Zwölf Millionen Menschen leben in Sao Paulo, der größten Stadt Brasiliens. In Augsburg sind es rund 308.000 Menschen. Trotz dieses Unterschieds - Gabrielle Mailbeck, geboren in Brasilien, hat in Deutschland Angst. Migranten würden den Deutschen sowohl Wohnungen als auch Arzttermine und die Sicherheit nehmen, sagt die 36-Jährige. Deswegen kandidiert sie für die AfD.
Mailbeck ist zierlich, charmant, hat lange, schwarze Haare und sticht bei AfD-Veranstaltungen oft mit bunten Kleidern hervor. Ihr Äußeres ist ihr wichtig; das zeigt sich auf jedem Beitrag, ob auf Facebook, Instagram, Tiktok oder X. Bis zu 1000 Kommentare bekommt die 36-Jährige unter einem einzigen Bild. Die anderen Parteien würden online so langweilige Beiträge veröffentlichen, das interessiere die Menschen nicht. „Ich polarisiere.“ Mit dem Vokabular ihrer Partei: Es müsse Schluss sein mit dem „Schuldkult“, der „LGBTQ-Propaganda“; sie wolle wieder stolz darauf sein können, deutsch zu sein. Fotos mit Björn Höcke und Alice Weidel gehören ebenfalls zum Fundus in den Netzwerken, wie auch ein Video. Darin wird Mailbeck gefragt: „Scholz oder Merkel?“ - und antwortet „Björn Höcke“. Ja, sagt sie lächelnd, das würde sie heute immer noch sagen.
Erst engagiert sich Mailbeck bei der V3-Partei
Mailbeck hatte in Brasilien nach der Schule zuerst Theaterwissenschaften studiert. Dann will sie mehr über das Land von Brecht und Goethe erfahren. Mit ihrer eigenen Kultur sei sie nie so warm geworden wie mit der deutschen. In Augsburg lernt sie ein Jahr lang Deutsch und studiert Sprachwissenschaften. Weil sie sich pflanzlich ernährt und Tiere mag, engagiert sie sich anfangs für die V3-Partei. Zehn Monate später ist das vorbei. Mitten in der Corona-Pandemie ändert sich die Einstellung der jungen Frau fundamental. Mailbeck sagt, sie hatte sich immer eine Familie gewünscht. Die Geburt ihrer Tochter sollte das schönste Ereignis in ihrem Leben werden. Doch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und seine restriktive Corona-Politik hätten ihr und ihrem Mann diesen Moment genommen. Seitdem gibt es für die Mailbecks nur noch die AfD.
Beim Thema Nordrhein-Westfalen kommen ihr die Tränen
Auch linksradikale Angriffe auf ihr Zuhause und die Firma ihres Mannes stoppen sie nicht. „Da, wo es hart ist, reift man“, sagt Mailbeck. Sie arbeite von 7 Uhr morgens bis Mitternacht unter anderem für Beiträge in den verschiedenen sozialen Netzwerken. Urlaub gibt es nicht. Vorwürfe, die AfD sei rechtsradikal, gelten nicht. Schließlich sei sie das beste Beispiel dafür, dass die AfD Migranten nicht einfach abschiebe. Aber zu einer erfolgreichen Integration gehörten eben die deutsche Sprache und das Bekenntnis zu Deutschland. „Wer hier alles schlecht findet, dem wünsche ich einen guten Flug nach Hause“. Illegale, straffällige Menschen müssten „remigriert“ werden. Auf die Frage, wie die vielen Menschen aus dem Ausland, die etwa in Gesundheitsberufen tätig sind, dann ersetzt werden sollten, verweist Mailbeck auf eine aktive Einwanderungs-, Familien- und Geburtenpolitik.
Sie träumt von einem sicheren, freien Deutschland, wo eine Frau ohne Angst vor einer Vergewaltigung über die Straße gehen könne. „Kürzlich war ich in Nordrhein-Westfalen, das war ein Schock. Dort ist es schrecklich.“ So etwas wolle sie ihrer Tochter nicht hinterlassen, sagt die studierte Theaterwissenschaftlerin und Schauspielerin mit Tränen in den Augen. Gegenwind, ob von einer anderen Partei oder aus den eigenen Reihen, macht der Perfektionistin nichts aus. „Alles, was auf mich Druck ausübt, macht mich doch nur besser. Ich lerne“, sagt sie selbstbewusst.
Warum eine Home-Story? Der Artikel zur AfD-Kandidatin Gabrielle Mailbeck hat doch sehr an die Home-Stories aus der amerikanischen Politik erinnert. Warum muss in einer selbst als überparteilichen Zeitung, die stets auf Neutralität bedacht ist oder war, solch ein schönfärberischer Artikel über eine Kandidatin der AfD stehen, die bekennende Höcke-Fan ist? Frau Mailbeck ist schon des öfteren im schwäbischen Bezirkstag mehr als extremistisch aufgefallen. Sie spricht offen über "Remigration", was nichts anderes bedeutet, dass wahllos Menschen aus Deutschland abgeschoben werden sollen. Wer entscheidet darüber? Frau Mailbeck? Auch ihr Satz zum guten Flug nach Hause macht deutlich, wie es ihr um Menschenrechte geht. Es ist eine Frechheit, NRW als schrecklich zu bezeichnen. Woher nimmt Frau Mailbeck ihre Einschätzung? Reicht ein einmaliger Besuch? Schade, dass die AZ sich für eine solche Home-Story hergibt.
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