Google-Handy: Schnelles Internet unter den Fingern
Mit dem Internet-Handy G1 will Internet-Riese Google ab Februar den Handy-Markt revolutionieren. Von Peter Kusenberg
Am 2. Februar beginnt ein neues Mobilfunk-Zeitalter: T-Mobile verkauft das G1, das erste Handy mit dem Google-Betriebssystem Android, echter Tastatur und cleverer Online-Anbindung.
Der Suchmaschinenbetreiber entwickelte Android speziell für Geräte, mit denen Menschen dauerhaft Online-Dienste nutzen und sogar Aktualisierungen übers Netz vornehmen - ohne Anbindung an einen PC. Philipp Schindler, Googles mitteleuropäischer Vize-Präsident, sagte: "Das G1 ist speziell fürs Internet gebaut, es legt das Web unter die Fingerspitzen."
Tatsächlich muss der Nutzer nur das Browser-Symbol auf der Startoberfläche tippen, schon stellt das G1 eine Verbindung zum Internet her - im besten Falle via HSDPA-Technik mit bis zu 1,8 Megabyte Datenübertragung pro Sekunde. Die geöffnete Webseite schiebt der Nutzer auf dem berührungsempfindlichen Sichtfeld (Touchscreen) mit dem Finger nach links, rechts, oben oder unten; klopft er aufs Sichtfeld, zoomt er in die Ansicht hinein. Um eine Adresse einzugeben, dreht er das G1 in die Waagerechte und schiebt das Sichtfeld nach oben, wodurch eine vollwertige Tastatur freigelegt wird.
Die Tasten sind so angeordnet, dass mittelgroße Finger flink und sicher darauf tippen. Eine dritte Eingabemöglichkeit ist der kleine Steuerhebel, der sich am G1-Sockel befindet - gleich zwischen den vier Tasten, mit denen sich Gespräche annehmen und abbrechen lassen, die das Hauptmenü aufrufen und die letzte Aktion rückgängig machen. An der Gehäuse-Seite gibt es Knöpfe für die Lautstärke-Regulierung und einen Einschub für SD-Karten, auf denen sich Musik-Dateien, Videos und Kontakte ablegen lassen.
Ähnlich wie bei Apples iPhone existiert eine umfangreiche Software-Datenbank. Die heißt "Marketplace" und enthält rund 800 Anwendungen und Spiele, die kostenlos verfügbar sind. Benutzer können Wertungen für Programme abgeben, es gibt eine kurze Beschreibung des Entwicklers, doch leider keine Bildschirmfotos wie in Apples AppStore. Durch die Programm-Listen zu blättern ist angenehm, denn der Nutzer kann jederzeit punktgenau anhalten und die Ansicht millimeterweise nach oben oder unten verschieben - oder ordentlich Schwung holen und die Liste weitersausen lassen.
In der Hauptansicht des G1 lassen sich Programm-Verknüpfungen ablegen, über eine Lasche zieht der Nutzer das gesamte Portfolio auf. Hier sind die Programme alphabetisch geordnet und werden durch Festhalten als Verknüpfung auf den G1-Desktop übertragen.
Zu den Highlights des Marketplace zählen das feine Kombinationsspiel "Bonsai Blast", der Musikerkennungsdienst "Shazam" und das wunderbare "Sky Map", das in Echtzeit die richtigen Sternbilder am Himmel zeigt, je nachdem, in welche Richtung man das G1 hält. Auf der Pressekonferenz demonstrierte ein Entwickler "Shop Savvy", womit Nutzer via G1 den Strichcode von Waren einscannen, um den jeweils günstigsten Anbieter zu ermitteln.
Für das G1 stellte T-Mobile neue Daten-Tarife vor, die monatlich zwischen 24,95 und 119,95 Euro kosten (siehe Tabelle). Ab dem S-Tarif (44,95 Euro) kostet das G1 einmalig nur einen Euro. Die Daten-Flatrate enthält jedoch Geschwindigkeitsbegrenzungen. Lädt ein Nutzer des M- oder L-Tarifs mehr als ein Gigabyte pro Monat herunter, wird die Online-Geschwindigkeit automatisch gedrosselt. Das ist nicht unwahrscheinlich, immerhin kommen über E-Mail-Verkehr, den Download der Programme und gelegentliche System-Updates rasch große Datenmengen zustande. Doch selbst offline ist das G1 ein tauglicher Begleiter, die 3,2-Megapixel-Kamera macht akzeptable Fotos, die eingespeiste Musik lässt sich komfortabel abspielen, und wer telefoniert, hört seinen Gesprächspartner klar und deutlich.
Android scheint das bislang tauglichste Handy-System zu sein. Doch die Hardware des G1 ist ebenfalls lobenswert: Das Gelenk für das bewegliche Sichtfeld, die Tasten und das Gehäuse sind stabil. Der taiwanesische Hersteller HTC hat sich in der Vergangenheit einen Namen gemacht für seine MDA-Smartphones, die in Deutschland ebenfalls von T-Mobile vertrieben werden.
Der Akku indes leert sich ähnlich schnell wie beim iPhone. Das G1 ist ein gar zu unterhaltsames Gerät, so dass der Besitzer es stets befingern wird; so wird es allabendlich zur Pflicht, das "Googlephone" an eine Steckdose zu stöpseln. Eine kleine Erleichterung bringen Energiesparprogramme aus dem "Marketplace": Denn erst mit den Erweiterungen aus dem Internet wird das G1 zum iPhone-Killer, der zwar klobiger und komplexer ist als Apples Gerät, doch gleichzeitig vielseitiger - und völlig unabhängig von PC, MAC und iTunes-ähnlichen Systemen.
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