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Petition gegen Alkohol ab 14

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Alkoholkonsum: Warum sich dieser Aichacher gegen begleitetes Trinken einsetzt

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    In Deutschland dürfen 14- und 15-Jährige in Begleitung eines Erziehungsberechtigten Alkohol trinken. Die Möglichkeit soll nun abgeschafft werden.
    In Deutschland dürfen 14- und 15-Jährige in Begleitung eines Erziehungsberechtigten Alkohol trinken. Die Möglichkeit soll nun abgeschafft werden. Foto: Matthias Balk, dpa (Symbolbild)

    Wenn es ein Thema gibt, das Benjamin Trautmann besonders am Herzen liegt, ist es die Gesundheit. Der 47-Jährige aus dem Aichacher Ortsteil Klingen ist Krankenpfleger und erlebt kaum einen Tag, an dem er nicht mit Menschen zu tun hat, die alkoholbedingt erkrankt sind. Deshalb will Trautmann nicht hinnehmen, dass im Jugendschutzgesetz das sogenannte „begleitete Trinken“ verankert ist. Es erlaubt 14- und 15-Jährigen in Deutschland, in Begleitung eines Erziehungsberechtigten „leichten“ Alkohol wie Bier, Wein und Schaumwein zu trinken. Und so reichte Trautmann – selbst Vater eines 22- und eines 15-jährigen Sohnes – im Juli eine Petition im Bayerischen Landtag ein, um gegen das begleitete Trinken vorzugehen.

    „Allein in der vergangenen Nachtschicht hatten vier von zwölf Patienten Probleme, die der Alkohol ausgelöst hat“, sagt Trautmann im Gespräch mit unserer Redaktion. Deshalb könne er nicht nachvollziehen, warum es qua Gesetz erlaubt ist, „Jugendliche an dieses Zellgift und Suchtmittel heranzuführen“. Generell sieht Trautmann den deutschen Umgang mit Alkohol kritisch: „Ich kenne es aus keinem anderen Land, dass man an der Supermarktkasse Schnaps und Alkohol neben Kindersüßigkeiten kaufen kann.“

    Minderjährige und der Alkohol: Fast jeder zehnte Zwölf- bis 17-Jährige trinkt einmal die Woche

    Die Zahl der Zehn- bis 20-Jährigen, die mit Alkoholvergiftung in bayerischen Krankenhäusern behandelt wurden, ist in den vergangenen Jahren zwar von 6167 im Jahr 2014 auf 2044 im Jahr 2022 gesunken, wie es vom Bayerischen Gesundheitsministerium heißt. In der Drogenaffinitätsstudie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gaben 2023 aber gleichzeitig 63 Prozent der befragten Zwölf- bis 17-Jährigen an, schon einmal Alkohol getrunken zu haben. Fast jeder Zehnte trank zudem mindestens einmal pro Woche Alkohol.

    63
    So viel Prozent der Zwölf- bis 17-Jährigen haben 2023 angegeben, schon einmal Alkohol getrunken zu haben

    Auslöser für Trautmanns Petition war das Cannabisgesetz, das dieses Jahr in Kraft trat: „Da hat sich der Staat viel Mühe gegeben, den Kinder- und Jugendschutz zu wahren. Das wünsche ich mir auch für den Alkohol.“ Kurios: Vor mehr als 15 Jahren hatte Trautmann bereits eine Petition im Bundesrat eingereicht – um Cannabis als Arzneimittel zuzulassen und Patienten den Zugang zu erleichtern. Ab 2017 konnten Ärztinnen und Ärzte schließlich medizinisches Cannabis legal verschreiben. Einen eigenen Anteil daran sieht Trautmann nicht: „Die Petition war ja viele Jahre vorher.“

    Benjamin Trautmann aus Klingen will gegen das begleitete Trinken vorgehen, das 14- und 15-Jährigen in Deutschland erlaubt, in Begleitung eines Erziehungsberechtigten Alkohol zu trinken.
    Benjamin Trautmann aus Klingen will gegen das begleitete Trinken vorgehen, das 14- und 15-Jährigen in Deutschland erlaubt, in Begleitung eines Erziehungsberechtigten Alkohol zu trinken. Foto: Dominik Durner

    Ähnlich wird es mutmaßlich auch beim begleiteten Trinken sein. Der Bayerische Sozialausschuss beriet Trautmanns Petition zwar vor Kurzem und beschloss, sie der Staatsregierung weiterzuleiten. Wie das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales – wo auch der Jugendschutz angesiedelt ist – aber auf Nachfrage mitteilt, behandelten die Gesundheitsminister und -senatoren der Länder bereits Mitte Juni das Thema.

    Petent Benjamin Trautmann: Viele wissen weder von Petitionen noch von begleitetem Trinken

    Bei der Gesundheitsministerkonferenz wiesen sie unter anderem „einstimmig auf die gravierenden gesundheitlichen Folgen frühzeitigen Alkoholkonsums“ hin. Sie baten außerdem die Arbeitsgemeinschaft Sucht im Bund, die geltenden Regelungen zu prüfen und mögliche Maßnahmen zur Prävention vorzulegen. Das Jugendschutzgesetz kann als Bundesgesetz nur von Berlin aus geändert werden. Dennoch sagt eine Sprecherin des Bayerischen Sozialministeriums: „Herr Trautmann hat zwar nichts angestoßen, gerade im Bereich Jugendschutz ist man aber auf ein breites Meinungsbild angewiesen. Und da ist diese Petition auf jeden Fall ein wichtiger Baustein.“

    Für Benjamin Trautmann macht das wenig Unterschied in der Dringlichkeit seines Anliegens. Von den Ergebnissen der Gesundheitsministerkonferenz erfuhr er erst, nachdem er seine Petition bereits eingereicht hatte. „Am Ende soll es einfach nur ein Zeichen aus der Bevölkerung sein: ‚Tut etwas!‘“, sagt Trautmann. Sich als Bürger am politischen Betrieb zu beteiligen, in diesem Fall durch eine Petition, sei Teil seines Demokratieverständnisses: „Das Spannende ist: Viele Menschen, mit denen ich spreche, wissen weder, dass es die Möglichkeit für Petitionen noch das begleitete Trinken gibt.“

    Außerdem sei die Konferenz bereits im Juni gewesen, mittlerweile sei es aber November. Trautmann sagt: „Es ist einfach noch einmal ein Denkanstoß.“ Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) sagt zumindest auf Nachfrage dieser Redaktion: „Der Konsum von Alkohol bedeutet für Kinder und Jugendliche ein besonders hohes Gesundheitsrisiko. Deshalb sollte das sogenannte ‚begleitete Trinken‘ meiner Ansicht nach abgeschafft werden.“

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