Beim Metzger kassiert jetzt die Maschine
Erst wird das Geld angefasst, dann die Leberkässemmel. Für viele Kunden ist das keine appetitliche Vorstellung. Sind Bezahlautomaten eine Lösung?
Auf der Suche nach dem passenden Kleingeld kramt der Mann an der Theke in den Hosentaschen. Neben einem gebrauchten Taschentuch findet er ein Zwei-Euro-Stück. Er greift nach der Münze und drückt sie der Verkäuferin in die Hand. „Stimmt so.“ Sie legt das Geld in die Kasse und reicht ihm die Leberkässemmel über die Theke. „Der Nächste, bitte!“
Die meisten Menschen finden es wenig appetitlich, wenn Verkäufer zuerst Geld und dann ihr Essen anfassen – und das zu Recht. New Yorker Forscher fanden beim „Dirty Money Project“ heraus, dass auf einem verunreinigten Geldschein bis zu 3000 verschiedene Bakterien-Typen sitzen. Münzen schnitten nicht viel besser ab. Immer öfter sieht man in Geschäften deshalb sogenannte Bezahlautomaten. Die Maschinen stehen bevorzugt dort, wo es Lebensmittel gibt. Aber auch an Tankstellen und in Möbelhäusern kommen sie zum Einsatz. In Baden-Württemberg etwa sind bereits rund 100 Geräte in Gebrauch, schätzt der Landesinnungsverband für das Fleischerhandwerk.
Bezahlautomaten sind umstritten
In der Region sind Bezahlautomaten allerdings „noch kein großes Thema“, wie Bernd Ohlmann vom Handelsverband Bayern sagt. Einer der Ersten, der in Schwaben auf die Maschine setzt, ist Siegfried Hauser. In der Metzgerei, die er gemeinsam mit seiner Frau in Mauerstetten im Landkreis Ostallgäu führt, hat er das Gerät vor einem Dreivierteljahr installiert. Er sei sehr zufrieden, erzählt Hauser. Die Neuanschaffung kam aber nicht sofort überall gut an. „Etwas Widerstand gab es anfangs schon“, räumt der Metzger ein. Zwei Verkäuferinnen hätten umgehend gekündigt, als er sich die dunkelgraue Maschine vor die Theke stellte. Knapp zwei Prozent der Kunden würden wegen des Automaten nicht mehr in den Laden kommen, schätzt er.
Hauser ist aber überzeugt, dass der hohe Hygienestandard die Metzgerei für neue Kunden interessant gemacht habe. Auch für seine Mitarbeiter sei die Maschine ein Vorteil. „Jetzt gibt es auch mal eine Pause zum Durchschnaufen, wenn die Leute bezahlen“, sagt der Metzger. Während die Verkäuferinnen das Fleisch für die Kunden einpacken, können die sich auf den Weg zum Automaten machen. Der geforderte Betrag leuchtet dort am Display auf und kann dann bezahlt werden. Die Maschine spuckt daraufhin das Wechselgeld aus.
Auch wenn viel los ist, komme es beim Bezahlen nicht zu einem Durcheinander. „An einem Bildschirm hinter der Theke kann verwaltet werden, wer welche Rechnung bezahlen muss“, erläutert Heiko Schäffel von der Firma Rossmann, die den Bezahlautomaten in der Metzgerei aufgestellt hat.
Lohnt sich der Bargeldautomat?
Das Abkassieren gehe nach Erfahrung Hausers zwei bis drei Mal so schnell wie vorher. Und auch für den, der sich um die Finanzen kümmert, ist der Automat eine Arbeitserleichterung. „Die Abrechnung dauert jetzt keine fünf Minuten mehr“, sagt Hauser. Es könne auch nicht zu Unstimmigkeiten in der Kasse kommen.
Ist das Bezahlmodell also bald bei allen Bäckern und Metzgern in der Region zu finden? Eher nicht, wenn es nach Handelsexperte Bernd Ohlmann geht. Weil die Investitionskosten recht hoch sind – günstige Modelle gibt es der Firma Rossmann zufolge ab rund 8000 Euro –, glaubt Ohlmann nicht, dass sich viele Händler zu einem Kauf entschließen werden. „Self-Sale-Kassen, wie sie beispielsweise bei Ikea zu finden sind, haben sich auch nicht durchsetzen können“, sagt er.
Das liege auch daran, dass die Zeitersparnis nicht so hoch sei wie angenommen. Dass viele Geräte nur Bargeld annehmen, ist für ihn ebenfalls ein Nachteil. „Kontaktloses Bezahlen über das Smartphone oder per Fingerabdruck ist gerade ein großes Thema“, erzählt Ohlmann. Für ihn stelle sich deshalb die Frage, ob sich ein Bargeldautomat überhaupt lohnt – wenn es doch möglicherweise bald kein Bargeld mehr gebe.
Die Händler der Geräte sind trotzdem optimistisch. „Es gibt viele Anfragen von Metzgereien und Bäckereien“, sagt Heiko Schäffel. Auch größere Supermarktketten würden Interesse zeigen. Der Automaten-Hersteller Glory spricht ebenfalls von einem erfolgreichen Jahr. Siegfried Hauser, der Metzger aus Mauerstetten, will sein Angebot auch erweitern. Bald sollen seine Kunden mit der EC-Karte an dem Gerät bezahlen können. „Ob es sich finanziell für uns lohnt? Ich weiß es nicht“, sagt er. Aber der Automat komme so gut an, dass er ihn nicht mehr missen möchte.
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