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Gesellschaft
04.04.2012

Meine Nachbarin, die Nymphe

Mertingen Landkreis Donau-Ries Baugebiet Esoterik-Baugebiet Bauland Norbert Mannes Wünschelrute Wünschelrutengänger Foto: Fred Schöllhorn

Ein Landschaftsarchitekt will in einem Baugebiet in Mertingen (Kreis Donau-Ries) weibliche Naturgeister entdeckt haben. Der Bürgermeister sieht darin modernes Marketing.

Mertingen Faschingsumzüge sind ein guter Gradmesser dafür, welche Themen in einem Ort gerade wichtig sind. Beim Umzug in Mertingen (Landkreis Donau-Ries) haben sich in diesem Jahr die meisten Gruppierungen über das neue Baugebiet Mertingen-Süd lustig gemacht. Weil ein Wünschelrutengänger dort die Anwesenheit von Nymphen, jenen Naturgeistern aus der Mythologie, festgestellt hat, wurde das 60000 Quadratmeter große Gebiet in Form einer Lotosblüte geplant mit ausreichend Rückzugsmöglichkeiten – damit die Nymphen genügend Platz zum Tanzen und Spielen haben.

Tanzende Nymphen? Den Faschingsvereinen bietet das willkommene Gelegenheit für allerlei Spott. Für Bürgermeister Albert Lohner (CSU) aber geht es bei dem speziellen Baugebiet um nichts weniger als die Zukunft der knapp 4000 Einwohner zählenden Gemeinde. Lohner lehnt sich in seinem Büro im Rathaus in einen Ledersessel und hebt bedächtig an: „Dass da keine ätherischen Wesen herumfliegen, ist doch jedem klar“, sagt er, „aber wir wollen ein organisches, nachhaltiges Baugebiet, das hohe Wohn- und Lebensqualität bietet.“

Lohner, 62, ist esoterischen Umtrieben durch seine Biografie zunächst einmal unverdächtig. Der Techniker arbeitete lange für Eurocopter in Donauwörth. Seit 15 Jahren ist er Bürgermeister in Mertingen. Wenn er sagt, „wir haben die Aufgabe, Zukunft zu gestalten“, denkt er vor allem an die Wirtschaftskraft seiner Kommune. Die großen Firmen Zott und Fendt Caravan sind zum Beispiel in Mertingen angesiedelt. Der Ort vermarktet sich mit seiner Lage in der Mitte zwischen den Ballungsräumen München, Stuttgart und Nürnberg sowie mit seinen guten Straßen- und Bahnanbindungen.

Der harte Wettbewerb unter den Kommunen

„Heute stehen die Kommunen im Wettbewerb untereinander“, sagt Lohner. Was liegt da näher, als auch anspruchsvollen Wohnraum vor allem für junge Familien zu bieten? Da wird ihm niemand widersprechen. Aber wie Mertingen das Thema angegangen ist, hat hohe Wellen geschlagen.

Der Landschaftsarchitekt Norbert Mannes aus dem knapp 30 Kilometer entfernten Monheim hat das Baugebiet nach den Gesetzen der Geomantie untersucht. Was das genau ist, ist schwierig zu erklären. Im Wortsinne des Altgriechischen bedeutet Geomantie so viel wie „Weissagung aus der Erde“. Heute wird der Begriff für andere Methoden angewandt, etwa für das Entdecken von Energieflüssen, zum Beispiel mit der Wünschelrute. Und es gibt Schnittmengen zum chinesischen Feng-Shui. Norbert Mannes also, der an der Fachhochschule Weihenstephan seinen Diplom-Ingenieur mit der Arbeit „Geomantische Stadtraumerweiterung“ – praktischerweise über das Baugebiet Mertingen-Süd – gemacht hat, Norbert Mannes also untersuchte das Baugebiet am Ortsrand unter anderem mit der Wünschelrute. In einen Planungsentwurf schrieb er: „Bei der geomantischen Begehung und Analyse im Projektteam erkannten wir die Präsenz von Nymphen auf dem Grundstück. Daher empfiehlt es sich, das Neubaugebiet in Bauabschnitten zu erschließen, um ausreichende Rückzugsmöglichkeiten für die Naturwesen zu schaffen.“

Wer nun glaubt, dass Mannes wegen solcher Sätze hochkant aus dem Mertinger Gemeinderat geschmissen worden ist, der irrt. Die nordschwäbischen Kommunalpolitiker ließen sich von den Ideen überzeugen. Die wesentlichen Beschlüsse ergingen einstimmig im Schatten der katholischen Kirche St. Martin. Der Quadratmeterpreis liegt bei etwa 120 Euro. Mehr als üblich in Mertingen. Aber dafür wird nach Überzeugung der Kommunalpolitiker auch mehr geboten. Der Bebauungsplan steht. Im Herbst sollen die ersten Häuser gebaut werden.

