Nicht nur die Weißstorchpopulation im südlichen Ammerseegebiet und speziell in Raisting wächst von Jahr zu Jahr. Seit Frühjahr 2024 ist der Ammersee auch wieder Heimat einer weiteren bekannten Vogelart: Im Ammermoos gar nicht so weit vom (seit Kurzem gesperrten) Aussichtsturm bei Dießen hat ein Fischadler-Paar einen Horst errichtet - und erfolgreich zwei Jungvögel großgezogen. Es handelt sich nach Einschätzung der Ramsar-Gebietsbetreuung um die erste Brut eines Fischadlers am Ammersee-Südufer seit mutmaßlich 200 Jahren. Nach vier Wochen Brut schlüpften im Sommer zwei Küken und überlebten auch manches Unwetter. Im Spätsommer waren beide Jungtiere flügge und erkundeten das Naturschutzgebiet am Ammersee-Südende.
Bisher hatte man am Ammersee Fischadler nur als Durchzügler beobachten können. Sie stammen aus nordöstlichen Brutgebieten und verbringen die Wintermonate überwiegend in West- und Zentralafrika, teilweise auch am Mittelmeer. Die auffällig hellen Greifvögel ernähren sich ausschließlich von Fisch und beeindrucken durch ihre Flugkünste. Nachdem sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland durch den Menschen fast ausgerottet wurden, breiten sich Fischadler auch in Bayern langsam wieder aus. Das Muttertier vom Ammersee ist 2021 in einem Oberpfälzer Teichgebiet geschlüpft und wurde dort beringt. Nach wie vor stehen Fischadler auf der Roten Liste in der Kategorie 1. Sie sind vom Aussterben bedroht und gehören daher zu den besonders und streng geschützten Arten.
Seit Ende Mai saß immer einer der beiden Fischadler fest auf dem Horst
Seit Anfang April bauten zwei Fischadler am Ammersee an einem sogenannten „Spielhorst“ des vorangegangenen Jahres weiter. Dieser befindet sich auf einem abgestorbenen Baum am Auslauf der Alten Ammer. Bis Ende Mai sammelten beide Fischadler Nistmaterial, recht spät für ein typisches Fischadler-Brutjahr. Fischadler sind sehr störungsanfällige Tiere, sie reagieren schon auf ungewohnte Ereignisse in 300 Metern Entfernung. Schon eine einzige Annäherung an ihren Nest-Standort kann dazu führen, dass sie ihren Brutversuch aufgeben.
Deshalb wurden von der Gebietsbetreuung Ammersee, den Naturschutzbehörden und der Wasserwacht Dießen Bojen vor der Fischadler-Bucht ausgebracht. Viele Berufsfischer sowie Wassersportler aller Art verzichteten dankenswerterweise auf die Befahrung der Bucht. Trotz Stürmen und Starkregenereignissen saß ab der letzten Mai-Woche dann endlich immer einer der Fischadler fest auf dem Horst.
Ende Juni konnte das erste junge Fischadler am Ammersee erblickt werden
Vier Wochen später konnte Ende Juni ein Ornithologen einen kurzen Blick auf ein Junges erhaschen und Vogelfreunde filmten, wie das Weibchen ein kaum erkennbares Jungtier fütterte. Bald darauf stellte die Gebietsbetreuung Ammersee fest, dass sogar zwei Küken geschlüpft waren. Es folgten weitere sieben Wochen, in denen die Fischadler beim Großwerden beobachtet wurden. Das Männchen ging auf Jagd und brachte Fische an den Horst, wo das Weibchen sofort anfing, die Beute zu zerteilen und ihren Jungtieren zu verfüttern. Die Jungtiere wachsen schnell und bald konnte man ihre Köpfe aus dem Horst ragen sehen.
Dann war es Anfang August so weit: Eines der Jungtiere machte Flugübungen am Horst, um seine Flugmuskulatur zu stärken. Kurz darauf konnte die Gebietsbetreuerin eines der Jungtiere sogar bei seinem ersten Flug aus dem Nest beobachten.
Bei den Weißstörchen ist auch ein kühler und regnerischer Frühsommer nicht existenzbedrohend
„Hier wird deutlich, wie wichtig unsere Naturschutzgebiete als letzte Rückzugsorte für eine wilde Natur und die Einhaltung ihrer Grenzen sind. Allen Helfern und Unterstützern wie der Wasserwacht und Wasserschutzpolizei Dießen, den Naturschutzämtern, den Berufsfischern und den freiwilligen Beobachtern sei von Herzen gedankt“,hieß es im September in einer Mitteilung der Gebietsbetreuung.

Das Storchenjahr im Raum Ammersee/Weilheim litt unter dem regnerischen Wetter in der ersten Sommerhälfte, vor allem am ersten Juni-Wochenende. Das führte dazu, dass nur etwa ein Drittel der durchnässten und unterkühlten Jungtiere überlebte. Aber inzwischen gibt es in der Region ja eine stabile Storch-Population. Allein in Raisting, wo sich 2004 das erste Storchenpaar ansiedelte, befinden sich 31 Nester, in denen in diesem Jahr 33 junge Weißstörche heranwuchsen, die am Ende des Sommers beringt wurden. Inzwischen sind weite Teile des Landkreises Weilheim-Schongau mit Weißstörchen bevölkert. 63 Horste wurden in diesem Jahr gezählt. In Fischen und Pähl gibt es je einen Horst, in Wielenbach zwei, in Weilheim drei, in Oderding einer und in Polling inzwischen bereits elf, so die Statistik des Landesbunds für Vogel- und Naturschutz (LBV).
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden