"Zwölf Stämme" nach Polizeiaktion: Man will uns vernichten
Nach der Polizeiaktion am Dienstag erhebt die umstrittene Glaubensgemeinschaft "Zwölf Stämme" schwere Vorwürfe gegen die Behörden: Man wolle sie "vernichten".
Am Dienstagmorgen waren bei den "Zwölf Stämmen" im ehemaligen Gutshof Klosterzimmern (Nördlinger Ries) rund 100 Polizeibeamte und Mitarbeiter des Jugendamts vorgefahren. Sie machten sich auf der Suche nach zwei Mädchen im Alter von elf und 13 Jahren, die im Februar und März aus einer Jugendhilfeeinrichtung geflohen waren. Das Jugendamt vermutete, dass sich die verschwundenen Mädchen nun illegal bei ihren Eltern in Klosterzimmern aufhalten.
„Das Familiengericht hat ein fachpsychologisches Gutachten eingeholt, das im Ergebnis einen Verbleib der Kinder bei seinen Eltern in Klosterzimmern ablehnt“, begründete das Landratsamt Donau-Ries die Aktion. Auf dieser Grundlage habe das Jugendamt aktiv werden können.
Die Sektenmitglieder selbst hätten bei der Polizeiaktion passiven Widerstand geleistet, berichtete ein Polizeisprecher: „Den Beamten wurden verschlossene Türen nicht geöffnet.“ Die Polizisten brachen diese daraufhin auf. Fündig wurden sie jedoch nicht - wo die Mädchen sind, ist damit weiter unklar.
Zwölf Stämme: Sorgerechtsverfahren laufen weiter
Die gesuchten Mädchen waren, zusammen mit 26 anderen Kindern, im September vergangenen Jahres von Mitarbeitern des Jugendamtes und der Polizei in einer spektakulären Aktion aus dem Anwesen der „Zwölf Stämme“ geholt worden. Ehemalige Mitglieder und ein RTL-Reporter berichteten zuvor, dass die Kinder mit Stöcken und Ruten geschlagen würden. Seit Monaten laufen die Sorgerechtsverfahren, da die Eltern gegen die Unterbringung ihrer Kinder in Pflegefamilien klagen.
Die "Zwölf Stämme" selbst meldeten sich nach der Polizeiaktion nun in einer Pressemitteilung per Mail zu Wort. "Das ganze Verfahren folgt einer durchdachten Strategie mit einem einzigen Ziel und zwar die Zwölf Stämme Gemeinschaften in Klosterzimmern und Wörnitz zu vernichten", heißt es darin. "Dazu hat man uns zuerst die Schule geschlossen, dann die Kinder weggenommen und hinterher nicht mehr zurückgegeben, weil die Schule ja geschlossen war. Nun versuchen die Behörden, die Kinder absichtlich von dem Glauben ihrer Eltern und sogar von ihrem eigenen Glauben abzubringen. Der Kindeswillen wird nicht berücksichtigt, wenn sie ausdrücken nach Hause gehen wollen."
Kinder nach Prügel-Vorwürfen weggenommen
Die Glaubensgemeinschaft hat seit Jahren Ärger mit den Behörden. Die Urchristen weigerten sich, ihre Kinder auf staatliche Schulen zu schicken. Die Sekte hatte seit 2006 eine private Ergänzungsschule geführt – das Kultusministerium zog die Schulerlaubnis aber im vergangenen Sommer wieder zurück. Im September nahmen die Behörden den Sekteneltern ihre Kinder wegen der Prügelvorwürfe weg.
Derzeit ist das Jugendamt des Landratsamtes Donau-Ries für insgesamt 22 Kinder und Jugendliche der Glaubensgemeinschaft verantwortlich: Zehn Minderjährige leben in Pflegefamilien, zwölf befinden sich in Jugendhilfeeinrichtungen. Die elf schulpflichtigen Kinder besuchen laut Jugendamt regelmäßig die Schule.
Die "Zwölf Stämme" halten das für den falschen Weg. "Was das Jugendamt mit unseren Kindern macht, ist Misshandlung und gegen das Kindeswohl. Das Jugendamt ermöglicht ihnen keine "gewaltfreie Erziehung". Es macht sich der Kindesmisshandlung schuldig und ist für die tiefen psychischen Schäden der Kinder verantwortlich", heißt es in der Pressemitteilung, "Die Kinder sehen das und deshalb wollen sie nach Hause!" bo
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