Mannes schreibt in seiner Diplomarbeit, die mit einer Eins benotet wurde, weiter: „Durch die systematische Aufstellungsarbeit nehmen wir Kontakt zu den vorherrschenden Energien auf und erkannten die Notwendigkeit, für die Nymphen einen entsprechenden Raum zu schaffen. Dieser sollte Platz zum Tanzen bieten und verspielt sein.“ Daraufhin entstand die Idee, dem Neubaugebiet die Form einer Lotosblüte zu geben. Rund 60 Grundstücke sollen entstehen, dazwischen ein Platz zum Verweilen. Ein schöner, lukrativer Auftrag für den Landschaftsarchitekten Mannes. Seine Frau ist Feng-Shui-Beraterin.

Da steht er nun. Mit der Wünschelrute. Die Straße, die zum Baugebiet führt, heißt „Am Bsonderfeld“. „Was glauben Sie, warum?“, sprudelt es aus Norbert Mannes, 48. Die Menschen hier haben schon immer gewusst, dass dies ein besonderer Ort ist. Mannes hat eine „heitere, lustige Energie“ entdeckt: die Nymphen. „Gesehen habe ich sie nie“, sagt er lachend. Das sei eben die Sprache der Geomanten.

Mannes hat auch die umstrittene Methode der Radiästhesie angewendet, die Lehre von Strahlenwirkungen auf Lebewesen. Er gehört zu jenen Menschen, die glauben, eine besondere Strahlenfühligkeit zu besitzen. Mit einer Fernpeilung jedenfalls hat er im Mertinger Gemeindewald auch noch einen „strahlenden Engelfokus“ entdeckt. Eine „helle, lichte und heilige Energie“, von der möglicherweise im Neubaugebiet Mertingen-Süd etwas zu spüren wäre, wenn nicht der Bebauungsplan zwingend eine Lärmschutzwand an der vielbefahrenen DON28 vorschreiben würde.

Mannes redet lieber über einen Platz auf diesem Areal, der nicht überbaut wird, da dort aufsteigende Vitalenergie herrscht. „Das ist kein Hokuspokus“, sagt er. „Es geht darum, sich mit dem Ort zu beschäftigen. Ein guter Architekt spürt das.“

Das klingt nun schon weniger esoterisch. Und darum geht es auch Mertingens Bürgermeister Lohner. „Entscheidend ist das Ergebnis.“ Auf eine Diskussion über das Thema Geomantie will sich Lohner gar nicht einlassen. Ebenso wenig wie Stefan Vill. Er ist 26, technischer Angestellter im Bauamt, verheiratet, ein Kind, das zweite unterwegs. Vill hat sich eben 700 Quadratmeter in Mertingen-Süd gekauft. Den höheren Grundstückspreis entkräftet er mit dem Angebot einer großzügigen Familienförderung. Die Nymphen interessieren ihn nicht. Er sagt: „Das wird ein wunderschönes Gebiet mit fließenden Formen – und weitgehend verkehrsberuhigt.“ Und weil man ja nie weiß, was kommt, sagt Vill auch: „Ich glaube, dass man Haus und Grundstück gut wieder verkaufen könnte.“

Ein pragmatischer Ansatz. Andere erregen sich heftig über die esoterischen Ausflüge der Gemeinde. In Leserbriefen an die Lokalausgabe unserer Zeitung schreiben sie, das sei ein „Schlag ins Gesicht für jeden Akademiker“, „Verrat an unserer Kultur“ oder „versuchte Volksverdummung“. „Da geht es um Weltanschauungen und dann ist es immer schwierig, mit sachlichen Argumenten zu kommen“, sagt die renommierte Umweltpsychologin Antje Flade, Autorin mehrerer Bücher. Feng-Shui sei eine fernöstliche Philosophie. „Sehr wahrscheinlich brauchen wir fernöstliche Maßstäbe hier in Mitteleuropa nicht“, sagt sie. „Wir haben genügend eigene Erkenntnisse.“

Gut die Hälfte der Grundstücke ist schon verkauft

Man könne all diese angeblich geheimnisvollen Dinge sehr gut erklären. „Im Einklang mit der Natur bauen – das klingt wunderbar, dagegen kann keiner etwas haben“, kritisiert die Wissenschaftlerin allzu hohle Etiketten. Sie habe an verschiedenen Universitäten Lehraufträge ausgeübt, auch um zu verhindern, „dass sich hier Esoterik breitmacht“. Denn ärgerlich werde das Ganze vor allem, wenn unter dem Label „Feng-Shui“ eine Menge Geldmacherei betrieben werde. „Wenn man kein anderes Wissen hat, klingt Feng-Shui sehr einleuchtend“, so Flade.

Mehr als die Hälfte der Grundstücke in Mertingen-Süd ist bereits verkauft. Selbst diejenigen, die mit Geomantie nichts am Hut haben, sprechen von einem harmonischen Baugebiet. Daran hält sich Bürgermeister Lohner. Und wenn er dann Shakespeares Hamlet zitiert – „es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als eure Schulweisheit sich träumen lässt“ –, klingt Lohner gar nicht mehr so sehr wie ein nüchterner Techniker.

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