Angeklagter in Krailling-Prozess bestreitet Morde
Die Aussage wurde mit Spannung erwartet: Erstmals in dem Prozess um den Mord an den beiden Kraillinger Schwestern Chiara und Sharon hat der Angeklagte Stellung genommen. Ein Geständnis gab es nicht.
Der mutmaßliche Mörder der Schwestern Chiara (8) und Sharon (11) wies vor dem Münchner Landgericht alle Vorwürfe zurück. Er sei unschuldig, sagte der angeklagte Onkel der Kinder. Es gebe "sehr unterschiedliche Wahrnehmungen" der Zeugen, die sich teils widersprächen und teils falsch seien. Mit seinen Äußerungen brach der Angeklagte sein bisheriges Schweigen.
Die Ermittler hätten nicht genügend Fotos vom Tatort gemacht, sagte der 51-Jährige unter ungläubigem Raunen im Zuschauerraum. Dort saßen auch Familienangehörige der Mädchen, teils mit Tränen in den Augen. Die Anklage weise "gravierende Fehler" auf, sagte der 51-Jährige, der zuletzt Postbote war. Er habe entgegen den Sachverständigengutachten keine Wunde an der Nase gehabt, die von einem Kampf hätte stammen können. Auch wäre es einem Einzeltäter gar nicht möglich, zwei Mädchen auf einmal zu kontrollieren. Er habe in seinen 50 Lebensjahren nie jemandem ernsthaft etwas zuleidegetan. Seine Blutspuren in der Tat-Wohnung stammten von einem früheren Nasenbluten.
"Sie können davon ausgehen, dass wir das kritisch prüfen", sagt der Beisitzende Richter Thomas Lenz. "Wir müssen nicht alles glauben, was Sie sagen." Der Anwalt des Vaters der Mädchen, Andreas von Máriássy, rief den Angeklagten indirekt zum Geständnis auf. "Überlegen Sie, ob Sie Verantwortung übernehmen wollen", sagte Máriássy. "Ihre Chance."
Die Staatsanwaltschaft sah nach der Aussage keinen Grund, an ihrer Mordanklage zu zweifeln. "Er hat Hypothesen aufgestellt, die sich aus unserer Sicht so nicht halten lassen", sagte Oberstaatsanwältin Andrea Titz zu den Aussagen. Seine Darstellung sei zwar in sich verständlich, aber: "Aus unserer Sicht ist das in keinster Weise glaubwürdig. Wir gehen weiter von seiner Täterschaft aus."
Der verschuldete Familienvater soll die Kinder in der Nacht zum 24. März 2011 in deren Wohnung in Krailling bei München ermordet haben. Die Anklage wirft ihm vor, er habe auch die Mutter der Kinder töten wollen, um so einen Erbstreit zugunsten seiner Ehefrau zu entscheiden. Nun rechnet der 51-Jährige vor, seine Familie habe nicht mehr ausgegeben als eingenommen, vielmehr seien im Jahr nach Einnahmen und laufenden Ausgaben rund 22 000 Euro übriggeblieben. Damit "sollte man über die Runden kommen". Auch hätte der Tod der Mutter der Mädchen wegen einer testamentarischen Erbregelung innerhalb der Familie für seine eigene Frau nur 3,50 Euro im Monat gebracht. Dafür würde niemand zwei Kinder töten, sagte der Angeklagte.
Das Seil, mit dem die kleine Chiara gewürgt wurde, habe er bei jenem früheren Besuch mit dem Nasenbluten Sharon gegeben, zum Wegwerfen, fährt der Angeklagte fort. Eine Fahrradlampe in der Wohnung, auf der sein Finderabdruck gefunden wurde, habe er Sharon geschenkt. Konfrontiert mit Widersprüchen in seinen Aussagen, meint er schließlich: "Ich fand es schon eine Unverschämtheit, dass sie mich verhaftet haben."
Der Prozess wird am 16. April fortgesetzt. Verteidiger Adam Ahmed will möglicherweise noch Anträge stellen. Dennoch ist bereits ein Urteil am 17. April möglich. (dpa)
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