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Klimawandel
03.08.2017

Ein Eskimo-Dorf versinkt bald im Meer

Die Zukunft des Eskimo-Dorfes Shishmaref steht längst auf der Kippe. Nicht erst seit 2007. Damals hat ein Sturm Häuser weggespült.
Foto: SBCGlobal, dpa

Donald Trump hält den Klimawandel für eine Erfindung. Die 600 Bewohner von Shishmaref erleben ihn jeden Tag. Denn die kleine Insel im Westen Alaskas droht unterzugehen.

Die letzten Tage von Shishmaref brachen im Frühsommer 2007 an. Das Eis auf der Tschuktschensee und der Lagune um die Insel, die 35 Kilometer südlich des Polarkreises liegt, funkelte verführerisch in der Sonne, die zu dieser Jahreszeit nicht untergeht. Die Robbenfänger waren schon zurück. Doch nahe der Küste machte die zugefrorene Oberfläche noch einen soliden Eindruck.

Norman Kokoeok, 25, wollte noch einmal mit einem Freund auf Entenjagd gehen. Er raste übers Eis – so, wie er es als Kind immer mit seinem Vater getan hatte. Die Sonne schien ihm ins Gesicht, als das Eis unter seinem Schlitten brach. Norman Kokoeok ertrank am 2. Juni 2007 in den eisigen Fluten.

Dieses Datum steht auf dem weißen Kreuz, einem von vielen auf dem Friedhof von Shishmaref. Ken Steneck, 45, kommt regelmäßig zur Ruhestätte seines früheren Schülers. Er sagt: „Das hätte nicht passieren dürfen.“ Und obwohl das Unglück zehn Jahre zurückliegt, rührt es den Wissenschaftslehrer der örtlichen Highschool noch immer zu Tränen.

Klimawandel in Alaska: Ein Weckruf nach dem anderen in Shishmaref

Für die Gemeinde, in der vor allem Inupiat-Eskimos leben, markiert Normans Tod eine Zäsur. „Wir sehen in ihm das erste Opfer des Klimawandels“, sagt auch Steneck, der die Veränderungen miterlebt hat, seit er vor 18 Jahren auf die Insel kam. „Das Eis war für die Jahreszeit viel zu dünn.“

Shishmaref, das Eskimo-Dorf, liegt weit weg von allem, auf einer schmalen Insel am Ausgang der Beringstraße, 150 Kilometer von Russland entfernt. Auch das ist Amerika – selbst, wenn man von dem Dorf im äußersten Westen Alaskas fast 24 Stunden braucht, um nach Washington zu gelangen. Selbst, wenn US-Präsident Donald Trump steif und fest behauptet, der Klimawandel sei eine Erfindung. Die Menschen in Shishmaref, sie wissen es besser. Denn ihre Insel versinkt nach und nach im Meer.

Früher schützte das Meereis das Eiland bereits Ende Oktober vor den schweren Herbststürmen. Zuletzt fror das Meer erst im Januar zu. Im Frühjahr bricht das Eis früher auf. „Im Schnitt gut ein Grad Celsius Erwärmung in der Arktis sieht nach nicht viel aus“, meint Ken Steneck, der Lehrer. „Aber das hat dramatische Konsequenzen.“ Die Insel ist den Fluten schutzlos ausgeliefert. Hinzu kommt: Shishmaref steht auf Permafrostboden – einem Untergrund, der bisher auch im Sommer nur oberflächlich auftaute und damit ein sicheres Fundament bot. Jetzt weichen die steigenden Temperaturen das Land zusehends auf und erlauben dem Meer, den Boden abzutragen. Die Insel wird immer kleiner. In den vergangenen 30 Jahren hat sie mehr als zehn Prozent ihrer Fläche eingebüßt.

An derKüste von Alaska sind rund 35.000 Walrosse gestrandet. Experten führen das Phänomen auf den Klimawandel zurück, der das Packeis in der Arktis zum Schmelzen bringt.
3 Bilder
Dramatische Bilder: 35.000 Walrosse stranden in Alaska
Foto: Corey Accardo, afp

Kaum jemand kennt das Eis so gut wie Stan Tocktoo, der in den 80er Jahren noch im Juli auf die Jagd ging. Heute ist das Eis auf der stahlgrauen Tschuktschensee zu dieser Zeit längst verschwunden – wie auch 50 Prozent der gesamten Eisfläche in der Arktis. Tocktoo, Mitglied des Ältestenrats der Inupiat, hat keinen Zweifel, dass dies mit der Erderwärmung zu tun hat. „Wir müssen uns anpassen und viel größere Risiken eingehen, wenn wir überleben wollen“, sagt er. Da das Eis von Jahr zu Jahr früher aufbricht, bleiben den Robbenfängern oft nur ein paar Tage im Mai, die Tiere zu jagen. Dann trocknen sie neben dem Lachs auf Holzbalken am Sandstrand.

