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Stellenabbau und Abwanderung nach Osteuropa: Bei Eberle ist die Stimmung angespannt

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Abwanderung nach Osteuropa: Bei Augsburger Traditionsfirma ist die Stimmung angespannt

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    Das Traditionsunternehmen Eberle aus Augsburg-Pfersee verlagert einen Teil seiner Produktion nach Osteuropa.
    Das Traditionsunternehmen Eberle aus Augsburg-Pfersee verlagert einen Teil seiner Produktion nach Osteuropa. Foto: Ulrich Wagner (Archiv)

    „Die Stimmung in der Belegschaft ist nicht besonders gut“, sagt Eberle-Betriebsrat Pasquale Bartilomo. Kein Wunder: Anfang Dezember war bekannt geworden, dass das Augsburger Traditionsunternehmen die Produktion seiner Bimetall-Bandsägen spätestens Ende 2025 nach Osteuropa verlagert und das bis zu 90 der rund 300 Arbeitsplätze kosten wird. Dass Eberle, wie viele andere Unternehmen aus der Metall- und Elektroindustrie, mit den aktuellen Gegebenheiten zu kämpfen habe, sei klar gewesen. „Dass Teile der Produktion ins Ausland verlagert werden, war allerdings ein Schock“, so der Betriebsrat weiter. Ehemalige Führungskräfte erheben unterdessen Vorwürfe gegen die Muttergesellschaft von Eberle, die Greiffenberger AG.

    60 bis 90 Stellen wird die Produktionsverlagerung kosten, hieß es im Dezember. Wie viele es am Ende konkret werden, stehe noch nicht fest, erklärt Geschäftsführer Gernot Egretzberger. „Wir müssen gewisse Einsparungen erreichen. Der Weg dahin ist unter anderem mit Betriebsrat und IG Metall verhandelbar.“ Dazu stehe man bereits in regem Austausch mit Lieferanten und Kunden, um weitere Potenziale zu heben und versuche betroffene Beschäftigte, die nichts für die Lage könnten, an andere Unternehmen zu vermitteln. Für Betriebsrat Bartilomo ist das allerdings nur bedingt befriedigend. „ Die Belegschaft hat zuletzt immer wieder verzichtet und ist dem Unternehmen entgegengekommen. Inwiefern man nun erneut dazu bereit ist, hängt individuell von der Situation jedes Einzelnen ab.“ Der Betriebsrat werde zudem in den weiteren Verhandlungen nachhaken, ob die Verlagerung der Arbeitsplätze tatsächlich die einzige Lösung ist.

    Produktion in Deutschland für Eberle nicht mehr wirtschaftlich darstellbar

    Aus Sicht von Egretzberger ist diese unausweichlich. Die Rahmenbedingungen am Standort Deutschland würden eine wettbewerbsfähige Produktion nicht weiter zulassen. Hohe Energie- und Lohnkosten gepaart mit Bürokratie und Auflagen seien zu viel. „Die Mehrkosten, die wir an die Kunden weitergeben müssten, werden nicht mehr akzeptiert. Dann kauft man trotz Qualität Made in Germany lieber beim Mitbewerber aus China.“ Ein Maßnahmenpaket habe nicht gegriffen. „Wir müssen erkennen, dass sich die Rahmenbedingungen, auf die wir keinen Einfluss haben, so entwickelt haben, dass wir nicht mehr gegensteuern können.“. Die Verlagerung der Produktion von Bimetall-Bandsägen sei derzeit der einzige Weg, das gesamte Unternehmen zu sichern. Unter anderem deshalb, weil für diese Produktion Material gebraucht wird, das weiter in Augsburg entstehen wird.

    J.N. Eberle ist die mittlerweile einzige Tochtergesellschaft der Greiffenberger AG. Drei frühere Beschäftigte, darunter der ehemalige Gründungsgeschäftsführer der Eberle Italia und USA, Hermann Alfaro, üben gegenüber unserer Redaktion deutliche Kritik am Agieren der Greiffenberger AG in den zurückliegenden Jahren. Mit dem durch Eberle verdienten Geld seien Firmen zugekauft worden, das Vermögen allerdings „in den neuen Hoffnungsträgern versickert“. Dass Eberle-Gewinne später zur Bedienung von Krediten gedient hätten, sei ein Teil der Misere.

