Während Luca schon ein alter Hase ist, ist Maja eher neu im Geschäft. Beide Hunde eint, dass sie im Bezirkskrankenhaus (BKH) Augsburg zu tiergestützten Interventionen eingesetzt werden. „Wenn ich ohne Hund komme, sind die Patienten enttäuscht. Es gibt viele Nach- und Anfragen“, sagt Sarah Brandl aus Aretsried. Sie ist die Besitzerin von Luca, einem bosnischen Straßenhund. Der schwarze Vierbeiner mit seinen treuen Augen ist Teil des Teams der Station A1, einer Adoleszenten-Station. Dort werden junge Patientinnen und Patienten im Alter zwischen 18 und 27 Jahren behandelt, die zum Beispiel traumatische Erfahrungen gemacht haben oder unter Persönlichkeitsstörungen leiden. Eine große Hilfe auf dem Schritt zur Gesundung ist in vielen Fällen Luca.
Maja ist seit gut zwei Jahren im Team. Patienten kommen in der Regel in den Therapieraum, wo der Pudel-/Golden-Retriever-Mix ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubert. In der tiergestützten Therapie findet eine zielgerichtete Behandlung statt. „Das ist eine absolute Erfolgsgeschichte“, sagt ihre Besitzerin Mona Bäuml. Die Ergotherapeutin hat eine Weiterbildung zur Fachkraft für tiergestützten Intervention erfolgreich abgeschlossen. Zusätzlich haben sie und Maja eine Ausbildung zum Mensch-Hund-Team gemacht. „Wenn unsere Patienten wissen, dass ein Termin mit uns ansteht, sind sie motivierter, ausdauernder und pünktlich da. Das funktioniert sehr gut“, berichtet Bäuml. Ihre Kollegin Sarah Brandl nickt. „Im Kontakt mit den Tieren kommen bei den Patienten viele Sachen zum Vorschein. Sie profitieren ungemein. Die meisten sagen, das sei der schönste Tag der Woche, wenn sie einen der Hunde oder Ponys streicheln dürfen.“
Püppi, Moritz und Tinkabell heißen die Ponys
Ponys? Ja, richtig. Die gibt es im BKH inzwischen auch. Genauer gesagt, drei. Püppi, Moritz und Tinkabell – so heißen die drei Shetlandponys – gehören ebenfalls Sarah Brandl. Die Heilerziehungspflegerin transportiert sie mehrmals pro Woche von ihrem Stall in Aretsried (Kreis Augsburg) nach Augsburg, wo Patienten und BKH-Mitarbeiter mit ihnen auf dem weitläufigen Klinikgelände des BKH und drumherum ihre Runden drehen.
„Hunde – ob ausgebildete Therapie- oder Stationshunde – tun auf offenen Stationen im Stationssetting sehr gut“, weiß Sarah Brandl. Sie tragen zu einer entspannteren Atmosphäre bei und helfen Menschen, ihre emotionale Instabilität zu überwinden. Positives erleben die Therapeutinnen auch mit den Ponys. „Es gibt Patienten, die den ganzen Tag im Bett liegen. Aber wenn sie hören, dass die Ponys kommen, dann stehen sie auf.“
Allerdings gilt es einiges zu beachten. Bis ein Hund in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik eingesetzt werden kann, muss ein Gutachten bescheinigen, dass er für diese Tätigkeit charakterlich geeignet ist. Der Vierbeiner muss selbstverständlich gesund, geimpft und entwurmt sein. „Das Verhältnis zwischen Halter und Hund muss absolut intakt sein. Das Tier muss ein freundliches Wesen haben, darf nicht schreckhaft sein und soll grundsätzlich Interesse an anderen Menschen haben“, zählt Brandl weitere Voraussetzungen auf. Außerdem darf der Hund nicht überfordert werden. Die Arbeit mit den Patientinnen und Patienten verlangt auch ihm einiges ab.

Das gilt für die Ponys genauso. Maximal jeweils zwei bringt Sarah Brandl mit. Nicht mehr als zwei Stunden am Tag sind sie dann rund ums BKH mit den Patienten unterwegs. „Shetlandponys sind sehr schlau. Sie sind gut für das, was wir hier tun“, beschreibt die Heilerziehungspflegerin die Tiere. Pferde spiegelten den Charakter des Menschen, mit dem sie zu tun haben, wider, sie könnten über seine Körpersprache viel herauslesen und würden Schwächen aus ihm regelrecht „herauskitzeln“.
Der eingesetzte Hund muss vorher einen Wesenstest machen
In den vergangenen Monaten wurde die tiergestützten Interventionen innerhalb der Ergotherapie im BKH auf neue Beine gestellt. Sie gehört nun zu den Komplementärtherapien, die Michael Lochner seit Ende vergangenen Jahres leitet. „Da natürlich nicht jeder Hundebesitzer sein Tier einfach zur Arbeit mitbringen kann, haben wir Regeln aufgestellt. So muss der Hund beispielsweise einen Wesenstest bestehen und die Freigabe durch das Gesundheitsamt erhalten“, berichtet Lochner.
Die Fahrt geht wöchentlich zum Bauernhof nach Herpfenried
Zusätzlich fahren BKH-Mitarbeitende mit älteren Patientinnen und Patienten einmal pro Woche nach Herpfenried (Gemeinde Horgau; Kreis Augsburg), um den Rehhof zu besuchen. Dort können die betagten Senioren, die unter anderem an Demenz leiden, einen Vormittag lang Hühner füttern, Kaninchen und Meerschweinchen in ihrem Gehege besuchen, füttern und streicheln. Auch im Esel- und Ziegenstall können die Tiere gestreichelt und gebürstet werden. „Die Begeisterung ist groß. Bei den meisten Senioren liegt es schon viele Jahre zurück, dass sie Kontakt mit Tieren hatten. In solchen Momenten fällt ihnen wieder sehr viel von früher ein. Es werden Sinne angesprochen, die Bewegung an der frischen Luft tut gut. Es gibt Gesprächsstoff ohne Ende“, berichtet Mona Bäuml von den zahlreichen positiven Erfahrungen. Sie hatte den Kontakt zu dem Erlebnisbauernhof geknüpft. Das Angebot soll bald auf zweimal pro Woche erweitert werden. (AZ)
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden