spreche ausschließlich von Importen aus Norwegen, Dänemark und den Niederlanden, verliere aber kein Wort zu Frankreich, Italien, Spanien, Portugal. „Die eigentlich vereinbarte Weiterführung der Pipeline von Barcelona nach Marseille Richtung Deutschland etwa wird immer wieder durch den Energie-Streit der Bundesregierung mit Frankreich torpediert“, erklärte der Energieexperte.

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    1 Kommentar
    Gerold Rainer

    Wozu muss man Wasserstoff über hunderte von Kilometer transportieren? Überall, wo es elektrischen Strom gibt, kann man relativ einfach Wasserstoff aus Wasser spalten, kühlen und komprimieren. Eine äußerst ineffiziente Methode, regenerativen Strom zu speichen, aber eine mögliche. Mir erschließt sich nicht der Sinn, warum man neben Hochspannungsleitungen, Erdgasrohren und Erdölpipelines das Land erneut aufgräbt, um ein viertes Energietransportsystem zu erreichten. Der Bau alleine emmitiert enorme Menge von CO2.

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