    Aufsichtsrats-Chef kontert Kritik an der Geschäftspolitik

    Aufsichtsratschef Stefan Greiffenberger kontert: „Diese Vorwürfe sind schlicht falsch. Finanzielle Verluste durch eine von der Greiffenberger AG übernommene Firma, deren Restrukturierung nicht geglückt ist, sind in den 90er-Jahren sogar mit dem Privatvermögen und nicht mit Geldern aus der AG ausgeglichen worden. Eberle hat nie für Querfinanzierungen gedient.“ Stattdessen habe Eberle stets das umfangreiche Kapital erhalten, das nötig war. „Mein Vater hat Eberle als erstes Tochter-Unternehmen der späteren AG 1981 als schweren Sanierungsfall übernommen. Eberle hatte und hat damit für uns einen besonderen Stellenwert.“

    Auch die Erlöse aus dem Verkauf des Eberle-Grundstücks 2020 seien nicht zur Tilgung von AG-Schulden genutzt worden. Alle bestehenden Kredite der AG seien bereits 2016 durch die Verkäufe zweier Tochtergesellschaften abgelöst worden. Eberle habe parallel einen Kredit aufgenommen, der dem damals nötigen Fremdkapital entsprach. „Über strategische Fehler in der Vergangenheit kann man immer diskutieren. Aber der hier gewählte Ansatz ist die völlig falsche Ausgangsbasis“. Jetzt sei es das oberste Ziel, das Unternehmen erfolgreich in die Zukunft zu führen und so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten.

    Dazu gehöre es auch, am Umzug in einen Neubau nach Lechhausen festzuhalten, betont Gernot Egretzberger. Dieser sei weiter ein wichtiger Baustein, um das Unternehmen effizient aufzustellen. Allerdings werde der Neubau nun kleiner ausfallen, als ursprünglich geplant. Ein Umzug muss bis spätestens Ende 2027 erfolgen, weil Eberle 2020 sein Firmengrundstück in Pfersee verkauft hatte, um sich zu entschulden. Auf dem Areal sollen nun Wohnungen entstehen.

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    6 Kommentare
    Jochen Hoeflein

    DEU wird sich daran gewöhnen müssen, dass energieintensive Produktionen ins Ausland verlagert werden und damit Arbeitsplätze unwiederbringbar verloren gehen Dank der Berllner von Ideologie getriebenen Wirtschafts- und Energiepolitik. Die Produktion wird einfach eingestellt.

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    Gerold Rainer

    Die Industrie bekommt den elektrischen Strom im Gegensatz zum Privatkunden fast geschenkt. Der gesetzliche Mindestlohn hingegen muss eingehalten werden, was ja schließlich auch einer sozialen Verelendung im teuren Deutschland entgegenwirkt. Viel Bürokratie kommt aus der EU also dementsprechend gibt es die auch in Osteuropa. Problematisch wird es, wenn die grüne Verbotspartei im vorauseilendem Gehorsam noch mehr umsetzt, als Brüssel verlangt. Aber Hauptsache das Kiffen im öffentlichen Raum ist erlaubt, damit die Süchtigen ihre Klientelpartei wieder wählen. Bedauerlich und kurzsichtig finde ich die Strategie von Eberle, ins scheinbar billige Osteuropa zu flüchten, anstatt vermehrt auf Industrieroboter zu setzen.

    Thomas Keller

    Das Kiffen ist mitnichten überall erlaubt, im Gegenteil. Leider bringen die Roboter nichts wenn man das Geld für Menschen schon nicht hat.

    Franz Xanter

    Und weitere Unternehmen werden folgen! Solange keine gravierende Wende in der Energie- und Wirtschaftspolitik zu verzeichnen ist, werden nach und nach Unternehmen DEU verlassen!

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    Richard Merk

    Die Gründe liegen doch nicht nur in der Wirtschafts- und Energiepolitik. Wenn Sie etwas genauer zwischen den Zeilen lesen geht es hauptsächlich um Lohnkosten. Hätte die Belegschaft noch mehr verzichten müssen um dann mit Bürgergeld aufzustocken? Schauen Sie doch mal genauer hin, denn der Leidtragende ist immer der Arbeitnehmer und nicht der Arbeitgeber. Dafür lediglich Wirtschafts- und Energiepolitik in den Vordergrund zu schieben ist einfach zu billig.

    Wolfgang Schwank

    Der Standort in Osteuropa (innerhalb der EU) wird mit EU-.Geldern - wir sind bei den Hauptgeberländern - bestimmt heftig gefördert. Das heisst, der Arbeitsplatzabbau wird mit deutschem Steuergeld strikturpolitisch andernorts gefördert. Da denke ich gleich an das einstige Paradebeispiel, als Nokia Bochum geschlossen und mit x Millionen in Cluj/Rumänien (ist ja auch längst wieder Geschichte) subventioniert wurde. Eberle wird also in Augsburg ein greifbares Beispiel der Deindustrialisierung.

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