Wer beim Zensus Auskunft geben muss
Nach der Corona-Verschiebung um ein Jahr startet am 16. Mai der Zensus auch in Bayern. Warum die Befragung nötig ist – und wer dafür ausgewählt wurde.
„Meine Daten gehören mir“: Mit solchen Slogans wehrten sich Bürgerinnen und Bürger 1983 gegen die Volkszählung. Sie zweifelten deren Nutzen an und befürchteten einen Missbrauch der Daten, fasst die Bundeszentrale für Politische Bildung zusammen. Die Angst vor dem gläsernen Bürger war groß – und sie sorgte für ein wegweisendes Urteil. Am 15. Dezember 1983 etablierten das Bundesverfassungsgericht in seinem „Volkszählungsurteil“ das „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“. Die Volkszählung fand 1987 letztendlich statt, aber mit einem angepassten Erhebungsverfahren.
Heute, im Social-Media-Zeitalter, stellen viele bereitwillig ihre Daten selbst ins Netz. Protest gegen den Zensus gab es dennoch – letztlich erfolglos. Ab Mitte Mai müssen nun Millionen Bürgerinnen und Bürger Antworten geben. Das muss man wissen:
Warum findet der Zensus statt?
Die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder erklären auf einer Infowebsite für den Zensus 2022: Durch eine EU-Verordnung seien alle Mitgliedsstaaten verpflichtet, alle zehn Jahre einen Zensus durchzuführen. Wegen der Corona-Pandemie wurde dieser von 2021 auf 2022 verschoben. Der Zensus diene auch als Planungs- und Entscheidungsgrundlage, zum Beispiel für Infrastrukturmaßnahmen wie den Bau von Schulen oder auch die Einteilung von Wahlkreisen. „Nicht zuletzt liefert der Zensus wichtige Daten für die Wissenschaft und wird zudem als Datengrundlage für viele amtliche Statistiken herangezogen.“
Wer wird beim Zensus befragt?
Die Haushaltsbefragung betrifft etwa zehn Prozent der Bevölkerung. Die Teilnehmenden werden zufällig ausgewählt. An Wohnheimen und Gemeinschaftsunterkünften findet eine Vollerhebung statt. Das bedeutet, es werden Daten zu allen Bewohnerinnen und Bewohnern erhoben. Hintergrund ist, dass dort regelmäßig Menschen ein und wieder ausziehen und die Daten sehr fehlerbehaftet sind. In Gemeinschaftsunterkünften wie Gefängnissen oder Krankenhäusern muss die Einrichtungsleitung stellvertretend Auskunft geben. In Bayern wurden nach diesem Verfahren laut dem Landesamt für Statistik rund 550.000 Anschriften ausgewählt. Geschätzt lebten dort 2,3 Millionen Menschen.
Zudem soll der Zensus eine „flächendeckende und vollzählige Erfassung aller am Erhebungsstichtag bestehenden Gebäude mit Wohnraum, bewohnten Unterkünften sowie der darin befindlichen Wohnungen liefern.“ Für die Gebäude- und Wohnungszählung werden darum private und gewerbliche Eigentümer gesondert befragt
Was wird abgefragt?
Bei der Bevölkerungszählung werden Alter, Staatsangehörigkeit, Bildungsstand und Erwerbsstatus abgefragt. Ungefähr der Hälfte der Personen werden zudem Fragen aus einem erweiterten Fragebogen gestellt. Dabei geht es etwa um Schulabschluss oder Beruf. Bei der Gebäude- und Wohnungszählung werde zum ersten Mal auch die Nettokaltmiete, Dauer und Grund für einen Leerstand und der Energieträger der Heizung abgefragt.
Wie läuft die Befragung ab?
Die ersten ausgewählten Personen werden am Montag, 16. Mai, befragt. Die Erhebungen sollen bis Mitte August abgeschlossen sein. Die Erhebungsbeauftragten, allein in Bayern sind das rund 20.000 Personen, kündigen sich laut Statistischem Bundesamt schriftlich beim ausgewählten Haushalt an. Zum vereinbarten Termin zeigen sie einen Erhebungsbeauftragten-Ausweis und einen amtlichen Ausweis. Das persönliche Interview dauert etwa fünf bis zehn Minuten und kann an der Haustür erfolgen. Eigentümerinnen und Eigentümer von Wohnraum erhalten einen Brief mit Zugangsdaten und können ihre Antworten online abgeben.
Wann erfährt man, ob man für den Zensus ausgewählt wurde?
Die Interviewer können sich selbst einteilen, wann sie innerhalb des Befragungszeitraums wen befragen. Vorab informieren sie die ausgewählten Haushalte mit schriftlichen Terminankündigungen. Einige Bürgerinnen und Bürger in Bayern könnten diese schon im Postkasten haben. Innerhalb der kommenden zwei Wochen sollten die meisten Betroffenen Bescheid wissen. Terminankündigungen können aber auch noch nach dem Zensus-Start am 16. Mai eintreffen.
Was ist mit dem Datenschutz?
Das Statistische Bundesamt betont: „Es ist gesetzlich festgelegt, dass die Interviewerinnen und Interviewer beim Zensus die Gewähr für Zuverlässigkeit und Verschwiegenheit bieten müssen, sie müssen sich zur Verschwiegenheit verpflichten.“ Die Erhebungsstellen könnten auch ein polizeiliches Führungszeugnis einfordern. Daneben erfolge die Datenübermittlung stets verschlüsselt und die Daten würden nicht an Dritte weitergegeben, auch nicht an andere Behörden außerhalb der Statistik. Die Daten, die eine Person identifizieren, würden so früh wie möglich von den anderen Angaben getrennt und gelöscht. Nicht gefragt wird zum Beispiel nach dem Impfstatus, dem Einkommen, einer Unterschrift oder geplanten Urlauben.
Muss ich Auskunft geben?
Ja. Laut Zensusgesetz 2022 besteht eine Auskunftspflicht. Kommt man dieser nicht nach, wird im schlimmsten Fall ein Zwangsgeld von mindestens 300 Euro fällig – von der Auskunftspflicht ist man damit aber nicht entbunden.
Wo finde ich die Ergebnisse?
Die Ergebnisse sind im November 2023 auf einer eigenen Website einsehbar. (mit dpa)
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