
Der Färberturm im Textilviertel wird zum wichtigen Begegnungsort

Plus Der historische Färberturm im Augsburger Textilviertel ist einer der letzten in Deutschland. Wie er nun als Veranstaltungsort genutzt wird.
In den Färberturm ist Leben zurückgekehrt. Wie einst flattern bunte Stoffbahnen im Wind. Das Wahrzeichen des Augsburger Textilviertels auf dem Gelände der ehemaligen Kammgarn-Spinnerei war 2018 nach einer jahrzehntelangen Phase des Leerstands und des stetigen Verfalls renoviert worden und 2020 in die Hände der Bürgeraktion Textilviertel übergeben worden. Als eine der wenigen Bedingungen wurde vonseiten der Stadt Augsburg gefordert, dass der Färberturm von da an regelmäßig für Veranstaltungen und als Begegnungsort genutzt wird. Diese Bedingung haben Matthias Hefele, der Vorsitzende der Bürgeraktion Textilviertel, und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter, in seinen Augen nicht nur erfüllt, sondern sogar übertroffen.
Textilviertel ist innenstadtnah und dennoch bezahlbar
Am Tag der offiziellen Einweihung, der genau zwei Jahre nach der Schlüsselübergabe durch die Schirmherrin und Oberbürgermeisterin der Stadt Augsburg Eva Weber stattgefunden hat, haben sich trotz wechselhaften Wetterbedingungen zahlreiche Bürgerinnen und Bürger vor dem Färberturm zusammengefunden. Die rund 60 Mitglieder der Bürgeraktion Textilviertel e. V. wohnen mehrheitlich im Augsburger Textilviertel und engagieren sich schon seit Jahren für den Erhalt und die Revitalisierung des vormals industriell so bedeutsamen Augsburger Stadtteils. Hefele, der gebürtig aus Lutzingen im Landkreis Dillingen stammt und erst seit wenigen Jahren im Augsburger Textilviertel wohnt, ist besonders stolz darauf, dass in den vergangenen Jahren immer mehr Menschen die Vorzüge des Textilviertels erkannt haben. Für ihn liegen diese klar auf der Hand. Das Textilviertel besitzt in seinen Augen die perfekte Symbiose aus relativer Nähe zur Innenstadt, einer guten verkehrstechnischen Anbindung sowie aktuell noch bezahlbarem Wohnraum. Dies würde besonders dazu führen, dass sich auch Studentinnen sowie junge Familien im Textilviertel ansiedeln und "frischen Schwung" in das Stadtviertel bringen, so Hefele.

Der Färberturm, dessen Sanierung erst vor wenigen Wochen mit dem schwäbischen Denkmalpreis ausgezeichnet wurde, könnte als soziokultureller Treffpunkt seiner Meinung nach auch ausgesprochen gut bei dieser Zielgruppe ankommen. Die besondere Konstruktion eines abgeschlossenen Gebäudes innerhalb des Turmes sowie die Kombination aus alten und neuen Baumaterialien lassen ein breites Spektrum an Nutzungsmöglichkeiten zu: von der Geburtstagsfeier über ein regelmäßiges Zusammentreffen eines Sprachkurses bis hin zu kleinen Konzerten für ein ausgewähltes Publikum. Der Fantasie seien hierbei kaum Grenzen gesetzt, so Hefele. Die einzigen beiden Wermutstropfen seien die verhältnismäßige geringe Anzahl von 20 Personen, die gleichzeitig den Färberturm betreten dürfen, und dass die eingeschränkte Parkplatzsituation vor Ort und im nahen Umfeld dazu beiträgt, dass kaum Nutzungsanfragen von "Auswärtigen" auf dem Tisch von Matthias Hefele landen. An jedem ersten Mittwoch des Monats findet im Färberturm abends ein offener Stammtisch statt, bei dem Anwohnerinnen und Anwohner des Textilviertels dazu eingeladen sind, sich zu treffen und an der Weiterentwicklung des Stadtteils mitzuwirken.
Die Textilmotten erfüllen den Färberturm in Augsburg mit Leben
Eine weitere Gruppierung, die sich regelmäßig im Färberturm zusammenfindet, sind die Textilmotten rund um Petra Wagner. Bei den Textilmotten handelt es sich um etwa zehn bis 15 Frauen im Alter von 45 bis 85, die sich an jedem zweiten Sonntag des Monats treffen und gemeinsam stricken, nähen, filzen und sich währenddessen auf den neuesten Stand bringen. Ein bis zweimal pro Jahr laden die Frauen eine Expertin oder einen Experten rund um den Themenbereich Textil in den Färberturm ein, um von ihm oder ihr den Umgang mit einer neuen Technik aus dem Textilhandwerk zu lernen.
Ein besonderes Highlight war in den vergangenen Jahren das Herstellen von traditionellen Posamentenknöpfen, die häufig in Trachten und sakralen Gewändern Anwendung finden, sowie von Espadrilles, den typischen Sommerschuhen aus Spanien. Diese Mischung aus dem Erlernen von traditionellen und zeitgenössischen Textiltechniken sowie dem regelmäßigen Austausch vor dem Hintergrund der Kulisse des historischen Textilturms ist in den Augen von vielen Mitgliedern der Textilmotten einzigartig im Raum Augsburg.
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