
Ein Heiliger mit hoher Strahlkraft in der Region


Im ganzen Bistum Schwaben finden sich Darstellungen des heiligen Ulrich. Der neue Kulturreiseführer "Bischof Ulrich" zählt nicht nur die Orte auf, sondern ordnet auch ein.
Nur die Mythen und Legenden wiedergeben? Nicht mit dem Verleger und Autor Martin Kluger, der sich auf die Spuren des heiligen Ulrich gemacht hat. Und die hat er nicht nur in Augsburg überreichlich gefunden, sondern auch im ganzen Schwabenland – im Ries und auf der Alb, im Donautal, aber auch tief im Allgäu in Bad Hindelang. Vor 1100 Jahren wurde dieser Uodalrîh (althochdeutsch für Ulrich) im Jahr 923 zum Bischof von Augsburg geweiht. Woher er stammt? Man vermutet nur, man weiß es nicht. Es könnte in Wittislingen nahe Dillingen gewesen sein, das Dorf reklamiert die Ehre für sich. Aber Kluger bringt in seinem soeben erschienenen Kulturreiseführer "Bischof Ulrich" auch Dillingen und Sulmetingen als möglichen Geburtsort an. Und Ulrich selbst soll behauptet haben, dass er aus Augsburg stammt.
Eingegangen in die Verehrung des Heiligen sind die Legenden um ihn. Er, der Bischof, der Augsburg und das Reich gegen das einfallende und verwüstende Heer der Ungarn verteidigte und dadurch einen Anteil am Gewinn der Lechfeldschlacht gehabt hat, wird später betend dargestellt: Seine Waffe soll das Gebet gewesen sein. "Ein gewaltfreier Bischof, ein aus einer Adelssippe stammender Kirchen- und damit Landesfürst, zu dessen Kindheit mit Sicherheit schon früh die Übung mit den Waffen gehört haben dürfte, entspricht aber vermutlich eher der Wunschvorstellung zivilisierter Zeiten als der von brutaler Gewalt dominierten Lebensrealität des Mittelalters", hält Kluger dagegen. Entgegen der Heiligenverehrung, entgegen der vielen Darstellungen in den Kirchen der Region müssen wir uns den historischen Ulrich mehr wie einen Fürsten des Mittelalters als einen Bischof der Gegenwart vorstellen.
Das Buch "Bischof Ulrich" zählt nicht nur auf, es ordnet auch ein
Das 216 Seiten starke Buch, das in Klugers Context Verlag erschienen ist, zählt nicht nur Orte und Kunstwerke auf, es ordnet auch ein und erläutert etwa, warum Ulrichs Attribut oft der Fisch ist und warum er als Brunnenheiliger gilt und als Schutzpatron bei Wassergefahren angerufen wird. Im Mittelalter waren Lech und Wertach ungezähmte Flüsse, die immer wieder starkes Hochwasser führen konnten. Zu den Legenden um Ulrich zählt ein Wasserwunder am Rhein. Den Strom soll der Augsburger Bischof trockenen Fußes durchquert haben, durch den Hochwasser führenden Taro in Norditalien soll er ebenfalls gefahrlos gekommen sein. Daraus entstand dann die Überlieferung von Ulrich als dem Schutzpatron bei Wassergefahren. In Süddeutschland und Österreich soll es um die 50 Ulrichsbrunnen geben, "deren Wasser in der Vergangenheit teilweise heilende Wirkung bei Augenleiden zugeschrieben wurde". Diese Form der Verehrung finde man bis an die Grenze des Weinviertels in Österreich.
Wie weit die Verehrung reichte, zeigt der Kulturreiseführer "Bischof Ulrich. Ein Heiliger aus Augsburg" ebenfalls detailliert. Dass der Bistumsheilige in der näheren Umgebung Augsburgs oft zum Beispiel in Kirchen, aber auch Brunnen zu entdecken ist, versteht sich. Doch im Allgäu taucht er ebenfalls häufig auf. Das liegt mit daran, dass der Bischof in Marktoberdorf, Kempten und Hindelang gleich drei Nebenresidenzen unterhielt. Die Ulrichsverehrung in Bad Hindelang kam auch deshalb zustande, weil Ulrich unter anderem um gutes Wetter angerufen wurde – das war für die Bergbauern wichtig.
Augenzwinkernd endet das Buch dann, in historischen Dimensionen gemessen, fast in der Gegenwart. Der Abwehr der Ungarn wird 1000 Jahre später das Wunder von Bern gegenübergestellt. Wieder ging es da 1954 gegen fast übermächtige Ungarn. Und fast könnte man glauben, dass Ulrich wieder beteiligt war. Denn stattgefunden hat das Fußball-WM-Finale am 4. Juli 1954, dem Ulrichstag. "Klar ist: Ulrich ist nicht bloß der Patron bei Wassergefahren, es heißt, er habe mit seinem Bischofsstab bei Trockenheit Quellwasser entspringen lassen", heißt es bei Kluger. Und der pünktlich zum Spiel einsetzende Regen sei dem Spiel der deutschen Mannschaft entgegengekommen.
Martin Kluger: Bischof Ulrich. Ein Heiliger aus Augsburg, Context Verlag, 216 Seiten, 23 Euro
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