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Bundesparteitag in Würzburg: Die Piratenpartei meldet sich zurück

Bundesparteitag in Würzburg

Die Piratenpartei meldet sich zurück

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    Mitglieder der Piratenpartei halten am Samstag in Würzburg ihren Bundesparteitag ab.
    Mitglieder der Piratenpartei halten am Samstag in Würzburg ihren Bundesparteitag ab. Foto: Daniel Peter, dpa

    Mit einer Konzentration auf ihr Kernthema Digitalisierung will die Piratenpartei aus ihrer Bedeutungslosigkeit herauskommen und 2017 den Einzug in den Bundestag schaffen. "Wir wollen wieder die Partei des digitalen Wandels sein. Das wird die Agenda der nächsten zwei Jahre bis zur Bundestagswahl sein", sagte der Bundesvorsitzende Stefan Körner am Samstag beim Bundesparteitag in Würzburg. Der 46-Jährige wurde im Amt bestätigt. Er setzte sich mit rund 76 Prozent der Stimmen gegen einen Konkurrenten durch. Zum Stellvertreter wurde Carsten Sawosch gewählt. 

    Piratenpartei auf der Suche nach mehr Aufmerksamkeit

    Die Partei müsse wieder mehr Aufmerksamkeit in den Medien erreichen, sagte Körner. "Lasst uns gute Politik machen, dann kommen wir auch vor", appellierte der Software-Entwickler. Sein Ziel sei es die Fünf-Prozent-Hürde bei den Bundestagswahl 2017 zu überspringen. "Wir wollen es 2017 in den Bundestag schaffen, um im nächsten NSA-Untersuchungsausschuss die Möglichkeit zu haben, dass auch Piraten eine vernünftige Frage stellen können", sagte der 46-Jährige nach seiner Wahl der Deutschen Presse-Agentur.

    Die Digitalisierung der Gesellschaft werde immer wichtiger. "Wir wollen uns als die Partei der Privatsphäre, des Datenschutzes, des transparenten Staates und des Zugangs zu öffentlichen Informationen etablieren und festigen."

    Die Piratenpartei Deutschland hatte sich 2006 gegründet. Sie erlebte um 2012 herum einen Boom in den Medien und bei den Wählern. Seitdem nahm das Interesse kontinuierlich ab. In diesem Jahr kam die Partei bei den Bürgerschaftswahlen in Hamburg und Bremen nur noch auf 1,6 beziehungsweise 1,5 Prozent. Noch sind die Piraten in vier Landtagen vertreten. Insgesamt stellt die Partei mehr als 420 Mandatsträger - vom Gemeinderat bis zur Europäischen Union. Derzeit hat die Partei etwa 18 500 Mitglieder.

    Wer unten ist, kommt schwer wieder nach oben

    Die Ziele der Piratenpartei

    "Mehr Demokratie wagen!" ist nach eigenen Angaben ein Leitgedanke der Piraten. "Unsere innerparteilichen Strukturen sind basisdemokratisch. Auch gesellschaftlich wollen wir Veränderungen hin zu mehr Mitbestimmung und Bürgerbeteiligung erreichen."

    "Die Möglichkeiten der digitalen Kommunikation sind aus der modernen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken und müssen auch durch staatliches Handeln sichergestellt und sogar gefördert werden", heißt es zum Thema digitale Gesellschaft.

    Zum Thema Umwelt: "Die Piratenpartei steht für Nachhaltigkeit. Deshalb wollen wir so handeln, dass auch in Zukunft die Grundlagen für eine würdige Existenz in Freiheit vorhanden sind. Voraussetzung dafür ist ein transparenter und verantwortungsvoller Umgang mit den natürlichen Ressourcen."

    Die Forderung einer transparenten Politik statt eines gläsernen Bürgers ist nach eigener Aussage Kernbestandteil der politischen Arbeit der Piraten. "Einzig die Piratenpartei handelt jedoch auch entsprechend: Vorstandssitzungen, Fraktionssitzungen oder auch Kontostände der Gliederungen sind prinzipiell öffentlich", schreibt die Partei auf ihrer Internetseite.

    Der freie Zugang zu Bildung zählt zu den Gründungsthemen der Piraten: "Im Unterschied zu den etablierten Parteien wollen wir den Prozess des Lernens jedoch an die individuellen Fähigkeiten anpassen." Das Motto der Piraten lautet: "Lernziele statt Lehrpläne!"

    Patente auf Software und Gene lehnt die Partei ab: "Im Wandel vom Industriezeitalter zum Informationszeitalter entwickeln sich die weltweit herrschenden Patentregelungen teilweise vom Innovationsanreiz zum Innovationshemmnis."

    Drogenpolitik müsste nach Ansicht der Piraten eigentlich "Suchtvermeidungspolitik" heißen. Ihr Ansatz ist, durch die Legalisierung von Drogen zu einem verantwortungsvollem Umgang mit Rauschmitteln zu gelangen. Die gegenwärtige Praxis sei bestimmt durch Ignoranz medizinischer und gesellschaftlicher Fakten. Sie trage dem Ziel der Suchtvermeidung keine Rechnung und sei gescheitert.

    Die Piratenpartei ist davon überzeugt, dass ein fahrscheinfreier ÖPNV nicht nur für die Gesellschaft, sondern auch für die Wirtschaft langfristig einen Gewinn darstellt. Sie fordert eine Machbarkeitsanalyse.

    Gefordert wird auch eine Reform des Urheberrechts: "Die derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen im Bereich des Urheberrechts beschränken das Potential der aktuellen Entwicklung, da sie auf einem veralteten Verständnis von so genanntem ´geistigem Eigentum` basieren, welches der angestrebten Wissens- oder Informationsgesellschaft entgegen steht."

    Die Partei habe eine gesellschaftliche Aufgabe wie einst die Grünen, sagte ihr Vorsitzender Körner. "Als die Grünen gegründet wurden, sagten viele: Von den Spinnern redet in fünf Jahren keiner mehr. Heute stellen sie einen Ministerpräsidenten und sie haben es geschafft, dass Umweltschutz ein elementares Argument in jeder politischen Diskussion ist." Die gesellschaftliche Aufgabe der Piratenpartei sei es nun, etwas ähnliches im Themenbereich Digitalisierung der Gesellschaft zu vollbringen.

    Nach Ansicht des Parteienforschers Uwe Jun wird ein Neuanfang aber schwer. Es gebe in der Politik so etwas wie "Pfadabhängigkeit", sagte er der Deutschen Presse-Agentur: "Haben Sie erst einmal ein schlechtes Image und sind weit unten angelangt, dann tun Sie sich schwer, wieder nach oben zu kommen. Und das heißt, die Piraten sind jetzt mit dem Label der zerstrittenen, unfähigen, amateurhaften Laienschauspielerpartei behaftet." Die Partei müsste wieder mehr emotionalisieren und ihre organisatorische Schlagkraft erhöhen. dpa

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