
Das Lichterfest Chanukka vertreibt die Finsternis

Erstmals feierten die Augsburger das jüdische Lichterfest Chanukka gemeinsam. Es sollte auch ein Zeichen gegen Antisemitismus sein.
Gibt es Schöneres, als das Licht zu feiern? In der dunkelsten Zeit des Jahres sollten in Augsburg am Montagabend erstmals gemeinsam die Chanukka-Kerzen entzündet werden. Anstelle einer interreligiösen Feier vor dem Rathaus sollte es am Montagabend allerdings nur eine im Internet übertragene Zeremonie im Augustanasaal geben. Und Rabbiner Henry G. Brandt, von dem die Initiative ausging, konnte nur aus dem fernen Zürich teilnehmen. Eine festlich-fröhliche Stimmung verbreitete sich dennoch.
„Wir sind gekommen, um die Dunkelheit zu vertreiben. In unseren Herzen sind Licht und Feuer. Jeder von uns ist ein kleines Licht, aber gemeinsam sind wir ein Strahl.“ So hieß es im hebräischen Lied, das Kantor Nikola David im Augustanasaal anstimmte. Tatsächlich ist Chanukka das Fest eines Sieges – der Schwachen über die Mächtigen, der Wenigen über die Vielen, erklärte Rabbiner Brandt. Es erzählt davon, wie fremde Heere das Volk Israel gewaltsam unterdrückten und ihren Tempel in Jerusalem entweihten. Wie durch ein Wunder entgingen die Juden der Gefahr und als der Tempelleuchter wieder entzündet wurde, reichte das bisschen übrig gebliebene, reine Öl für ganze acht Tage. Nach und nach werden sie an Chanukka auf dem Leuchter entzündet.
Das Lichterfest in Augsburg soll Mut machen und Zuversicht schenken
„Chanukka ist ein Fest des Lichtes, der Hoffnung und des Friedens. Darin sollten sich in unserer Stadt alle Religionsgemeinschaften vereinigen“, wünschte Oberbürgermeisterin Eva Weber im Augustanasaal. Gerne hätte sie draußen mit allen Bürgern ein fröhliches und geselliges Fest gefeiert, „denn zu Chanukka gehören Musik, Krapfen, Kartoffelpuffer und Geschenke für die Kinder“. Dieses Lichterfest könne gegenseitig Mut machen und einander Zuversicht schenken. Was gerade in Pandemie-Zeiten so wichtig sei – nicht zuletzt im Gedenken an Angehörige, die an Corona verstorben sind. Das gemeinsame Chanukka möge eine wiederkehrende Tradition in Augsburg werden.
Den Gruß von Diözesanbischof Bertram Meier, der noch bis Sonntag in Quarantäne zuhause bleibt, richtete die Vorsitzende der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Gertrud Kellermann, aus. Besonders in diesem Corona-Winter, so Meier, sei zu spüren, „dass wir noch lichtbedürftiger, noch wärmebedürftiger sind als sonst“. In manch dunkler Situation sei zu erfahren, wie vertraute Menschen mit ihren Dasein Licht und Wärme spenden. „Freundinnen und Freunde sind Lichtträger", schrieb der Bischof. In der Gemeinschaft rund um den Chanukka-Leuchter „streift uns eine Ahnung jenes göttlichen Urgrunds, der uns alle umfängt“. Allen wünschte Bischof Meier, dass sie den unauslöschlichen Funken des Respekts, der Achtung und der Friedensliebe mitnehmen „und dass wir eine Lichtspur ziehen dorthin, wo jeder von uns lebt und wirkt“.
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Knapp fasste sich Imam Emre Demir aus der Eschenhof-Moschee. "Möge uns jeder Tag mit dem Licht Gottes schützen", sagte er. Solche Feiertagen zeigten, wie wichtig das Miteinander, Füreinander und Nebeneinander der Religionen sei.
Antisemitismus darf niemals unser Miteinander zerstören
„Wie schön, die festliche, leuchtende Nähe unserer Religion zu spüren“, so leitete der evangelische Regionalbischof Axel Piper seine Botschaft ein. „Wir brauchen das gemeinsame Feiern, um Kräfte zu sammeln und unser gemeinsames Erbe zu bewahren und lebendig fortzuentwickeln.“ Piper beklagte den Antisemitismus, der sich wieder finster Bahn breche in Deutschland und appellierte dazu, „dass diese Dunkelmänner niemals unser Miteinander zerstören dürfen“ und dass sie den glänzenden Geist, den brillanten Witz, die strahlende Kultur des Judentums nehmen. Chanukka und Weihnachten seien ein klares Gegenprogramm zu solcher dunkler Macht, betonte Regionalbischof Piper.
Deutlich wurde dies vor allem, als Kantor David begleitetet von Segenssprüchen („Gott, Fels meiner Rettung, ich danke dir für all deine Wunder“) die fünfte Kerze am Leuchter entzündete. Die familiäre Freude leuchtete in volkstümlichen sephardischen Weisen aus dem alten Spanien auf („uno, dos, tres kandelikas“) und im jiddischen Medley, das der israelische Sänger Yoed Sorek zum Ausklang nach 50 Minuten vortrug: „Lasst uns alle singen, lasst uns alle springen, lasst uns alle tanzen.“
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