Im Oktober 2007 kam der zweite Weckruf. Ein Sturm, dessen meterhohe Wellen erbarmungslos gegen die ungeschützte Nordküste schlugen, nahm an einem Tag 40 Meter Landmasse mit. Das Bild einer Hütte, die vom Meer ausgehöhlt über einer Klippe hing, ging um die Welt. Auch andere Häuser sind dem Wasser bereits zum Opfer gefallen. Einige Inupiat sind weggezogen, bevor es ihnen genauso ergeht.

In Shishmaref wissen die Menschen, wie schwer das Überleben sein kann. Vor 400 Jahren kamen die ersten Inupiat hierher. Sie lebten vom Fischfang, stellten Robbentran her, jagten Karibus. 1867 kauften die USA den Russen Alaska für 7,2 Millionen Dollar ab. Bald danach führte das Büro für Indianerangelegenheiten die Schulpflicht für die als „Eskimo“ verunglimpften Völker ein. Die Kolonialisten zwangen die Nomaden, sesshaft zu werden.

Donna Barr, die Bürgermeisterin von Shishmaref, weiß aus Erzählungen, wie die Inupiat davor in Verbänden zu zwei oder drei Familien rund um die Lagune lebten. „Ihre Lager folgten den Jahreszeiten der Tiere und der Pflanzen.“ Im Frühjahr schlugen sie auf der Insel ihr Camp auf, um auf dem zugefrorenen Meer Robben, Eisbären und Walrosse zu jagen. Als die US-Regierung hier die erste Schule bauen ließ, entstand auch das Dorf Shishmaref. „Unseren Urgroßeltern blieb keine andere Wahl, als sich dem Druck zu beugen“, sagt die Bürgermeisterin.

Der Klimawandel ist nicht die einzige Gefahr für die Eskimos

Längst ist Shishmaref zum Symbol für die verheerenden Folgen des Klimawandels geworden. Die Lage ist aussichtslos. Viele Menschen wollen nur noch weg. Im vergangenen Herbst haben sie erneut abgestimmt – und mit einer knappen Mehrheit für eine Umsiedlung auf das Festland votiert. Zum zweiten Mal schon nach 2002. Der frühere amerikanische Präsidentschaftskandidat Al Gore nannte die 600 Inselbewohner einst „die ersten Klimaflüchtlinge der USA“. Eine Übertreibung? „Keinesfalls“, meint Lehrer Steneck. „Wir sind wirklich nur einen perfekten Sturm von der Katastrophe entfernt.“

Clifford Weiyouana hat gegen den Umzug gestimmt. Er hat die Hoffnung auf eine schnelle Lösung aufgegeben. Sollte es jemals so weit kommen, „werde ich längst tot sein“, sagt der gastfreundliche Witwer, der in seinem Haus neben der Schule morgens Pfannkuchen aus Sauerteig serviert. Der Jäger, der sich das Fliegen einer einmotorigen Turboprop selber beibrachte, hat wenig Vertrauen in die Regierung, die bisher nichts getan habe, Shishmaref zu helfen. Und die auch nichts für die Inupiat tut. Bis heute erzählt er davon, was der Lehrer mit ihm machte, als er in der Schule die Sprache seiner Vorfahren sprach. „Ich musste zur Strafe hundert Mal an die Tafel schreiben: Ich spreche kein Eskimo.“

Heute verstehen nur noch die Alten Inupiaq. „Wenn wir nicht mehr sind, stirbt die Sprache“, fürchtet Weiyouana. Den Klimawandel sieht er längst nicht als einzige Gefahr. Nein, die digitale Flut bereitet ihm ebenso große Sorgen wie die Wellen der Tschuktschensee. Statt von ihren Eltern zu lernen, wie sie Karibus und Enten jagen, hängen die Kinder in den Ferien stundenlang vor der Schule herum – des freien WLAN-Netzes wegen. Und während die Einwohner bis heute kein fließendes Wasser haben und die meisten ihr Geschäft auf dem „Honigeimer“ genannten Trockenklo verrichten, erhält die Insel in den kommenden Monaten schnelles Internet.

Corbin und seine Freunde können sich der Anziehungskraft des Internets nicht entziehen. Die Sprache ihrer Vorfahren aber verstehen die Teenager nicht mehr. Und was ist mit dem Klimawandel, der die Insel bedroht? Mit der Frage, ob die jungen Inupiat, die ein Drittel des Dorfs ausmachen, in Shishmaref bleiben können? Mit der Zukunft? Corbin und seine Freunde zucken die Schultern, dann schweigen sie.

Gehen oder bleiben – die Alternative gibt es nicht wirklich. Auf 300 Millionen Dollar werden die Kosten für die Umsiedlung auf das zehn Kilometer entfernte Festland geschätzt. Geld, das die Gemeinde selbst nicht aufbringen kann. Der Staat Alaska ist pleite. Und die Trump-Regierung sieht keinerlei Notwendigkeit, etwas für die Menschen zu tun – wie auch, wenn der Präsident die Augen vor dem Klimawandel verschließt und sogar aus dem internationalen Klimaabkommen aussteigt.

Shishmaref - ein Eskimo-Dorf muss seine Insel verlassen

Sally Cox ist Expertin für Risiko-Abschätzung. Im Auftrag des Staates Alaska soll sie dem Dorf dabei helfen, Pläne für die Umsiedlung zu entwickeln. Sie sagt: „Washington hat eine Verantwortung für die Menschen hier.“ Wie auch für die benachbarten Gemeinden von Shaktoolik, Newtok, Kivalina und die übrigen 27 Orte an der Nordwestküste Alaskas, die laut einem Bericht des US-Rechnungshofs durch schmelzendes Eis und den steigenden Meeresspiegel bedroht sind.

Das aber ist das Problem: Dürfte Shishmaref aufs Festland umsiedeln, wäre das der erste Fall dieser Art in den USA – und einer, auf den sich sämtliche US-Amerikaner berufen könnten, die vom steigenden Meeresspiegel bedroht sind. Das Eskimo-Dorf steht damit vor der Quadratur des Kreises. Es bekommt kein Geld für den Umzug, aber auch keines, die bestehende Infrastruktur zu verbessern. „Geld fließt erst, wenn es zu einer Katastrophe kommt“, meint Sally Cox.

Percy Nayuptuk, 65, sitzt in seinem Gemischtwarenladen an der einzig asphaltierten Straße der Insel und sagt: „Wir haben nicht einmal einen Notfallplan.“ Eine Rettungsarche, von der manche geträumt haben, gibt es nicht. Und niemand weiß, ob es die Militärhubschrauber, auf die man im Katastrophenfall hofft, überhaupt in die entlegene Region schaffen. Donna Barr, die Bürgermeisterin, fühlt sich von Donald Trump im Stich gelassen. „Für uns ist der Klimawandel real. Er bedroht unsere Tiere, unsere Art zu leben und unsere Häuser“, sagt sie.

Beim G-7 und G-20-Gipfel schlug Trump einen neuen Ton für die USA an. Globalisierter Handel ist für die Amerikaner unter ihrem neuen Präsidenten kein Ziel mehr. Statt auf Partnerschaft setzt Trump eher auf den Alleingang.
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Ein halbes Jahr Donald Trump in Bildern
Foto: Michael Kappeler, dpa

Tocktoo, das Mitglied im Ältestenrat der Inupiat, sorgt sich vor allem um den Eisbären und das Walross, das keinen Platz mehr zum Ruhen auf dem Eis findet, und das Karibu, das nicht mehr an seine Nahrung kommt. Er hat den Hilferuf seines Volkes schon einmal persönlich in Washington und Anchorage überbracht. Er sagt: „Das Desaster kommt. Die Frage ist nur wann.“

Vor zwei Jahren kam Barack Obama nach Kotzebue, unweit von hier, und hat sich ein Bild davon gemacht, welche Folgen der Klimawandel in Alaska hat. Und jetzt, mit Trump? „Er sollte sich mal anschauen kommen, wie Shishmaref Stück für Stück versinkt“, sagt Ken Steneck, der noch immer am Grab von Norman steht. Die Stenecks haben ihr fünftes Kind nach dem jungen Mann benannt, der Opfer des Klimawandels wurde. Eine Tradition der Inupiat, in deren Glauben die Verstorbenen in den nach ihnen benannten Personen weiterleben.

Es könnte das Schicksal der Insel vorwegnehmen. Wenn der letzte Tag gekommen ist und die Insel in der Tschuktschensee untergeht, wird, so hoffen sie, Shishmaref weiterleben. mit dpa

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